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Mehr als 30 Milliarden 550 Millionen Plastiksäcke pro Jahr

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Die EU, so war kürzlich in den Medien zu lesen, will mit verschiedenen Verboten (Einweggeschirr, Strohhalme, Wattestäbchen und Ballonhalter aus Plastik) Umwelt und Meere besser schützen. Mein Einwand auf Facebook dazu, dass die EU statt Verbote mehr Mittel in die Aufklärung und Sensibilisierung der betroffenen und vor allem verursachenden Bevölkerung investieren sollte, wurde kontrovers aufgenommen.

Die Verschmutzung der Meere ist weltweit ein Riesenproblem. Der Plastik wird gemäss einer Studie des Helmholtz Centre for Environmental Research vom Oktober 2017 zu 90 Prozent von nur gerade 10 Flüssen ins Meer gespült. Es sind dies: Jangtse (Asiens grösster Fluss), Indus (längster Fluss auf dem indischen Subkontinent), Gelber Fluss (China), Hai He (China), Nil (Afrika), Ganges (Indien), Perlfluss (China), Amur (China und Russland), Niger (Afrika) und Mekong (Südostasien).

Meine etwas provokative Frage: Wie viele Plastikwattestäbchen aus Europa, wo es doch einige Verbrennungsanlagen gibt, landen in diesen Flüssen und dann im Meer?

Um meine These, dass Sensibilisierung und Aufklärung den Meeren besser hilft als Verbote in Europa, öffne ich hier eine Rechnung mit folgenden Vorgaben:

  • Vietnam zählte 2016 92,7 Mio. Einwohner;
  • Meine Annahme: Heute 93 Mio. Einwohner.
  • Das Durchschnittseinkommen Vietnams liegt bei 1’260 US-Dollar pro Jahr bzw. 105 US-Dollar im Monat (Bruttonationaleinkommen 2011 je Einwohner, Quelle: Weltbank).
  • Meine Annahme: Pro Monat durchschnittlich 150 Dollar oder 3'500'000 VND.
  • Pho Bo, ein vietnamesisches Standard-Essen (Suppe mit Nudeln, Gemüse und Fleisch oder Fisch (Pho Ga)) kostet in einer herkömmlichen Strassenküche pro Person durchschnittlich 15'000 VND. Man kann das Essen (ohne Aufpreis!) in Plastiksäcken mit nach Hause nehmen. Dies ist bei den Vietnamesen sehr beliebt und funktioniert so:
  • Suppe mit Fleisch, Nudeln und Gemüse in drei separaten Plastiktaschen.
  • Das Ganze wird dann, um den Transport mit dem Motorrad zu vereinfachen, nochmals in eine grössere Plastiktüte gepackt.
  • Auch andere Gerichte wie Reis mit Fisch und Gemüse werden so nach Hause transportiert und der Familie serviert.
    Ich denke, konservativ geschätzt, dass 10 Prozent aller Vietnamesen aus den unterschiedlichsten Gründen täglich ihr Essen auswärts einkaufen.

Jetzt rechnen wir:

  • 10 Prozent von 93 Mio. sind 9,3 Mio. Menschen, bei denen 3 mal pro Tag drei Plastiksäcke (9) anfallen (den vierten Plastiksack für den Transport vergessen wir grosszügig)
  • 9,3 Mio. Menschen x 9 Plastiksäcke = 83,7 Mio. Plastiksäcke pro Tag
  • Summa summarum: 30 Milliarden 550 Millionen 500 Tausend Plastiksäcke pro Jahr

Es kommt aber noch dicker: Auch fast alle anderen Einkäufe werden in Plastiksäcken transportiert, und wenn es etwas Grösseres ist, dann meistens in Styroporboxen. Diese und die Plastiktüten landen nach Gebrauch im Strassengraben, in den Flüssen, in Seen und irgendwann im Meer oder sie werden in offenen Feuern verbrannt.

Wichtig zu wissen: Grosse Teile Vietnams kennen Abfallbewirtschaftung und Verbrennungsanlagen nicht (ausser in den Ballungszentren und auch da nur teilweise) und die Vietnamesen sind für diese Problematik überhaupt nicht sensibilisiert.

Apropos Sensibilisierung: Auch wir, Hiep und ich, kaufen uns vielfach Pho Bo auf dem Markt. Früher kam das immer in Plastiksäcken zuhause an, bis ich eine dreiteilige Lunchbox kaufte. Unten kommt die Suppe mit dem Fleisch oder Fisch rein, dann die Nudeln und oben das frische Gemüse. Kein Plastik, kein Abfall - nur ein wenig Abwaschwasser.

So eine Lunchbox ist aber nicht gerade billig. Sie kostet fast 1 Mio. VND was gut 66 Essen entspricht. Bei einem monatlichen Einkommen von 3'500'000 VND liegt eine Lunchbox einfach nicht drin, zumal das Essen nicht billiger ist, wenn ich mit meiner Lunchbox bei der Suppenküche antrabe.

Und jetzt will die EU Plastikwattestäbchen (!) und Plastikballonhalter (!) verbieten. Dafür muss sie einen grossen und teuren Apparat aufbauen. Deshalb bin ich der Meinung, Sensibilisierung und Aufklärung würde mehr bringen als Verbote in Europa. Natürlich könnten sioe auch beides machen.

Und ja! Mir ist klar, es ist nicht einfach und auch nicht billig in solchen Ländern Bewusstsein für die Plastikproblematik zu schaffen.

Zum Schluss noch dies: Ich will hier (im Cover und auf meiner Website) kein Bild von mit Abfall verschmutzten Landschaften. Deshalb habe ich ein Bild gewählt, das aussieht wie aus Plastik und für mich, weil es pure Natur ist, Schönheit, Perfektion und Vollkommenheit verkörpert: die Sonnenblume.

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