Im Hängematten-über-Mittag-Puff

Im Hängematten-über-Mittag-Puff
Dies ist die Geschichte von einem, der auszog, um eine Reise zu tun, aber in einem zwielichtigen Etablissement landete.
 
Im Bild: Direkt an der Hauptstrasse für müde Reisende: Hängematten am Schatten für eine ausgedehnte Siesta während der Mittagshitze. Einfach herrlich. Und wenn immer möglich geniesse ich diese Auszeit.
 
Kürzlich bin ich jedoch in einem komischen Lokal (rund 30 Kilometer südlich von Saigon - nicht jenes im Bild) gelandet. Es war eine Art Hängematten-über-Mittag-Puff, aber das merkte ich erst später.
 
Auf den ersten Blick sah alles ganz normal aus. Wie ein grosser, offener Autounterstand. Nur statt Autos hingen im kühlen Schatten Hängematten (rund 20 an der Zahl, fein säuberlich aufgereiht) und rechts von der Einfahrt (mit dem Motobike kann man fast bis an die Hängematten fahren) eine Theke für Getränke. So wie eigentlich in jeder Hängematten-Station.
 
Anders ist hier, dass in der Mitte des offen Raumes ein Klappbett und davor ein kleiner tiefer Tisch steht. Hinter dem Tisch, auf dem Klappbett, sitzt, nein kauert halb liegend die Chefin, zählt mit mieser Miene Kohle, spielt mit dem Handy oder macht Eintragungen in ein Schulheft.
 
Kommt ein Gast an, ruft sie gelangweilt, scheinbar unintetessiert und so, als würde es ihr grösste Mühe machen, "Hoia!". Eine aufgetakelte junge Frau erscheint wie aus dem Nichts und der Ankömmling wird bedient. 
 
Ich bestellte Grüntee mit Eis, zog die Schuhe aus, legte mich genüsslich in die Matte, liess sie hin und her baumeln und das aufgebretzelte Girl in Minirock und Highheels (übrigens nichts Ungewöhnliches in Vietnam) brachte mir mit einem süffisanten Lächeln mein Getränk.
 
Dann setzte sie sich auf die Hängematte neben mir und starrte mich lächelnd an. English sprechen konnte sie nicht und ich fragte mich: Was will sie?
 
Langsam wurde ich stutzig. 
 
Minuten vergingen. Sie sass da, legte sich auch mal hin, spielte mit dem Handy und schaute mich immer wieder an. Ich reagierte nicht, aber einem erholenden Siesta-Schlaf war dieses Beobachtet werden, nicht erspriesslich.
 
Nach gut fünf Minuten stand sie auf und ging.
 
Es dauerte nicht lange und ein neuer Gast trudelte ein. Er legte sich in eine Hängematte, bestellte ein Red Bull und die Frau, die eben noch bei mir sass, bediente ihn und legte sich dann auftreizend  in die Hängematte neben ihn.
 
Sie plauderten kurz, dann rief sie etwas in den hinteren Teil, der durch eine grosse Betonmauer mit einer markanten Eisentür abgetrennt vom Rest der Unterkunft ist. Ein weiteres Girl erschien und nahm ihren Platz ein. Sie und der Gast wurden sich schnell einig und verschwanden hinter der grossen Gittertür durch die sie vor Kurzem gekommen war.
 
Nun wusste auch ich, wo ich für meine Siesta gelandet war und was die sprachlose Dame mir angedeihen lassen wollte.
 
Ich habe den Dienst der Damen nicht in Anspruch genommen. Aber mir fiel auf, nachdem ich das Werbespiel drei, vier Mal beobachtet hatte, dass die Frauen grossmehrheitlich erfolgreich waren, immer sehr schnell wieder mit Geld zurück kamen und es der Puff-Mutter in der Mitte des Raumes ungeniert ablieferten.
Diese zählte, immer noch mürrisch und abwesend dreinblickend, die Scheine und warf das Geld dann achtlos in einen Plastikpapierkorb.
Dieser war schon ganz schön gefüllt. Die Puffmutter machte noch einen Buchhaltungseintrag im vor ihr liegenden Schulheft, dann spielte sie wieder gelangweilt mit ihrem Handy.
 
Beschreiben, was sich hinter der Mauer abspielte, kann ich mangels Erfahrung nicht. Aber anhand der kurzen Zeit, die die Frauen hinter diesem Gefängnistor ähnlichen Durchgang verblieben, wird es wohl keine Sport-Massage gewesen sein.
 
Als ich das Etablissement verliess, kam niemand bei mir vorbei, um einzukassieren, wie es sonst üblich ist. Die Puffmutter winkte mich harsch zu sich und ich bezahlte. Übrigens nicht mehr als in einem normalen Hängematten-Restaurant.
 
Meine 10'000 VND landeten aber nicht im Papierkorb, sondern in einer Schachtel auf dem Tisch, und die Herrin des Hauses, um sie mal so zu benennen, machte in einer anderen Kolonne einen Eintrag.
 
Alles hat eben seine Ordnung!
 
Sent from Nine
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Land der Karaoken ....
Unfähiges Personal