Von Peter M. Jenni auf Dienstag, 02. April 2019
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

Oh du mein Grausen, Teil 1


Dies ist die Geschichte einer Kreditkarte. Es ist aber auch die Geschichte von einem 4-Sterne-Hotel mit einer 1-Sterne-Rezeption, einem ebensolchen Management und einer wenig hilfsbereiten Bank.

Während ich den ersten Teil dieser Geschichte schreibe, sitze ich an der Rooftop-Bar am Swimming-Pool des City Garden Grand Hotels in Makati (Philippinen). Den Abschluss von Teil 1 und die folgenden Episoden, ich wünsche mir, dass es nicht mehr viele geben wird, werde ich zuhause in Vietnam festhalten.

Ich hätte auf den Philippinen einen Schreib-Auftrag zu erledigen, doch ich vertrödle meine Zeit vor allem mit Kreditkartengeschichten und der Hotline der BDO Bank. Der Werbeslogan der BDO, «We find ways», klingt in diesem Fall wie blanker Hohn und ist so inhaltsleer, wie das Glas vor mir. Aber eines habe ich nun gelernt: Dir vertraut niemand. Alle glauben nur der Kreditkarte und die hat die BDO.

Doch beginnen wir von vorne: Ein Auftrag auf den Philippinen steht an. Nichts Grosses, aber spannend. Drei Tage Manila (genau Makati), dann zwei Tage Lipa City und zum Abschluss nochmals Manila.

Alles läuft wie geschmiert. Nach drei Tagen Makati City Garden Grand Hotel auschecken und in der nahegelegenen Century City Mall noch etwas Bargeld beziehen. Doch der Automat ist defekt. Weder ein Schild noch eine Plastikhülle über dem Kartenschlitz und schwupps, die Karte ist weg und kommt nicht mehr raus. Zwei Stunden lang versuchen eine nette Dame am Mall- Desk und ich über die Hotline der den Bancomaten betreibenden BDO-Bank, jemanden zu finden, der die Maschine öffnen und mir meine Karte zurückgeben kann. Leider vergeblich.

Am Ende erhalte ich eine Bearbeitungsnummer mit der ich, zusammen mit meinem Pass, am nächsten Tag meine Karte auf dem Hauptsitz der BDO abholen könne.

Mittlerweile ist der Wagen mit den Geschäftspartnern auf dem Weg nach Lipa City. Sie müssen Termine einhalten und ich sitze hier fest. Ohne Kreditkarte, ohne Geld, ohne Hotel. Ein paar Peso für ein Bier habe ich noch; es ist also Sparsamkeit angesagt.

Mein erster Gedanke, zurück ins City Garden Grand Hotel. Dort ist ja noch die über meine Kreditkarte bei BookingDotCom bestätigte und bezahlte Buchung ausstehend für die letzten beiden Tage in Makati. Diese müsste doch um zwei Tage vorzuziehen sein. Der erste Gedanke ist leider nicht immer der beste. Das Hotel lehnt ab mit der Begründung, über BookingDotCom gebuchte Zimmer könnten nicht umgebucht werden. Punktum.

Meine Geschäftspartner rufen mich aus Lipa City an und erkundigen sich nach meinem Befinden. Ich erkläre die Situation und Ross, der das Hotel kennt, meint: Wenn du direkt über die Hotelwebsite buchst, werden deine Kreditkartenangaben reichen, um zu bezahlen und einzuchecken.

Gesagt getan. Einchecken und jetzt genüsslich einen kleinen Snack in der Rooftop-Bar. Ich hatte ja seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und in der Zwischenzeit ist es dunkel geworden.

«Ihre Zimmernummer bitte?» fragt die Bedienung freundlich, als sie meine Bestellung entgegennimmt. Ich nenne sie ihr und sie kommt kurz darauf ohne Bier und ohne Snack zurück. Lächelnd sagt sie: «Auf diesem Zimmer ist keine Kreditlimite». Ich müsse cash bezahlen und legt mir die Rechnung hin.

