Von Peter M. Jenni auf Mittwoch, 21. Oktober 2015
Kategorie: TAM-Archiv Indochina-by-bike.ch

Fünfzehn Kilometer Flussbett

Das hätte heute eine easy Etappe werden sollen. Ein rund 10 Kilometer Aufstieg auf gegen 1000 Meter, dann eine rasante, ebenso lange Abfahrt und fertig. Einfach nur easy. Die Berge und den Urwald geniessen, Fotos schiessen. So war es geplant.

Vielleicht hätte ich auf das Zeichen des Himmels morgens um drei hören sollen. Unbändiger Regen weckte mich. Ich erwartete jede Minute den Einbruch der Wassermassen ins Hotelzimmer, aber bis zum Aufstehen blieb es trocken - im Zimmer!

Draussen dicker Nebel und Regen. Als es aufhörte, wie ich meinte, entschloss ich mich zu starten und auf das Frühstück zu verzichten. Dass war neben dem Start Fehler Nummer zwei.

Ich war noch keine fünf Minuten unterwegs kam der nächste Regenguss. Ich entschied mich (Fehler Nummer 3) für die Weiterfahrt und zog meine in Hanoi erstandene, absolut unatmumgsaktive Regenpellerine über. Fünf Minuten später war ich genau so nass wie ohne dieses Teil aus reinem, aber sicher nicht wasserdurchlässigem Plastik. (Wassersäule nach oben offen, müsste auf dem Werbe-Ettiket stehen).

Nach der Abfahrt hinunter zu meinem Etappenziel in Phia Dem war ich triefend nass. Es war immer noch Vormittag und ich freute mich auf eine Dusche und ein trockenes Zimmer. 

Nur gab es hier weder Duschen noch Zimmer. Ein dreckiges, ungepflegte Dorf. Ein paar Schweine, viel Gestank und drei betrunkene Männer in einem erschreckend düsteren Loch. Dass war die Dorfbeiz.

Also straight durch und weiter. 

Der Regen hatte aufgehört, ausgleichend wurde die Strasse immer schlechter. Es ging runter und runter und nachdem ich die weggespülte Brücke (Bild) passiert hatte, kam es mir vor, als würde ich ein Flussbett runter schleichen, aus dem ab und an ein Stück Beton hervorlugte.

Tief im Tal unten angekommen ging es in diesem Stile weiter. Bike durch das Flussbett schieben, 10 Meter Strasse fahren und dann wieder schieben. Links und rechts der Strasse immer wieder ganz ärmliche Hütten. Die Kinder riefen nicht mehr Hello sondern streckten die Hand aus und riefen Money, Money.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis ich in Na Pac ankam. Hier war meine alternative Nächtigungsmöglichkeit. Mittlerweile war es 14 Uhr und ich schon ziemlich "uf d Stümpä". 

Wie das Tal, das ich gerade verlassen hatte, war Na Pac aber sehr unsympathisch.  Als ich mir eine Cola bestellen wollte und nach dem Preis fragte, griff die Verkäuferin gleich nach meinem Geldbeutel und wollte sich holen, was sie meinte, würde ihr zustehen.

Ich reagierte sehr energisch und gab ihr einen 10'000 er. Sie wollte mehr. 

Ich gab einen zweiten. Dann nickte sie. 

Ich schüttelte den Kopf und sagte auf Deutsch und mit Nachdruck: "Ich lass mich nicht über den Tisch ziehen", stellte die Cola in den Eisschrank und forderte mein Geld zurück.

Jetzt lenkte sie ein und ich kriegte die Cola für 15'000. Der Ort war mir aber sofort unsympathisch und ich zog, trotz müder Beine weiter. Bis  Bac Kan waren es noch 40 Kilometer und ein, zwei Übergänge, die würde ich schon noch schaffen.

Rund 20 Kilometer vor Bac Kan fand ich dann ein kleines, sauberes Hotel. Hier bin ich nun, weiss aber nicht, wie das Dorf heisst.

Sent from Nine
Kommentare hinterlassen