Von Peter M. Jenni auf Samstag, 02. Juli 2022
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

Licht oder: Saigon ist eine Reise wert

Nach der Laudatio auf den Schatten wende ich mich in diesem Blog dem Licht zu. Auch ein Schattenbub braucht Licht. Explizit ein Schattenbub sucht die Helligkeit, sucht nach dem Licht und strebt nach diesem für das menschliche Auge adäquaten Sinnesreiz. Denn Licht greift nach dem Geist, so wie die Dunkelheit auch. Im Geist sind sie Konkurrenten, kämpfen um die Herrschaft und wenn die Düsterheit gewinnt, ist die Depression zum Greifen nah.

Der Schattenbub sitzt Tag für Tag im Schatten und saugt die Lichtreize in sich hinein, wie ein Junkie sein Koks. Und schon sind wir in den Tropen. Hier gibt es kaum grosse Tag und Nacht Unterschiede. Tage wie Nächte, oder helle wie dunkle Stunden sind fast immer gleich lang. Egal in welcher Jahreszeit wir uns gerade bewegen. Diese Fast-Gleichheit macht das Leben erträglich. Körper, Geist, Denken und Handeln müssen sich nicht immer wieder an grosse Tages- und Nacht-Differenzen gewöhnen.

Im hohen Norden, da wo im Winter die Polarnacht den Tag bestimmt, könnte ich, glaube ich zumindest, war noch nie dort, nicht leben. Schon in der Schweiz war für mich - obwohl ich den Winter, das Skifahren, die weiss verschneiten Berge und sogar das Schnee-Schippen liebte – die dunklere Jahreszeit die, welche mich belastete. Die lange Finsternis hämmerte auf mein Denkvermögen ein und legte sich, wie ein schweres, nasses Tuch über meine innere Psyche. Und Weihnachten schaffte es noch, diesen Zustand zu verstärken.

Habt ihr jemals Weihnachten in Saigon erlebt? 30 Grad im Schatten und aus jedem Laden, aus jeder kleinen Bude, trällert in übergrosser Lautstärke, so als müsse dieser eine Lautsprecher ganz Saigon beschallen, White Christmas. Grösser kann die Diskrepanz wohl nicht sein. Oder ist es die Spannweite menschlichen Daseins, der marketingtechnische Spagat zwischen Kommunismus, Kapitalismus und Religion, die hier das Zepter der Fröhlichkeit schwingen?

Auf jeden Fall: Saigon ist eine Reise wert, und ich verbringe immer mit Freude und Genuss – ganz speziell in der Weihnachtszeit – ein paar Tage in der Wirtschaftsmetropole des Südens.

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