Mir fällt buchstäblich der Laden runter. Mein Geld ist im Zimmersafe und soviel habe ich überhaupt nicht mehr. Mittlerweile schauen schon einige Gäste zu mir, die Situation mehr oder weniger peinlich. Ich entschuldige mich, dass ich kein Bares bei mir habe, stehe auf und gehe.

Auf dem Weg hinaus zum Seven-Eleven-Shop beschwere ich mich an der Rezeption. Aber es gibt kein Entgegenkommen. So kaufe ich mit meinen letzten Pesos ein schlabbriges, gefühlte 100 Tage altes, mit feuchtem Toastbrot umgebenes Eiersandwich und gehe auf mein Zimmer.

An dieser Stelle sollte ich noch anmerken: Das City Garden Grand Hotel hat zwar eine kleine Minibar, aber die ist genauso leer, wie das City Garden Grand Hotel keinen Garten hat.

TAG 2
Um 11 Uhr habe ich den Termin bei der BDO Bank. Also vorher auschecken und ab auf die Bank. Frühstück muss mangels Bargeld nach hinten verschoben werden; kann ich dann im Wagen nach Lipa City zu mir nehmen.

Auf der Bank schickt man mich zu einem dicken, schwitzenden Mann an einem für seine Körperfülle viel zu kleinen Pult. Von seinem überlastet stöhnenden Stuhl will ich schon gar nicht sprechen. Nachdem ich ihm wiederholt erklärt habe, dass der Bancomat ohne Grund meine Kreditkarte eingezogen hat und ich nun wegen eines Verschuldens der BDO ohne Barschaft und Kreditkarte ziemlich schlecht dastehen würde, antwortet er abschätzend: «Sie müssen warten. In rund fünf Arbeitstagen kriegen sie ihre Karte zurück. Ein Subunternehmen bewirtschaftet die Automaten. Ich kann da nichts machen und überhaupt: Sie hätten die Karte da ja nicht reinstecken sollen.»

Ich stehe, bevor mir eine unflätige Bemerkung rausrutscht, auf und gehe raus mit dem Gefühl im Bauch, diesem dicken, selbstherrlichen … (nicht jeder Gedanke ist zitierwürdig) … würde ich gerne die Fresse polieren.

Ross ruft an und fragt, ob ich schon auf dem Weg sei. Ich verneine und nach einem tief aus seinem Inneren kommenden (Diesen englischen Ausruck für Fäkalien habe ich bewusst in meinem Blog-Programm ans zensiertes Wort festgehelten», bietet er an, mir etwas Geld zukommen zu lassen, damit ich wenigstens etwas Essen könne.

Also gehe ich zurück zum Hotel, das ich mittlerweile reichlich satthabe und buche über die offizielle Website eine weitere Nacht. Die nächsten zwei Nächte sind ja dann über BookingDotCom gebucht und bezahlt. Drei Stunden später erhalte ich das Geld von Ross. Bevor ich ihn anrufe, um mich zu bedanken, gehe ich ausgiebig essen.

Tag 3
Um Geld zu sparen gehe ich für das Frühstück in den Seven-Eleven und verdrücke ein weiteres schlabbriges Sandwich. Danach aus- und wieder einchecken. Aber ich hatte die Rechnung ohne die Rezeption des City Garden Grand Hotels gemacht. «Wir benötigen Ihre Kreditkarte. Ohne die können wir sie nicht einbuchen.» Ich versuche zum x-ten Mal zu erklären, dass mir derzeit meine Kreditkarte nicht zur Verfügung steht. Eigentlich ging ich ja davon aus, dass dies bei den drei Rezeptionisten mittlerweile in ihrem Bewusstsein angekommen sein muss, und ihnen auch klar ist, dass, wenn ich die Buchung von BookingDotCom nicht antreten werde, das Geld für zwei Nächte für mich verloren ist. Schon die Buchung in Lipa City, die ich nicht antreten konnte, schlägt, trotz der Interventionen von Ross, mit einigen tausend Pesos zu buche.

Ich verlange ein weiteres Mal den Hotelmanager. Er meint: Wenn ich das Zimmer nochmals über ihre Website buchen würde, könnte ich bei BookingDotCom eine Stornierung beantragen, die sie dann akzeptieren und mir somit keine Kosten entstehen würden.

