Von Peter M. Jenni auf Mittwoch, 09. Dezember 2015
Kategorie: TAM-Archiv Indochina-by-bike.ch

Bierdosen unter dem Tisch zählen

Heute etwas über Saigon: Der Distrikt 1 ist das (touristische) Zentrum von Saigon. Mein Hotel liegt im Distrikt Tan Binh. Für die rund 10 Kilometer in die Innenstadt (das Hotel befindet sich etwa da, wo das "a" von Tan Binh gedruckt ist) benötige ich mit dem Motocycle rund eine halbe Stunde, mit dem Taxi einiges länger.

Touristen sieht man hier in den Aussenbezirken kaum. Ausser vielen Vietnamesen hat es nichts, auch keine entsprechenden Hotels. Und genau deshalb gefällt es mir hier. Es ist ein Leben in und mit dem Mittelstand.

Mein Hotel zum Beispiel, das Hotel An An, kostet pro Übernachtung 250 000 VND (rund 12 Franken). Es ist sauber, manchmal schafft es der Wasserdruck nur ganz knapp bis in den 6. Stock, eine Wasserleitung ist nicht ganz dicht, Englisch spricht hier kaum jemand, aber alle sind sehr freundlich und zuvorkommend.

Ausserhalb des Hotels ist es mit der Sauberkeit vorbei. Damit muss man hier leben. Die Vietnamesen haben ein anderes Verständnis zum Abfall auf dem Boden. Aber so richtig erkennen konnte ich das noch nicht.
Beim Essen wandert alles, was nicht gegessen wird, unter den Tisch.

Wenn dann eine grössere Gruppe nach dem Essen den Raum verlässt, sieht der Boden aus wie eine Müllhalde. Dann werden die Tische kurzerhand weggeräumt, der Boden gefegt, die Tische neu aufgedeckt (das alles geht ruckzuck) und die nächste Gruppe kann kommen.

Auch die leeren Bierdosen werden unter den Tisch geworfen. Geht es dann an's Bezahlen, bückt sich der Kellner und zählt die am Boden liegenden Bierdosen.

Noch etwas zu den Hotels. Es gibt in Vietnam viele solcher Hotels wie das An An. Sie leben aber nicht von den Touristen, sondern ihr Hauptgeschäft ist das stundenweise Vermieten der Zimmer.

Ein Stundenhotel also, aber nicht in unserem Sinn mit käuflicher Liebe. Das ganze hat einen anderen Hintergrund: Die Vietnamesen leben vielfach mit mehreren Generationen in einem Haus oder einer Wohnung. Kaum jemand hat ein eigenes Zimmer, sprich Privatleben.

Für junge, verliebte Menschen, aber zum Teil auch für Ehepaare noch ohne eigene Wohnung heisst das, sie haben keine Möglichkeit, unter sich zu sein. Einmal ein paar Stunden nur zu zweit zu verbringen, ist ihnen in ihrem Zuhause vergönnt. Also gehen sie stundenweise ins Hotel. 

Sent from Nine
Kommentare hinterlassen