Von Peter M. Jenni auf Mittwoch, 25. November 2015
Kategorie: TAM-Archiv Indochina-by-bike.ch

Ein guter Nebenverdienst

Heute mal ein Füller-Bild von meinem neuen Gefährt. Ein Ersatzbild deshalb, weil - man glaubt es kaum - ich mich nicht getraute, zu fotografieren.

Das kam so: Ich war auf dem Weg von Mui Ne nach Vung Tau. Die Strasse schlängelte sich lieblich der Küste entlang. Vom Meer wehte eine angenehme Morgenbrise.

Meine Honda tuckerte monton vor sich hin als mich ganz unvermittelt zwei Polizisten an den Strassenrand winkten. 

Ich hielt an. Zückte meinen Ausweis und die Papiere zum Motorrad. Sie kontrollierten und diskutierten. Dann musste ich auf die andere Strassenseite.

Dort, im lauschen Schatten eines grossen Baumes, im Rücken die Brandung, die das herrliche Lüftchen vom Meer hinüberblies, sass an einen kleinen roten Plastiktisch auf einem kleinen roten Plastikstuhl eine hübsche Frau in Uniform.

Sie hiess mich Platz nehmen. Ich lächelte, dachte so aus Spass, ob ich sie zu Essen einladen sollte, und setzte mich.

Sie lächelte nicht.

Vor ihr lag ein Schulheft. Es war gefüllt mit von Hand geschriebenen Zahlenreihen. Die meisten waren durchgestrichen. Zwei nicht. Sie zeigte auf eine der beiden und meinte in einem leidlich guten Englisch, ich sei statt mit 40 mit 52 km/Stunde gefahren. 

Jetzt kramte sie ein Buch hervor. Es war der Bussenkatalog. Viele Beträge zwischen 1000 und 30'000 VD waren mit einem gelben Markerstift markiert. 

Sie zeigte auf einen nicht markierten Eintrag. 750'000 stand da und ich staunte über die Höhe, rechnete kurz (rund 30 Franken), dachte, was solls, und zückte mein Bündel Geldscheine.

Sie schaute mich erschrocken an und winkte ab. Ich musste den Stuhl ihr gegenüber verlassen und auf einem anderen neben ihr Platz nehmen. 

Der nächste Geschwindigkeitssünder kam nun auf diesen Stuhl. Wir beide waren nähmlich zeitgleich herausgewunken worden. 

Jetzt gesellte sich ein weiterer Polizist dazu. Er setzt sich mit eine schwarzen Mappe an das Kopfende des kleinen roten Plastiktisches. 

Obwohl ich mit Sperberaugen die Situation beobachtete, konnte ich nicht erkennen, wie viel Geld in der schwarzen Mappe verschwand.

Kurz darauf durfte ich wieder auf den Stuhl vis a vis der Poilizistin Platz nehmen. Sie fragte, ob ich das Bussgeld bezahlen würde. Ich nickte und wollte vier 200'000 Scheine auf den Tischen legen.

Wieder schüttelte sie den Kopf und zeigte auf den Polizisten neben mir.

Ich hatte noch immer nicht begriffen und legte die Scheine vor ihn. Ohne zu zählen sackte er sie ein und sie verschwanden in blitzesschnelle in der schwarzen Tasche.

Er kramte noch etwas darin, dann gab er mir heimlich unter dem Tisch einen Hunderter (!) zurück. 

Erst da Begriff ich und ich verzichtete definitiv auf mein Anliegen, die Situation fotografisch festhalten zu dürfen. Auch nach einer Quittung habe ich nicht gefragt.

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