Von Peter M. Jenni auf Samstag, 07. März 2009
Kategorie: TAM News

Videoüberwachung im öffentlichen Raum: nicht alles Gold, was glänzt

Seit ein paar Monaten ist in der Stadt St.Gallen eine punktuelle Videoüberwachung im öffentlichen Raum in Betrieb. Am Freitag wurde ein erstes Fazit gezogen und Vertreter von Städten und Gemeinden hatten die Möglichkeit, die Videoüberwachung praxisnah zu erleben.

Von Peter Jenni

Die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes ist in der ganzen Schweiz ein Thema. In allen Regionen werden die Reglemente für eine Überwachung mittels CCTV (Closed Circuit Television) angepasst. Anhand des Projektes „Stadtüberwachung St.Gallen“ konnten sich am Freitag auf Einladung von Siemens Sicherheitsverantwortliche (für den öffentlichen Raum) und Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden und Städten aus erster Hand bei der Stadtpolizei informieren, wie das St.Galler Projekt entstanden ist, welche rechtlichen Grundlagen eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum erlauben, was die Videoüberwachung bringt und wo die Zukunft hinführen wird. Auch wenn das erste Fazit, das an dieser Veranstaltung gezogen wurde, positiv ist, so lässt sich doch sagen, es nicht alles Gold, was glänzt.

Rund 2,5 Mio. Franken
Für rund 2,5 Mio. Franken wurde in St.Gallen eine punktuelle Stadtüberwachung realisiert. Dabei muss unterschieden werden zwischen der Überwachung rund um die AFG-Arena und die punktuelle Überwachung (Videokameras und Notrufsäulen) an neuralgischen Orten in der Innenstadt. Während für die Arena-Umgebung bei Events auf eine Echtzeit-Überwachung gesetzt wird, werden die Bilder aus der Innenstadt (Brühltor-Passage, Rathausunterführung, Bahnhofunterführung und Bohl) nur dann aufgeschaltet, wenn ein Alarmereignis eintritt. Damit sind wir auch schon mitten in der Problematik des Datenschutzes, der Rechtmässigkeit und der Rechtsgüterabwägung angelangt. Was kann und darf die öffentliche Hand überhaupt in diesem Bereich? Das St.Galler Projekt steht, so Heinz Indermauer, Leiter Rechtsdienst des Direktionssekretariates der Stadt St.Gallen, auf einer Rechtsgrundlage, die einmal vor das Bundesgericht und mehrmals vor die Stimmbürgerschaft ging. Wichtig jedoch sei, dass die Rechtmässigkeit, die Verhältnismässigkeit, die Zweckgebundenheit, aber auch die Integrität, die Transparenz und die Datensicherheit gewährleistet seien. Nicht zuletzt muss auch die Überprüfung durch ein Kontrollorgan des Datenschutzes sichergestellt sein.

48 Kameras installiert
Doch auch wenn, wie im Beispiel von St.Gallen, all diese rechtlichen Anforderungen erfüllt sind, die Umsetzung der im Vorfeld gestellten Anforderungen und Vorstellungen ist dann doch nicht ganz so einfach. Die 48 für das Projekt Stadtüberwachung installierten Kameras liefern zwar Bilder, aber nicht immer zur gewünschten Qualität. So sind unregelmässige Lichtverhältnisse in einer Unterführung oder missliche Wetterbedingungen (Umwelteinflüsse) aber auch die technische Einschränkung, dass nur sechs Bilder pro Sekunde archiviert werden, Hindernisse beim Eruieren einer Täterschaft. Trotzdem – und auch wenn die Bilder der Stadtüberwachung nur auf Verlangen eines Untersuchungsrichters gesichtet und ausgewertet werden dürfen - mit diesem Projekt sind Besucher und Einwohner der Stadt St.Galler etwas gläserner geworden. Gerechtfertig wird dies mit dem Anspruch, dass das subjektive Sicherheitsempfinden erhöht wird, bis anhin keine Verlagerung von Taten ausserhalb überwachter Bereiche festgestellt werden konnte und die Alarmierung der Polizei dank der zusätzlich installierten Notrufsäulen wesentlich effizienter abgewickelt wird. Positiv erwähnt wurde aber auch, dass sich die Einsatzleitung mit den in der Höhe installierten Kameras bei eskalierenden Situationen einen guten Überblick verschaffen und so auch kritische Situationen besser erkennen kann, als Beamte vor Ort, die mitten im Geschehen sind.

Nicht der Weisheit letzter Schluss
Aus den Voten war klar herauszuhören, dass das Projekt Stadtüberwachung zwar nicht der Weisheit letzter Schluss ist (negativ erwähnt wurde zum Beispiel, das mit den Kameras nicht so schnell reagiert werden kann, wie das menschliche Auge) und die Videoüberwachung auch die Polizei vor Ort und die Patrouille im Quartier nie wird ersetzen können. Trotzdem hat das Projekt Stadtüberwachung seine Berechtigung und die Sicherheitskräfte können dadurch ihre Arbeit effizienter und die Ressourcen zum Beispiel für einen Einsatz an andern Orten verwenden.

Rasante Entwicklung
Und was wird uns die Zukunft bringen? Technisch wird auf die Video-Stadtüberwacher einiges zukommen. Die Entwicklungen in diesem Bereich sind rasant: Megapixelkameras, netzwerkbasierte Lösungen und intelligente Kameras oder Wärmebildkameras sind Stichworte, die gefallen sind. Dabei fällt auf, dass die technischen Möglichkeiten für die Videoüberwachung erst am Anfang stehen und Gesetzgeber und Politik in Zukunft gefordert sein werden, damit die Spielereien nicht überhand nehmen und der Bürger nicht mehr weiss, wann, wo und wie er überwacht wird. Dies ist derzeit sicher noch nicht der Fall. St.Gallen fährt auch hier eine offensive Strategie und informiert die Bürger ausführlich auf der Website der Stadtverwaltung über das gesamte Projekt.

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