Von Peter M. Jenni auf Samstag, 05. August 2017
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

So was von peinlich: Total verschwitzt im Flugzeug

Es gibt Menschen, die schwitzen im Flugzeug. Vor Angst. Zu denen gehöre ich nicht. Ich fliege gerne. Trotzdem: Am 4. August sass ich bachnass, nein noch nässer auf dem Economy-Sitz 12D und flog von Saigon (Ho Chi Minh City) nach Nha Trang. Schuld war mein Gepäck. Irgendwie. Oder die Swiss.

Gepäckgeschichten habe ich nun wirklich schon genug erlebt. (siehe «Gepäck und Medikamente seit zwei Tagen verschwunden»)
Aber die nächste Gepäckmisere folgt sogleich. Dabei hatte alles so gut begonnen.

Mein Heimflug von Zürich nach Nha Trang konnte ich als Spätbucher günstig kriegen und so gab’s, wie sonst auch auf Langstrecken, Business-Class. Also einchecken mit Vorteilen.

«Herr Jenni. Wir schicken ihr Gepäck direkt nach Nha Trang. Sie brauchen sich um nichts zu kümmern und können den Koffer in Nha Trang abholen.»

«Sind sie sicher?», fragte ich erstaunt. Bis anhin musste ich, auch als Business-Passagier, mein Gepäck in Saigon selber über den Zoll schaffen und dann nochmals einchecken.

«Klar bin ich sicher. Schauen sie hier.» Sie zeigte mir den Gepäckschein. Darauf vermerkt (siehe Cover): Frankfurt, Saigon, Cam Ranh (das ist unser Flughafen, 40 Kilometer vor Nha Trang).

«Sehen sie. Endstation ist Cam Ranh. Dort können sie ihr Gepäck abholen.»

Klar. Das sah ich. Aber bis anhin war das nicht möglich. Also fragte ich nochmals: «Ist das neu?»

«Weiss ich nicht. Aber hier steht es.»

Schön, dachte ich mir. In Saigon ist es zu dieser Jahreszeit eh drückend heiss. Da bin ich doch dankbar, wenn ich das Gepäck nicht die rund 200 Meter in der glühenden Hitze vom internationalen zum nationalen Terminal schleppen muss.

Mit einem Lächeln gab sie mir die Bordkarten.

«Und das Gepäck kommt wirklich direkt nach Nha Trang?», fragte ich immer noch ungläubig.

Ihr Lächeln verzog sich zu einem genervten Grinsen. «Wenn ich’s doch sage!»

«Vielen Dank», sagte ich, lächelte dankbar zurück und verschwand.

In Saigon hatte ich gut sechs Stunden Aufenthalt. Als Business-Passagier nicht wirklich eine Tortur. Ab in die Lounge. Kaffee, Büffet, Bier und etwas schreiben. So lässt sich im gemütlich weichen Sessel die Zeit vertreiben.

Fast wäre ich kurz vor 14 Uhr eingeschlafen, eingenickt war ich schon, als der Aufruf kam, dass ich mich sofort zum Gate aufmachen sollte. Also nichts wie hin. Der Flug geht in 20 Minuten. Da muss ich mich beeilen. Auch für Business-Reisende wird das Gate 15 Minuten vor Abflug geschlossen.

«Hello Mr. Jenni. Please wait here!», sagte ein netter junger Mann, als ich die Kontrolle vor der Einstieg passieren wollte. Dann telefonierte er. Er telefonierte nochmals. Schaute mich an und telefonierte ein drittes Mal. «Ihr Gepäck steht im internationalen Terminal zum Abholen bereit.»

«Hä! Was? Wieso?» Nervosität stieg auf. Nicht schon wieder. Schnell kam ich mit meinem Englisch an den Anschlag und so blieben Kraftwörter aus.

«Wir dürfen ihr Gepäck nicht über den Zoll bringen. Sie müssen zurück zum internationalen Terminal und ihr Gepäck abholen.»

