Von Peter M. Jenni auf Mittwoch, 08. März 2017
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

So geht Business in Vietnam!

Ich bin ja nun schon wie die Jungfrau zum Kinde zu einem Gästezimmer gekommen. Nun habe ich auch noch «ein Restaurant». Ok, ein bisschen übertrieben ist das schon, aber: So geht Business in Vietnam! Doch alles der Reihe nach.

Ich liebe das Simple! - Irgendwie einfach, wie das Leben hier funktioniert. Jeder macht oder werkelt etwas. Ein Motorroller mit einem übergrossen Gepäckträger gepaart mit viel Fahrgeschick und schon ist Mann Transportunternehmer; eine kleine Garküche und Suppe wird verkauft; ein Luftkompressor am Strassenrand zum Aufpumpen und Reparieren von Plattfüssen; ein Wasserschlauch und Autos und Motorräder werden gesäubert; eine Nähmaschine vor dem Hauseingang und ich bringe meine Kleider zum Flicken vorbei. Daneben wäscht und färbt eine Frau Haare, eine andere macht Fusspflege und etwas weiter sind ein paar kleine Plastiktische im Schatten aufgestellt. Am Morgen wird dort Kaffee serviert, danach verschwinden die Tische wieder. Wer weniger investieren kann, trägt oder fährt mit dem Fahrrad sein Business: Losverkäufer, Früchteanbieter, süsse Gebäcke usw. Fast jeder hat «sein Business» und damit ein kleines, zum Teil klitzekleines Einkommen. Aber es ist «ihr/sein Business!» und das macht sie und ihn stolz.

Die, die nach immer Grösserem, nach immer mehr streben, mögen darüber schmunzeln. Aber die Haarfärberin, die in einfachsten Verhältnissen den Haaren ihrer Nachbarinnen eine neue Tönung verleiht, lacht viel bei der Arbeit und ist zufrieden. Sie trinkt ihren gesüssten Morgenkaffee zwei Häuser weiter zusammen mit anderen Frauen und Männern, die ein kleines Business betreiben. Und alle wirken sie zufrieden. Keiner ist gestresst, Burnout kommt in deren Wortschatz nicht vor. Alles funktioniert wie ein kleiner, eigener Kosmos.

Ob sie auch wirklich zufrieden sind? Ich weiss es nicht. Ich verstehe ihre Sprache noch zu wenig. Aber wenn ich aus dem Haus gehe, dann sehe ich in grossmehrheitlich freundlich lachende Gesichter. Ich sehe Menschen, die zufrieden in den Tag starten, die Lachen und beschwingt durchs Leben gehen.

Natürlich gibt es auch das «richtige Business». Grossfirmen und Firmenbosse in grossen, schwarzen und anderen Limousinen. Bei ihnen kommt die Gewinnmaximierung vor dem Lachen. Und wenn sie aus ihren mit dunkeln Scheiben getönten Wagen steigen, hört man kein Lachen. Sie blicken mürrisch drein, enervieren sich laut hupend über die vielen Motorroller und gehen, die Nachbarn keines Blickes würdigend, ihren Weg.

Jetzt bin ich abgeschweift. Also finden wir wieder zurück zu «meinem Restaurant». Meine Partnerin, Hiep, sagte schon als wir das erste Mal das Haus besichtigen, hier könne sie «ihr Business», eine kleine Garküche, verwirklichen.

Ich lachte. «Ein Restaurant?»

«Ja.» Sie zeigte mir geschwind, wie das auf dem Vorplatz aussehen werde. Wo die Motorbikes abgestellt, Tische und Stühle platziert und wo die Kochstelle sein werde.

Ich sagte: «Aber du kannst doch nicht einfach ein Restaurant eröffnen.»

Sie lachte. «Klar kann ich! Kein Problem.»

Ein paar Wochen und ein Plakat später ist es soweit. Pho Bo und Pho Ga stehen auf der Speisekarte und als Alleinstellungsmerkmal gibt es «Pho Thuy Si».

Vietnam-Kenner werden sich jetzt fragen: «Pho Thuy Si? Was ist das?»

Hier braucht es jetzt eine Erklärung und ich beginne ganz von vorne: Phở (so die richtige vietnamesische Schreibweise) ist eine traditionelle Suppe der hiesigen Küche. Eine mögliche Wortherkunft ist die vietnamesische Aussprache für Pot-au-feu. Die Fleischsuppe wird je nach Region etwas anders, mit unterschiedlichen Nudeln zubereitet. Hiep serviert eine Variante aus dem Norden, Hanoi.

Auf Wikipedia heisst es:
Phở wird in einer Schüssel gereicht und enthält neben einer kräftigen klaren Brühe (meist aus Rinderknochen) Reisnudeln und traditionellerweise dünne Scheiben Rindfleisch (phở bò; phở tái, wenn das Fleisch erst in der Schüssel garzieht) oder Hühnerfleisch (phở gà). Weitere Zutaten sind Zwiebel- oder Lauchringe, Koriandergrün, Minze, Chilis in Scheiben, weißer Pfeffer, Limettenspalten und Fischsauce, in Südvietnam auch vietnamesisches Basilikum und Mungbohnenkeime. Diese Zutaten werden meist gesondert auf Tellern gereicht, um sich seine Suppe nach Belieben anzureichern und zu würzen.

Die Suppe wird in Vietnam im Straßenverkauf angeboten. Traditionell ist Phở ein Frühstück. Deswegen öffnen viele darauf spezialisierte Restaurants schon früh morgens und schließen im Laufe des Vormittags. Vor allem in größeren Städten gilt diese Einschränkung nicht.

Es gibt in Nord- und Südvietnam unterschiedliche Zubereitungsarten: während in Hanoi eine eher helle und dezent gewürzte Brühe verwendet wird, werden im Süden die Fleischknochen vor dem Kochen häufig über Holzkohle angeröstet, um die Brühe intensiver in Farbe und Geschmack zu machen und vor dem Verzehr wesentlich mehr Würzzutaten zugegeben.

Thuy Si bedeutet Schweiz. «Pho Thuy Si» (im Bild unten rechts) wird - nicht ohne Stolz muss ich anfügen, dass es sich hierbei um meine Idee handelt - statt mit Reisnudeln mit Flädli zubereitet. «Pho Thuy Si» ist also eine Flädli-Suppe, entweder mit Rind oder Poulet. En Guetä!

Pho Bo (links) und Pho Thuy Si (rechts)

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