Von Peter M. Jenni auf Dienstag, 16. Juni 2015
Kategorie: TAM News

Max und Moritz und Horst

Er hat keinen Wellensittich, keinen Hamster und auch kein Zwergkaninchen, der Horst Knappe. Aber ganz knapp daneben, denn der Mann nennt zwei stattliche Geißböcke sein eigen, den Max und den Moritz.

Tannenboden-Alp. Nun ist das nichts ungewöhnliches, wenn hierzulande Geißböcke gehalten werden. Allerdings stellt sich die Situation bei Horst Knappe ganz anders. 

Für die Zucht? «Nein, nein, da müssen erst die richtigen Zicklein kommen und die beiden sind wählerisch.»

«Zum Spazierengehen, miteinander spielen und plaudern.»

«Oh ha, zum Spazierengehen und zum Plaudern?«

«Ja, und das alles alleinerziehend.», denn Horst Knappe lebt allein und hat sich sein Refugium ganz exzellent nach seinen Koordinaten eingerichtet.

So steigen beide Geißböcke nicht auf Befehl, sondern auf ein kurzes Augenzwinkern galant in den hinteren Teil seines überschaubaren Transporters ein, um mit ihrem Chef einen Ausflug auf die Tannenboden-Alp zu machen, wo das Trio spazieren geht und sich einen Schlagabtausch über die guten alten Zeiten liefert.

Per Transfer erleben Max & Max Ausflugsziele, von denen andere Geißböcke nur träumen. Voller Glück und Frohmut stolzieren die beiden dreijährigen Vierbeiner mit ihrem designten und Namen bestickten Halsband, schnieke gepflegt und fein gemacht über die Alp und achten bedachtsam darauf, dass ihr geschätzter Zweibeiner auch mit der Geschwindigkeit nachkommt.

Wie Passanten ihnen begegnen? «Immer interessiert und neugierig. Wie das bei uns so läuft, warum ich keinen Hund an der Leine führe oder was mein Vermieter dazu sagt.», antwortet Horst und schmunzelt dabei.

Schlaganfall

Horst Knappe erlitt 2012 einen Schlaganfall, der ihn rechtsseitig erlahmen liess und einen Totalausfall der Sprache zur Folge hatte. Als Regeneration wurde intensive Bewegung verordnet. Horst Knappe ging nicht ins Fitness-Center, sondern zog zwei Geißen mit der Flasche auf. Ein halbes Jahr lang, jeden Tag fünf Mal.  Das schulte Sprache und Geschicklichkeit. Langsam konnte er auch den rechten Fuß und  Arm wieder koordinieren. Drei Jahre körperliche Tätigkeit mit täglich 1 1/2 Std. Stallarbeit und bei schönem Wetter 2 Stunden bei der Tannenboden-Alp spazieren gehen.

Einen Physiotherapeuten über so lange Zeit wäre finanziell nicht leistbar gewesen.  So kam es zu dieser ganz besonderen Beziehung zu Max und Moritz.  «Sie haben mich mit meinen 75 Jahren wieder nach vorn gebracht.» Ohne die Genesung wäre auch die Weiterführung seines Geschäftes in Frage gestellt gewesen.

Legende zum Bild Zurück vom Ausflug auf der Tannenboden-Alp: Max und Moritz und Horst. (Foto: Marlies Dyk)

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