Von Peter M. Jenni auf Mittwoch, 20. September 2017
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

Grundwasser oder: «No problem!»

«No problem» heisst es immer wieder, wenn ich Fragen zum Hausbau habe. «Kein Problem» erwiderten Hiep und ihr Bruder auch als ich fragte: «Und wie kommen wir auf diesem schönen Stück Land zu unserem Wasser?»

(Die mit dem Handy fotografierte Bilderfolge 'Drilling for water'  zu diesem Text ist zu finden auf pictapas.ch.)

Dann, eine Woche nachdem wir die offizielle Eigentumsüberschreibung vorliegen hatten, treffen wir morgens um halb sieben Hoang, den Wasserfachmann zum Frühstück - natürlich Suppe (Pho Bo). Anschliessend Tee trinken und viel Gerede. Rund hundert Meter tief werde er Bohren müssen, dann hätten wir frisches, klares Wasser.

Es folgen Verhandlungen über den Preis und noch mehr Tee. Wir einigen uns auf einen festgelegten Preis/Meter in die Tiefe, hinzu kommt das Material. Will heissen: Wassertank, Wasserleitung, Grundwasserpumpe und etwas Kleinmaterial. Alles «No Problem!»

Es wird telefoniert, immer wieder telefoniert, dann fahren wir in die nahegelegene Stadt und kaufen ein. Wieder folgen Verhandlungen über Preis und Lieferung und Tee trinken. Mittlerweile steht die Mittagszeit an. Es ist heiss und draussen vor dem Laden wartet ein Fahrer mit Motorrad, der das gesamte Material auf seinen Anhänger lädt.

Nach dem Mittagessen fahren wir zu unserem Stück Land, um die Position des Bohrlochs mit Hoang zu besprechen? Er ist noch nicht da. Wir warten im Schatten und geniessen die Stille am See.

Plötzlich unterbricht ein laut tuckerndes Motorengeräusch diese. Auf der schmalen Naturstrasse, die zu unserem Land führt, knattert ein martialisch anmutender Zweiachser auf uns zu. Ich denke mir, was will denn der in dieser Abgeschiedenheit? Dann sehe ich, es ist Hoang. Er hat das gesamte Material, einen Arbeiter und alles Nötige für die Bohrung bereits mit dabei.

'Handgelenk mal Pi' wird bestimmt, wo das Haus zu stehen kommt und dementsprechend wo gebohrt wird. Ein Metermass hat niemand dabei. Ich gebe mein OK und schon geht’s los. Der mobile Bohrturm wird aufgestellt, die Maschine platziert und ein kleiner See als Ausgleichsbecken geschaufelt.

Wasser und Elektrizität bekommen wir grosszügig von unserem neuen Nachbarn, der gut 200 Meter entfernt wohnt. Mittlerweile ist es ein bisschen so wie auf einer Baustelle in der Schweiz: Auf zwei Arbeitende kommen fünf Zuschauende.

Hoang und sein Mitarbeiter haben auch eine grosse Plane dabei. Damit decken sie den Anhänger des Zweiachsers ab. Dieser ist nun in den nächsten Tagen ihr Zuhause. Ich will ihnen noch eine Kiste Bier offerieren, aber sie winken ab. Unser neuer Nachbar hat sie für heute Abend eingeladen.

Am nächsten Morgen treffen wir um halb sieben auf der Baustelle ein. Wir haben Kaffee für uns, Hoang und seinen Mitarbeiter und Gaben für Buddha dabei, damit Hiep vor dem Baustart für gutes Gelingen bitten kann. Zum Kaffee-Plausch kommen noch mein Nachbar, seine Frau und zwei weitere Personen, die ich nicht kenne. Es wird geredet, der Kaffee geteilt. Anschliessend folgt eine schlichte Zeremonie.

Dann, um acht Uhr ist es soweit. Die Rauch der Räucherstäbchen ist verflogen, die Bohrmaschine knattert los und der Bohrkern beginnt sich zu drehen. Die Grundwasserbohrung am Ho Krong Buk Ha hat begonnen.

Für mich ein tief bewegender Moment, und in mir wächst die Erkenntnis: Ja. Es stimmt: «No problems», denn nur gerade 24 Stunden nachdem ich Hoang das erste Mal gesehen habe, setzt er seine Maschine in Gang.

Anmerkung: Der Titel des vorliegenden Textes hätte eigentlich «Wasser marsch» heissen sollen. Doch dies erinnert mich zu sehr an die vermaledeite Luftschutz-Rekrutenschule, die ich absolvieren musste. Und wer will schon einen derart hoffnungsfreudigen Moment mit negativen Erinnerungen (um es positiv zu sagen) zuschütten?

Im Cover: Blick von unserem Land auf den See.

(Die mit dem Handy fotografierte Bilderfolge 'Drilling for water'  zu diesem Text ist zu finden auf pictapas.ch.)

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