Von Peter M. Jenni auf Donnerstag, 18. Juni 2015
Kategorie: TAM News

Sonntage im Murger Mädchenheim

Neun Buchstaben ragen über Murg und flüstern, obwohl sie so gross sind, leise: LAVORARTE. Was es auf sich hat mit dieser Botschaft, ist vor wenigen Wochen vom neu gegründeten Verein seekultour, u.a. von einem der drei Projekt-Frontmänner avisiert worden. Bruno Bossart aus Walenstadt ist einer von diesen. Der tief nachdenkende Kopf erinnert über das Kunstprojekt an Menschen aus längst vergangenen Zeiten.

Vor gar nicht so langer Zeit hat der Sarganserländer über den neuen Verein seekultour berichtet und was er für die mittel- und langfristige Zukunft vorhat. Mit drei Projekten füllt der Verein bereits den aktuellen Sommer aus, wobei ein Projekt, das von Bruno Bossart, ein zutiefst feinfühliges und explizit humanes ist, das es in diesem Leben nicht mehr so geben wird, weil das ehemalige Murger Mädchenheim saniert und umgebaut wird und damit der bis dahin angehaltene Atem der einstigen Bewohnerinnen für immer vergehen wird.

Vorher aber werden in den Räumen des Arbeiterinnenheimes über künstlerische, literarische und musikalische Darbietungen Erinnerungen an das Damals in das Jahr 2015 hineingefügt. Die Mädchen und ihr Heim, ihre geschickten und flinken Finger an den Textilmaschinen, ihre Schultern beladen mit den Spindeln, ihr Lächeln, ihr Heimweh, ihre Gemeinschaft im anderen Zuhause, ihren Speiseraum, ihre Schlafräume, ihr Waschsaal mit dem schweren Porzellan, den dicken Wasserleitungen und den vielen Fenstern, hinter denen sie abends standen und in die Ferne nach Hause blickten, denn sie kamen aus Norditalien und aus dem Tessin. Heute ist das nicht weit. Doch damals zu weit.

30 Künstler haben sich von dieser einzigartigen Stimmung in und um die Bausubstanz angesprochen gefühlt. Was jeder für sich und in der Dynamik des gesamtheitlich zu sehenden Schaffens in diesem Heim an subjektiven Schöpfertum einbringt, übertrifft bereits im Vorfeld jede nur vage Vorstellung, da die Prozesse sich bereits jetzt bei der Vorbereitung verselbstständigen, potenzieren und Entwicklung erfahren. Wohin sie sich entwickeln ist ein Teil der unumgänglichen Objektivität, von dem das Projekt lebt. Auf jeden Betrachter wird es individuell wirken. Ein Ergebnis kann nur fliessend sein. Erwartungsvoll sehen die Akteure den ausschliesslichen Sonntagsveranstaltungen in der Zeit von 3. Juli bis 16. August entgegen, die mit literarischen Lesungen, Geschichten, Lieder, Filmen und Begegnungen ausgefüllt sein werden.

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