Von Peter M. Jenni auf Dienstag, 14. März 2017
Kategorie: Blog Faszination Vietnam

Nicht weinen! Oder ein Junge auf dem Sozius

Das Thema in Hieps Garküche gestern: Der Tod eines neunjährigen Nachbarjungen.

Sie erzählen die ganze tragische Geschichte. Der Junge ist nicht Opfer eines Unfalls, einer kriminellen Tat oder gar einer unheilbaren Krankheit geworden. Nein. Der Junge musste einfach sterben, weil er krank war und die Eltern kein Geld für den Arzt hatten. Sie erklären mir das in einem trockenen Tonfall. Ohne Anklage. Ist einfach so.

Den ganzen Tag ertönen Musik und Trommelklänge für die noch verbliebenen Energien im Leichnam, denn der Geist muss noch vier Phasen bis zur Auflösung durchlaufen.

Der Gedanke, nicht für den Arzt aufkommen zu können, war bis anhin so weit weg von mir, wie die Sterne im Universum. Und jetzt: In der Nachbarschaft!

«Kannte ich den Jungen?» wollte ich wissen. Sie zeigten mir das verlotterte Haus, direkt hier um die Ecke, vor dem nun die Hinterbliebenen, Nachbarn und Freunde die Totenzeremonie abhalten.

Mir wurde schlecht beim dem Gedanken, dass ich mit meinem überkandidelten Motorrad des Öfteren an diesem Haus vorbeigefahren bin und drinnen lag ein Junge im Sterben, nur weil die Eltern kein Geld für den Arzt hatten.

«Gehen wir rüber?», fragte Hiep.

Ich: «Nein. Ich kann da nicht hin. Ich fühle mich beschissen, schäme mich und müsste weinen.»

Auszug aus «Die Bestattungskultur des Buddhismus» von http://www.tod-und-glaube.de

Das Begräbnis gehört in vielen Ländern zu den buddhistischen Hauptzeremonien, da es den Übergang in die Zwischenwelten und die darauf folgende Wiedergeburt eröffnet.

Die Feierlichkeiten können mehrere Tage dauern. Bei der Abschiednahme stehen die Gäste zusammen, Sutras, die überlieferten Reden Buddhas, werden rezitiert und jeder soll sich an positive, gute Erlebnisse mit dem Verstorbenen erinnern. Zum einen, um dem Toten fröhliche, wertvolle Gedanken mitzugeben. Zum anderen als Reaktion an Stelle des Weinens. Dieses sollte vermieden werden, denn Trauer und Tränen sind oft durch den Verlust für die Hinterbliebenen und Selbstmitleid bedingt.

Ich weiss, morgen werde ich wieder auf dem Motorrad sitzen, es geniessen und durch den warmen Wind düsen. Aber ab und an werde ich den Jungen auf dem Sozius mitnehmen.

(Im Bild oben) Blumen und Getränke für die Toten: Grab in Dak Lak.

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