Machtlos, einfach nur verdammt machtlos
Es ist heiss in diesen Tagen gegen Ende April. Drückend heiss. An einigen Tagen geht kein Lüftchen, dann hat man das Gefühl, von der Sonne grilliert zu werden. Erst wenn sich am späten Nachmittag die bedrohlich wild aufbauenden Kumuluswolken vor die Sonne schieben, wird es erträglicher. Die Hobbyfischer am Seeufer bringen Sonnenschirme mit. Anders als im Schatten ist die Kraft der Sonne kaum zu ertragen. Wenn irgend möglich werden die Arbeiten in die frühen Morgen- und späten Nachmittagsstunden verschoben oder tagsüber im Schatten ausgeführt.
Nicht so eine Fischersfrau am Krong Buk Ha. Seit nunmehr sieben Tagen bringt ihr Mann sie jeden Morgen ans Seeufer, stellt eine Wasserpumpe auf und sie muss in der prallen Sonne während rund acht Stunden die Fischreusen reinigen. Nur gerade zwischen zwölf und drei Uhr ist sie nicht an dieser Arbeit. Dann muss sie kochen, den Haushalt machen und kann ein wenig ausruhen.
Hiep geht ab und an zu ihr ans Seeufer. Sie bringt ihr und der elfjährigen Tochter Cokes oder Red Bull und die Frauen reden ein bisschen miteinander. Das Mädchen muss fast jeden Tag mithelfen, kann aber immer, wenn es nicht gerade eine frisch gereinigte Fischreuse vom Ufer zum Trocknen ans Land zieht, sich in den Schatten eines grossen Bambusgewächses zurückziehen. Die Frau sagt zu Hiep, lange Pausen dürfe sie nicht machen, sonst würde ihr Mann wieder böse.
Das durch einen Bluterguss geschwollene rechte Auge zeugt davon, wie sie zuhause behandelt wird. Hiep erzählt mir von ihr und ich höre sprachlos zu. Kurz zusammengefasst: Diese Frau wird ausgenutzt, hat keine Rechte, nur Pflichten, keine freie Zeit, nur Arbeit. Wenn nicht in Haus und Garten, dann auf dem Feld oder sie muss auf dem Fischerboot mithelfen.
In den sieben Tagen, die sie nun hier am See in der prallen Sonne arbeitet, sehe ich ihr Mann jeweils nur kurz. Er bringt sie, verschwindet schnell wieder und holt sie ab, wenn es Zeit ist. Kein einziges Mal hat er sie abgelöst, die Wasserspritze bedient und die Reusen gereinigt.
Als Hiep mit ihrer Erzählung zu Ende ist, schlage ich vor, dass wir ihr einen Sonnenschirm bringen. Wir hätten genug davon. Doch Hiep winkt ab. Das würde ihr Mann wo möglich missverstehen und nicht goutieren, meint Hiep. Er würde mich als überheblichen Ausländer ansehen und es könnte zu Streit kommen.
Wieder einmal muss ich feststellen, wie machtlos man doch ist, wenn Menschen derart bösartig sind. Zurück bleibt eine unermessliche Traurigkeit. Zurück bleibt aber auch das Lächeln des Mädchens, wenn es mich aus der Ferne grüsst und ich wünsche diesem immer nett grüssenden Mädchen, dass es dieses Lächeln nie verliert und einmal ein besseres Leben als seine Mutter führen kann.
Im Cover: Es liegt mir fern, irgendjemand zu kompromittieren oder blosszustellen. Deshalb muss unser Fischteich herhalten.
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