Von Peter M. Jenni auf Montag, 20. November 2017
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

Vietnamesische Gesundheitsfront oder: Mein Hausarzt in Vietnam?

Heute ein Bericht von der Gesundheitsfront. Oder ist es eine Krankengeschichte? Nein. Das ist es nicht, denn ich sehe den Vorfall positiv. Also erzähle ich von der vietnamesischen Gesundheitsfront.

Ein Abend wie viele in den letzten Tagen. Nach dem Tagwerk auf der Baustelle gehen Hiep und ich gegen 18 Uhr (es ist noch 25 Grad warm, aber schon dunkel) in einer kleinen Suppenküche Abendessen (andere Restaurants gibt es hier nicht).

Ich habe mich kaum richtig hingesetzt, übermannt mich ein stechender Schmerz in der rechten Bauchgegend. Jeder Atemzug schmerzt. Nach der Hälfte der Suppe ist an ein Weiteressen nicht mehr zu denken. Nicht mal das Bier rühre ich mehr an. Ich erkläre Hiep die Schmerzen und sie fragt ohne zu zögern die Suppenköchin nach dem nächsten Arzt.

Hier muss ich einfügen, dass wir unser Haus im Tây Nguyên (zu Deutsch dem zentralen Hochland) von Vietnam bauen. Es grenzt an Kambodscha und Laos. Zu ihm gehören die Provinzen Đắk Lắk, Đắk Nông, Gia Lai, Kon Tum und Lâm Đồng. Ein grosser Teil der Bevölkerung von Tây Nguyên besteht aus ethnischen Minderheiten, wie zum Beispiel Mường, Thái und Hoa (Chinesen). Es ist eine Region (Da Lat und Buon Ma Thuot ausgenommen) ohne grossen Tourismus, ländlich und sehr einfach. Viele kochen noch auf dem offenen Feuer, haben kein fliessendes Wasser in ihren Häusern. Sie sind Bauern, einfache Menschen, die ein, zwei Schweine, ein paar Hühner oder Ziegen, eine kleine Kaffee- und Pfefferplantage und einen Zweiachser besitzen. Aber alle sind sie herzlich und zuvorkommend.

«Der Arzt ist gleich da drüben», sagt die Wirtin lachend und zeigt auf ein Schild drei Häuser weiter. Hiep führt mich hin. Nach einer Arztpraxis sieht das nicht wirklich aus und Hiep sagt später: «Sauber war das da ja nicht gerade.» Doch dafür habe ich kein Auge.

Ich erkläre dem Arzt, der mich in seinem mehr oder weniger weissen Arztkittel lachend begutachtet, meine Schmerzen. Er versteht mich nicht, spricht kein Englisch. Hiep übersetzt. Ich lege mich auf den harten Schragen und ohne zu zögern beginnt er mit einer Ultraschalluntersuchung. Diese dauert nicht lange, danach steht die Diagnose fest und liegt in einem Computerausruck vor mir: Kleine Nierensteine.

Er verordnet mir sechs verschiedene Tabletten, die ersten sechs muss ich sofort einnehmen, die restlichen während dreier Tage und er legt mir nahe, tagsüber viel Wasser zu trinken. Es folgt noch ein Blutdruckcheck, dann werde ich bereits fast schmerzfrei und mit den Worten, ich solle mir keine Gedanken machen, und könne jederzeit wiederkommen, entlassen.

Die gesamte Konsultation inklusive Ultraschall dauerte rund eine halbe Stunde und kostete, Medikamente eingeschlossen – man höre und staune – rund 7 Franken (160'000 VND). Doch wichtiger als der Preis ist für mich die Tatsache, dass der Arzt mein Vertrauen gewonnen hat. Er war mir von Beginn an sympathisch, lachte und erklärte Hiep alles, was er machte. Ich habe das gute Gefühl, meinen Hausarzt in Vietnam gefunden zu haben.

Im Cover: Da Nierensteine bildmässig nicht wirklich sexy sind, ein Bild unserer Terrasse kurz vor der Fertigestellung.

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