Von Peter M. Jenni auf Sonntag, 18. November 2018
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

Wenn der Fahrer nicht wenden kann

Heute mal etwas von der lustigen Sorte. Seit über 24 Stunden regnet es und es sieht nicht danach aus, als würde es in den nächsten Stunden nachlassen. Doch wir sind an eine rund acht Kilometer entfernte Hausparty eingeladen und mit dem Roller da hin zu fahren ist mir definitiv zu feucht. Also organisieren wir uns ein Auto mit Driver.

Jetzt ist es so, damit wir für unsere Gäste aus dem Ausland immer auch einen guten Driver zur Hand zu haben, reicht nur einer nicht. Deshalb probieren wir auch neue Angebote aus. So auch heute an diesem regnerischen Sonntag.

Der Beginn der Fahrt war wenig vielversprechend. Als erstes kam er fast eine Stunde zu spät. Dann rief er vom 200 Meter entfernten Nachbarn an, er könne nicht zu unserem Haus fahren, weil er bei uns nicht wenden könne. Also liefen wir festlich gekleidet wir durch den Regen zum Wagen.

Das Wendemanöver auf dem wirklich grossen, betonierten Vorplatz meines Nachbarn war spektakulär, weil es fast fünf Minuten dauerte und ich zum Ende hin feststellen musste: In der Schweiz hätte dieser Driver mindestens noch zehn Fahrstunden (oder vielleicht auch etwas mehr) benötigt, um die Fahrerlaubnis zu erhalten. Wenn er sie denn je bekommen hätte.

Dieser Eindruck bestätigte sich mir dann auch auf der Strasse. Wenigsten fuhr er nicht waghalsig, aber mir wurde bei dem angeschlagenen Tempo - ich weiss nicht, ob man da noch von Tempo sprechen kann - schlagartig klar, warum er auf dem Weg zu uns fast eine Stunde Verspätung eingefahren hatte. Ich fragte Hiep: "Hat der Mann überhaupt eine Fahrerlaubnis?" Nach kurzer Rücksprache mit ihm, der nun ein ziemlich säuerliches Gesicht zog - meinte Hiep. "Ja, der Wagen sei halt ganz neu."

Wir kamen ohne nennenswerte Zwischenfälle bei der Party an und ein paar Bierchen später auch wieder nach Hause. Es goss immer noch wie aus Kübeln und ich bat den Driver, uns bis zum Haus zu fahren. Das Wenden sei kein Problem. Ich würde ihn einweisen.

Nun, das Einweisen klappte nicht wirklich. Erstens weil er mich nicht verstand und zweitens, weil seine Mitfahrerin, seine Frau, genau die gegenteiligen Anweisungen gab. Es war hoffnungslos.

Ich weiss nicht mehr, wie lange es dauerte, bis ich Hiep enerviert sagte, ich kann mir das nicht mehr mitansehen. Sie lachte und meinte: "Dann wende doch du den Wagen."

Mittlerweile stand der Fahrer hilflos neben seinem Gefährt. Er wusste weder ein noch aus oder besser, ob er nach links oder rechts abdrehen sollte. So stieg ich in den Siebenplätzer, setzte ein paar Mal vor und zurück und das Teil war gewendet.

Und die Moral von der Geschicht: Im Fahrzeug waren neben dem Fahrer sechs Fahrgäste. Nur einer ärgerte sich und ich frage mich, woher nehmen die Vietnamesen nur diese Gelassenheit?

Im Cover: Unser Vorplatz, der dem Driver zu eng zum Wenden war.

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