Von Peter M. Jenni auf Dienstag, 28. Mai 2019
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

Ein kleines Imperium in Hoi An oder: Goldgrube für Asienreisende

Er war erst 18 Jahre alt, doch der junge Mann posaunte eine ebenso klare wie provokative Ansage in die Welt hinaus: „Die Hälfte meines Lebens möchte ich noch frei haben. Ich gehe für mich von einer Lebenserwartung von 70 Jahren aus. Deshalb werde ich bis 35 so viel Geld erwirtschaftet haben, dass ich mich zur Ruhe setzen kann“. Das war vor nunmehr gut 37 Jahren.

Er, das ist Thomas Weingärtner, ein seit 19 Jahren in Hoi An (Zentral Vietnam) lebender Deutscher. 54 und seit dem 35. Lebensjahr – wie vor fast 40 Jahren angekündigt - Pensionär, oder besser Privatier. Mit 35 hatte er es geschafft und genügend Geld, um dank der Zinsen, die auf sein angespartes und selbst erarbeitetes Kapital ausbezahlt wurden, in ein Land mit niedrigen Lebenshaltungskosten auszuwandern.

Sein Ziel war Thailand. Doch Thomas wäre nicht Thomas, wenn er vor der Auswanderung nicht noch eine Nachkalkulation gemacht hätte. Ernüchternd musste er feststellen, dass in den Jahren vor seiner Auswanderung die Lebenshaltungskosten in Thailand derart gestiegen waren, dass er nun „zu arm“ für sein Traumziel war.

Länger arbeiten kam für ihn aber ebenso wenig infrage wie unter dem Kalkulationsziel zu leben. Das hiess in Thomas‘ Konsequenz: „Ich muss ein Land finden, das meinen Kalkulationsvorstellungen (ein Viertel der Zinseinnahmen muss fünf Monatsgehältern entsprechen) gerecht wird“. Und so kam er nach Hoi An, eine Stadt in Zentral Vietnam, die er schon von früheren Reisen kannte und wo er, wie in vielen anderen Ländern auch, Bekanntschaften geschlossen hatte.

So traf er auch seine Frau und schon bald wurde geheiratet. Doch das süsse Nichtstun, so musste der knallhart kalkulierende Perfektionist, der nichts dem Zufall überlässt und auch vom Warten auf glückliche Fügungen wenig hält, bald einmal feststellen, lag ihm nicht im Blut. Er musste etwas tun. Arbeiten. Oder aus heutiger Sicht betrachtet: Er musste sein Geld vermehren. Was er mit 18 Jahren begonnen hatte, musste er weiterziehen. Fast schon zwanghaft.

Es begann mit der Gründung eines Reiseunternehmens. Thomas verbrachte einzelne Urlaubstage mit deutschsprachigen Reisenden und zeigte ihnen sein Vietnam. Bald folgte der Export von Marmorfiguren und geschnitzten Holzläden. Ein kleines Hotel kam hinzu. Bald folgte das zweite, dann ein kleines Café. Grundstücke wurden, wo günstig angeboten gekauft und später, als das Wachstum von Hoi An zunahm, gewinnbringend wiederverkauft. Thomas war und ist aber auch zur Stelle, wenn Liegenschaften in seiner Nähe aus Liquiditätsgründen verkauft werden müssen oder er vergibt (natürlich gewinnbringend) kleinere Kredite. Mit all dem hat er in diesen 19 Jahren ein kleines Imperium mit Homestays, Cafés, Eigentumswohnungen, Grundstücken, Tourismusunternehmen und dem Export aufgebaut.

Sparen ist der rote Faden, der sich durch sein Leben zieht, wie die Luft zum Atmen gehört: „Wen ich essen gehe, dann esse ich nicht unbedingt das, was mir wirklich schmecken würde, sondern das, das auch gut und günstig ist“.

Hoi An ist eine alte Handelsstadt an der vietnamesischen Zentralküste. Sie ist für die gut erhaltene Altstadt mit zahlreichen Flüssen bekannt. In der Architektur spiegelt sich die bunte Geschichte der Stadt wider: chinesische Shophouses und Tempel in Holzbauweise, farbenfrohe Gebäude aus der französischen Kolonialzeit und die typisch vietnamesischen schmalen Stadthäuser mit ihren kunstvoll gestalteten Fassaden.

Ein pitoresk romantisches Städtchen, mit vielen sehenswerten Häuserzeilen und Lichterspielen in den Abendstunden. Ein gefundenes Fressen für Fotografen und Selfie-Liebhaber. Doch leider gibt es auch ein Aber: Hoi An ist proppenvoll mit Touristen, die carweise die Gassen überfluten.

Wer aber das Glück hat, Thomas Weingärtner zu treffen, für den ist Hoi An und die Region mehr als eine Reise wert. Denn das Wissen um die Geschichte und Entwicklung Vietnams, im Speziellen über die Region Da Nang und Hoi An und die kulturellen Eigenheiten dieses ehemals gespaltenen und kriegsgeplagten Landes gepaart mit Weingärtners Hang zur Perfektion ist für den wissbegierigen Asienreisenden eine wahre Goldgrube, in der alles bis ins letzte Detail geplant ist.

Legende zum Coverbild: Besuch der Ky Anh Tunnels rund 50 km ausserhalb von Hoi An (von links): Axel Krauss (ein in Vietnam lebender Deutscher), Herr Ta (Guide in den Ky Anh Tunnels) und Thomas Weingärtner.


Vietnames Heroic Mother Monument bei Tam Ky.


Trommelbauer ausserhalb Hoi An.

Website Thomas Weingärtner: http://www.tvh-travel.de

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