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Spannungsgeladene erste Tage im Swiss House by the Lake

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Ein Lastwagencrash, drei Tage Monsunregen, knöcheltiefer Schlamm, ein Haus ohne Fenster und Türen, aber mit einer Schlange - und dann war da doch noch was mit einem Skorpion und Karaoke. Aufregende erste Tage im Swiss House by the Lake.

Abgemacht war, bis zum 25. November bewacht unser Nachbar des Nachts die Baustelle. Danach ist er anderweitig beschäftigt und wir ziehen in das Swiss House by the Lake. Ebenfalls abgemacht war, dass das Haus dann – was mir ziemlich euphorisch vorkam – bezugsbereit sein würde. Also zügelten wir am 25. November mit Sack und Pack von Nha Trang nach Krong Buk.

Bei der Ankunft dann die Überraschung. Wo Fenster und Türen uns vor Wind, Regen und ungebetenen Gästen hätten schützen sollen sah ich nur nichts. Ich stand buchstäblich ratlos im Regen. Fragen und Unsicherheit stiegen bedrohlich hoch wie grosse, dunkle Sturmwolken. Hiep telefonierte. Dann die Erklärung: Der Lastwagen mit den Gläsern sei vor drei Tagen auf dem Weg von Saigon nach Phuc An verunfallt. Morgen würden neue Gläser geliefert. Leider hatte der Fensterbauer es nicht für notwendig erachtet, uns zu informieren. Ein Umstand, der mich ziemlich auf die Palme brachte. Was also nun tun?

Es regnete schon seit zwei Tagen. Wir waren von der dreistündigen Fahrt mit dem Motorrad völlig durchnässt. Ein Zurück gab es nicht mehr! Das Haus in Nha Trang war bereits weitervermietet. Wir mussten die Nachtwächteraufgaben übernehmen und der Lastwagen mit dem Umzugsgut rollte auch schon an.

Ausladen.

Danach dunkelte es schon ein. Der letzte der Zügelmänner entschwand, und Hiep und ich standen alleine in der Natur, in einem Haus ohne Fenster und Türen. Fröhlich umgarnte uns ein sanfter Luftzug, der durchs Haus zog. Die Sonne grüsste ein erstes und letztes Mal von der anderen Seeseite, dann tauchte der Nachbar auf. Er brachte einen seiner Hunde.

«Er wird das Haus bewachen und bellen, wenn draussen was vorfällt,» sagte er lachend und entschwand mit der Kopflampe im Dunkeln der Nacht. Wir machten uns daran, mit Kartonschachteln, Bettgestellen und was sonst so zur Verfügung stand, die Terrassen- und die grosse Eingangstüre zur verrammeln und die Fenster notdürftig abzudecken.

Zum Glück wird es hier nicht wirklich kalt. Auch eine Regennacht im November ist immer noch rund 20 Grad warm und so nächtigten wir - sozusagen wie unter freiem Himmel - ein erstes Mal in unserem neuen Haus. Wirklich romantisch, so wie ich mir das vorgestellt hatte, war diese Premiere nicht. Viel mehr kamen Bilder auf von Menschen, die der Unbill von Katastrohen und Kriegen ausgesetzt sind, die kalte Nächte in zerbombten Häusern, mit nichts als dem nackten Dasein überstehen müssen.

Die Frau unseres Nachbars brachte uns zwei Schüsseln Reis mit Gemüse und Fisch. Leider kann ich mit meiner lädierten Zunge weder Reis noch Fisch essen. Die Nachbarin lachte entschuldigend, als Hiep ihr das erklärte. Ich sagte aufgebracht und unfreundlich (weil enerviert über den Türen- und Fensterlieferanten), ich bräuchte heute nichts zu essen. Das alles hier würde mir auf den Magen schlagen. Ich würde ein paar Bier kippen und dann sicher einschlafen können. Eine halbe Stunde später kam die Nachbarin zurück. Immer noch lachend stellte sie einen Teller mit Rührei vor mich hin und bat mich doch zu essen.

Erst jetzt erkannte mein durch die Aufregung aufgewühlter, kleinmütiger Geist die grosse Hilfsbereitschaft der Nachbarn. Ich schämte mich, versuchte eine Entschuldigung, aber es blieb ein kläglicher Versuch.

Der zweite Tag im Swiss House by the Lake begann sonnig. Die Arbeiter kamen gutgelaunt, blieben aber nicht lange, da dunkle Wolken den nächsten Monsunregen ankündigten und ein Arbeiten im Freien nicht mehr sinnvoll ist. Mit Kies «bauten» wir uns eine provisorische Zufahrt durch den Schlamm, so dass wir das Motobike wenigstens unter Dach stellen konnten. Meine Kawasaki Z1000 FTC habe ich im Hotel parkiert. Es braucht ein paar regenfreie Tage, bis ich sie zum Haus fahren kann.

Während draussen der Regen auf das Blechdach trommelt und Schlamm und Morast sich in kleine Seen verwandeln, räumen wir drinnen die ersten Kartonkisten aus. Plötzlich schrecke ich zurück. Ich hatte hinter einer der Kisten eine Bewegung entdeckt und dann sah ich eine rund 30 Zentimeter lange, giftgrüne Schlange, die bedrohlich aufgerichtet auf mich zu züngelte. Sie hatte sich in der Ecke eingenistet. Zum Glück stolperte ich vor Schreck etwas rückwärts. Ich schrie: «A snake! A snake!» und blieb dann wie angewurzelt stehen.

Sofort eilte ein Arbeiter mit einem langen Stock herbei. Er stichelte auf die Schlange ein und trieb sie so aus dem Haus. Sie richtete sich immer wieder aggressiv gegen ihn gewandt auf. Schlussendlich gab sie auf und zog flach schlingernd davon.

Am Nachmittag des 27. November konnten wir wieder draussen an der provisorischen Zufahrt arbeiten und dies ganz normal in Badelatschen. Da zeigte ein Nachbar auf den grün bewachsenen Boden und meinte, ich solle aufpassen. Und was sah ich? Neben mir kroch ein kleiner schwarzer Skorpion. Mit einer kleinen Astgabel nahm er das Tier auf und warf es weit in die Natur hinaus.

Heute, da ich endlich Zeit finde, dies niederzuschreiben, bauen sie Fenster und Türen ein. Bereits kommen am Morgen die ersten Besucher (über den See) zum Kaffee und staunen ob dem schönen Haus. Aber auch sonst kommt immer mal jemand auf einen Schwatz vorbei und Hiep hat dann viel zu übersetzen. Zum Mittagessen sitzen wir mit allen Arbeitern auf der Terrasse und nach dem Essen gibt es eine Runde Karaoke.

Zum Schluss noch dies: Es ist bewunderswert mit welcher Ruhe Hiep das alles durchsteht und auch mich noch aushalten muss.

Im Cover: Nach dem Mittagessen Karaoke. Hinten am Mikrophon der singende Fensterbauer, vorne sein Arbeiter.



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