«Aber .... aber mein Flug? Der geht in …..», ich schaute auf's Handy, «…… in 15 Minuten. Das schaff ich nicht.»

«Wenn sie sich beeilen, kriegen sie den nächsten Flug, 20 Minuten später», sagte er ruhig und meinte dann, er würde mich sofort aus dem Sicherheitsbereich schleusen.»

Jetzt ging das Rennen los. Zurück zur Sicherheits- und Passkontrolle. Nach einigem Palaver liessen sie uns durch. Dann hinunter zu den Schaltern in der heillos überfüllten Abflughalle. Der junge Mann von Vietnam Airlines vorne weg, ich mit Handgepäck und in Badeschlatschen hinterher keuchend.

Wieder Palaver. Endlos quatschte er auf vietnamesisch mit einer Dame am Check-in. «Business gibt es auf diesem Flug nicht mehr. Aber Economy hätte ich och einen Sitz für sie. Ist das OK?»

Klar war das OK. Ich wollte nach fast 24 Stunden in Fluggeräten und Flughäfen einfach nur noch nach Hause. Zudem wartete ein Chauffeur, den ich telefonisch nicht erreichen konnte, am Airport in Nha Trang auf mich.

«Sie müssen sich aber beeilen, damit sie diesen Flug kriegen.»

Also spurte ich los. 30 Grad im Schatten oder etwas mehr. Vor Kurzem ging ein gewaltiger Regenschauer nieder. Luftfeuchtigkeit gefühlte 150 Prozent.

Ich war schon des Öftern im Flughafen Saigon. Kannte mich aus. Deshalb weiss ich auch: Der Inlandterminal ist fast immer überfüllt und die internationale Ankunftshalle, das Ziel meines ersten Sprints, immer verstopft mit auf Ankommende Wartenden.

Es wurden 200 Meter Spiessrutenlaufen im Freien. Mein Handtrolly flog hinter mir her. Slalom. Rennen um Koffer, Kinder und was sonst noch so kreucht und fleucht zwischen zwei Terminals. Dann die Frage: Wie komme ich in vernünftiger Geschwindigigkeit durch das Gedränge vor der Ankunftshalle? Nun, alles hat seine guten Seiten. Dank meiner letzten Gepäckmisere in Saigon kannte ich Weg und Prozedere.

In aller Ruhe notierte der Polizist meine Daten aus Pass und Gepäckschein, dann liess er mich passieren.

Grossen Koffer geschnappt, kurz eine Unterschrift gegeben und nichts wie hinaus in die Hitze. Es lagen noch 200 Sprintmeter vor mir. Bach nass war ich schon, aber nochmals volle Kanne und los. Der Sprint zurück mit zwei Koffern war noch gefährlicher als der erste. Doch glücklicherweise überrannte ich mit meinem Übergewicht (also beim Gepäck) keinen doof in der Welt herumguckenden Flugpassagier.

Zurück im Domestic-Terminal nochmals Gepäck einchecken, Pass- und Sicherheitskontrolle. Business sei Dank, hier gibt es Spezialzugänge, an langen Schlangen von Wartenden vorbei.

Das Gate für meinen Flug war schon geschlossen als ich schweissüberströmt ankam. Zum Glück erkannten mich die Mitarbeiter von Vietnam Airlines und liessen mich noch einsteigen.

Jeans und Hemd völlig nassgeschwitzt. Der Schweiss tropfte von Nase und Ohren. Bachnass. Nein. Noch nässer liess ich mich in den Sitz fallen und fragte mich, was mein Sitznachbar jetzt wohl denkt. Ein mitleidiger Blick war alles, was ich als Antwort auf mein nach Luft ringend, keuchend hingestammeltes «Hello» erhielt. Er wandte sich grusslos ab und rutschte etwas zur Seite. Dann ging’s nach Hause.

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