Was also soll ich nun tun? Dieses Hotel, das ich mittlerweile unerträglich finde, verlassen, auf einer anderen Hotelwebsite buchen und damit zwei bezahlte Nächte verlieren oder ausharren und hoffen, BookingDotCom wird mir das Geld zurückzahlen? Ich entscheide mich für mein Portemonnaie.

Tag 4
Ross und ich haben uns geeinigt, den Auftrag in einem Monat auszuführen. Was für ein Entgegenkommen meines Kunden. Und:
Das Geld für die zwei gebuchten Nächte wurde zurücküberwiesen und das Hotel hat mir für meine Umtriebe einen Voucher für eine Nacht gegeben. Fast scheint es mir, als sei ich auf Gedeih und Verderben an dieses Hotel gebunden.

Ich werde aber, wenn irgend möglich …

1. nicht in dieses Hotel zurückkehren.
2. nicht mehr bei BookingDotCom buchen, nur noch direkt über Hotelwebsites.
3. einen grossen Bogen um jeden BDO-Bancomaten machen und
4. eine zweite Kreditkarte, am besten bei einer anderen Bank beantragen.

Doch mit diesen Einsichten ist die Geschichte noch nicht zu Ende.

Tag 5
Endlich, das Ende in diesem Hotel naht. Ich werde mich aber noch auswärts zum Frühstück mit Ross treffen, um die Details für das kommende Meeting zu besprechen

Da mein Flug erst nach Mitternacht abhebt, erbitte ich, bevor ich das Hotel verlasse, bei der Rezeption ein «Late check out». Wie der geneigte Leser sich vorstellen kann, erfolglos. Also nutze ich meinen für mich sowieso nutzlosen Voucher und buche eine weitere Nacht. So kann ich bis um 20 Uhr im Zimmer bleiben, noch etwas dösen, dann auschecken.

Der Rezeptionist holt den Hotelmanager, dieser schaut lange im Computer nach und meint dann, dies sei möglich. Er werde alles Nötige veranlassen.

Nach der Besprechung mit Ross kehre ich gegen 13 Uhr zum City Garden Grand Hotel zurück. Jetzt kann ich mich vor der Reise nach Hause, die wegen eines 5-stündigen Aufenthalts in Saigon die ganze Nacht dauert, noch etwas ausruhen und duschen. Leider kann ich mit meiner Hotel-Key-Card nicht in mein Zimmer.

Sagen wir mal, leicht genervt gehe ich zurück an die Rezeption und frage nach, warum ich nicht in mein Zimmer könne?

Ich müsse das Zimmer wechseln, für diese Nacht sei ein anderes Zimmer für mich gebucht.

«Was!!? Wegen fünf Stunden soll ich das Zimmer wechseln? Mit Verlaub, sie können mich mal! Holen Sie den Hotelmanager!»

Er kommt. Mittlerweile kennt er sogar meinen Namen. Wieder schaut er in den Computer. Wieder schaut er lange. Dann sagt er: «Sorry, Mr. Jenni, ein Versehen. Sie können selbstverständlich im Zimmer bleiben» und gibt mir eine gültige Zimmerkarte.

19:00 Uhr checke ich aus. Kurz davor habe ich in Google Maps noch meine Bewertung zu diesem Hotel abgegeben. «I was there twice: the first and the last time». Der Rezeptionist fragt zum Check-out-Abschluss, warum ich diese miese Bewertung abgegeben hätte? Ich verlasse wortlos das City Garden Grand Hotel.

Hier endet die Geschichte von diesem 4-Sterne-Hotel mit dem 1-Sterne-Management. Ich fühle mich erleichtert.

Tag 6
Müde komme ich um 10 Uhr morgens zu Hause am Krong Buk Ha an. Von der BDO Bank erhalte ich eine SMS, ich solle mich bezüglich meiner eingezogenen Kreditkarte umgehend bei der Hotline melden. Doch die in der SMS angegebene internationale Hotline-Nummer ist, das sagt mir während mehreren Stunden und Versuchen mein Handy «…. currently not available. Please try again later.»

Im Cover: zwei Bancomaten: Warum nur ging ich zur BDO-Maschine?

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