Von Peter M. Jenni auf Freitag, 15. April 2022
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

Reduktion der Motorräder: funktioniert das?

Gegen Smog, Lärm und Verkehrsstau: Vietnam will Zahl der Motorräder bis 2030 drastisch reduzieren. Wie kürzlich aus den Medien zu erfahren war, will Vietnam bis Ende des Jahrzehnts die Zahl der Motorräder in den Gross-Städten zugunsten des ÖPNV drastisch einschränken, auch sei eine Staugebühr geplant, hiess es.

Das Motorrad ist in Vietnam das, was in anderen Ländern das Auto ist. Man kann ganze Familien darauf transportieren, man kann telefonieren und SMS schreiben, mitten auf einer Kreuzung ein bisschen Quatschen, man kann darauf Essen und Waren aller Art und Grösse transportieren. Auch jegliche Kombinationen davon sind möglich.

Mir stellt sich die Frage, wie soll diese Reduktion gehen, in acht Jahren? Ein Beispiel: In Vietnam ist die Ich-AG eine wichtige Einkommensquelle. Viele dieser Ich-AGs basieren auf einem Motorrad, mit dem Menschen oder Waren gegen Entgelt transportiert werden. In allen grösseren Städten stehen fast an jeder Kreuzung drei, vier Motorroller mit Fahrer und warten auf Kundschaft. Die sollen verschwinden? Was arbeiten diese Menschen dann? Was werden all die vielen kleinen Motorrad-Werkstätten in acht Jahren verkaufen?

«Ein Kleinwagen ersetzt vier Motorräder» sagt Mi, mein Bekannter aus Hanoi. Seine Begründung: Ein Kleinwagen kann vier Mal so viel transportieren wie ein Motorrad. Das mag stimmen, aber hat meines Erachtens ein paar Haken: Ein Kleinwagen, benötigt mindestens so viel Platz wie vier Motorräder. Vier Motorräder mit Kundentransport fahren wohl selten zur gleichen Zeit an den gleichen Ort. Wer von den heutigen Motorrad-Ich-AGs kann sich einen Kleinwagen leisten? Wohl die wenigsten, wenn ich den Zustand ihrer Motorroller betrachte. Und wenn der Kleinwagen vier ersetzt, dann sind drei Motorrollerfahrer arbeitslos.

Wer am Morgen durch Saigon spaziert, hat es nicht einfach. Wo ein Bürgersteig ist, da tummeln sich zu Stosszeiten die Motorräder (siehe Cover, aufgenommen auf meinem Fussweg zum Meeting um 8 Uhr morgens im Distrikt 1). Autos und Lastwagen verstopfen die Strassen, die Motorräder können sich vielfach noch irgendwo durchschlängeln.

Ich bin also sehr gespannt, wie diese Reduktion der Motorräder umgesetzt wird und welche ÖPNV Angebote es dann geben wird. Einen Anfang habe ich schon gesehen. Im Distrikt 1 in Ho Chi Minh City gibt es seit kurzem viele Velo-Mietstationen (siehe Bild). Das System ist sehr einfach, wie ich mir habe erklären lassen, nur leider ist die Handy-App (TNGO) nur auf Vietnamesisch erhältlich. Aber das wird sich sicher bald ändern.

Parkplatz einer Baustelle auf dem Gehsteig: Und alles diese Arbeiter werden in achten Jahren mit dem ÖPNV zur Arbeit erscheinen?

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