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Wenn Mann den Ausweis verliert oder: Anständig sein lohnt sich nicht immer

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Eines vorweg: Ich bin ein gewissenhafter Mensch. Halte mich wenn möglich an Grenzen, Regeln, Gesetze. Aber diese Eigenschaft kann einem ganz schön in die Bredouille katapultieren, und am Schluss bleibt die Feststellung: Da hätte ich auch stockbesoffen Motorrad fahren können. Doch alles der Reihe nach.

«Du musst nur sagen, du hättest den Fahrausweis verloren und schon hast du einen Ersatz, wenn die Polizei dir deinen wegnimmt.» Solcherlei Spielereien, wie wir sie im jugendlichen Übermut als Neulenker in die Welt hinaus posaunten, waren mir nie geheuer. Zu anständig. Zu ängstlich vor möglichen Folgen.

Kurz vor meiner Ausreise nach Vietnam kam mir diese Möglichkeit von zwei Ausweisen wieder in den Sinn, aber ich verwarf sie aus den gleichen Gründen wie damals. Und dann passierte das, was man ja immer zu vermeiden sucht. Ich verlor meine Brieftasche samt Fahrausweis.

Glücklicherweise trage ich nie viel Bargeld mit mir. Deshalb sah ich den Verlust der Brieftasche auch nicht als grosses Problem an. Es war eher ein Problemchen. Doch da habe ich die Rechnung ohne die Schweizer Behörden gemacht.

Das Strassenverkehrsamt erklärte mir unmissverständlich: «Einen Fahrausweis kriegen sie, da sie in der Schweiz abgemeldet sind, nicht mehr. Sie müssen nun einen neuen Fahrausweis in Vietnam beantragen. Wir schicken ihnen eine Bestätigung über die von ihnen abgelegten Führerprüfungen. Aber beachten Sie, das ist keine Fahrerlaubnis.»

Aha! Nur weil ich meinen Ausweis verloren habe, habe ich nun keine Fahrerlaubnis mehr? Das kann’s doch nicht sein! Also hake ich nach. Erfolglos natürlich. Ich beisse auf Granit und fahre seither mit meiner FTC ohne Papiere durch die Gegend.

Auf dem Polizeiposten in Nha Trang kriege ich ein müdes Lächeln, als ich eine Bestätigung für meinen Verlust einfordern will. Erst ein vietnamesischer Freund schafft das. So fahre ich nun mit einem Schreiben der Nha Tranger Polizei...

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.... und mit einem Papierausdruck meiner PDF-Fahrausweiskopie durch die Gegend und hoffe, im Falle einer Polizeikontrolle, auf Verständnis. Andernfalls müsste eine monetäre Lösung in Betracht gezogen werden.

Doch zurück zum Bestätigungsschreiben des schweizerischen Strassenverkehrsamtes. Im Begleitschreiben heisst es, es sollte kein Problem sein, eine vietnamesische Fahrbewilligung zu erhalten. Und am Ende der Bestätigung steht: Gültigkeit einen Monat!

Allein die Gültigkeitsdauer zeigt, wie viel der ausstellende Beamte von Vietnam weiss. Denn bis das Schreiben im Original hier eintreffen wird, vergeht fast einen Monat. Dann muss ich es beglaubigt auf Vietnamesisch übersetzen lassen, was nochmals rund zwei Wochen veranschlagt. Das heisst, bevor ich mit dem Schreiben bei den Behörden vortraben kann, ist es abgelaufen.

Diese Bestätigung ist für mich Makulatur, bevor sie ausgestellt wurde.

Heute bereue ich es, dass ich vor meiner Ausreise nicht den Mut zu dieser kleinen Schwindelei aufbrachte, um mit zwei Fahrausweisen nach Vietnam auszuwandern. Denn faktisch bedeutet nun für mich der Verlust meines Fahrausweises ein Entzug der Fahrerlaubnis durch die Schweizer Behörden und das nur, weil ich zu anständig war.

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