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Wichtiger als der Sieg ist das Glücksgefühl

Wichtiger als der Sieg ist das Glücksgefühl
Siegen steht für ihn nicht im Fokus. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen gehört René Wildhaber zu den weltbesten Langstreckendownhillern. Wer siegen will, muss zuerst mal an ihm vorbei.

Von Peter Jenni

Ob im ostafrikanischen Kenia, auf La Réunion im indischen Ozean oder auf der berüchtigten französischen Alp d’Huez: Wenn die Langstreckendownhiller zur Megavalanche starten, gehört René Wildhaber (Flumserberg) zu den Topfavoriten. Allein auf der Alp d’Huez konnte er schon sechs Mal gewinnen und auch das letzte Rennen der Saison 2009, der Avalanchecup Saint Paul Ile de la Réunion, ging an „Wildi“.

Körper und Natur spüren
Dabei steht für ihn der Sieg gar nicht mal im Vordergrund. „Ich will Freude am Sport haben, will meinen Körper, die Natur und die Geschwindigkeit spüren.“ Da kann es dann auch vorkommen, dass er nach zwei Plattfüssen im Rennen als einer der Letzten auf der Piste unterwegs ist und das Rennen trotzdem „so richtig geniessen kann“, weil er eins wird mit dem Berg, der Strecke, den Wurzeln, Sprüngen und Kurven und ihm einfach eine schöne harmonische Fahrt den Berg runter gelingt. „Da bleibt schon mal die Zeit stehen,“ lacht er und ergänzt schelmisch: „Wenn du als einer der Letzten ins Ziel rauschst, da interessiert sich niemand für dich. Du brauchst keine Interviews zu geben und kannst deine Fahrt in Gedanken nochmals so richtig geniessen.“

Schon als kleiner Junge hat René Wildhaber von einer Sportlerkarriere geträumt. Doch auf dem elterlichen Bauernhof galt, wer abends nicht müde ist, der hat zu wenig gearbeitet. So trainierte er als Achtjähriger in der Nacht, wenn die Eltern schliefen, schrieb heimlich „Ingemar Stenmark“ auf seine Mütze und verkroch sich im bei jedem Auto, das vorbei fuhr, im dunkeln Wald.

Zeitungspapier in der Schuhen
Langlaufskier und Schuhe fand der kleine Bauernsohn im Sperrgut. Er musste, weil die Füsse zu klein waren, die Schuhe mit Zeitungspapier ausstopfen, aber er konnte trainieren und ging so seinen Weg. Bergauf muss es gehen, oder den Berg runter. Immer nur flach, das wird ihm schnell mal zu langweilig. „Ich brauche die Berge,“ und oben, nach der Anstrengung, wartet die Freiheit, der weite Blick, „der Ritt“ ins Tal und ein wunderbares Glücksgefühl.

Den Bubentraum, einmal mit dem Velo um die Welt, hat er sich schon fast erfüllt. Er hat zwar die Welt nicht pedalend erkundet, aber dank seinen Erfolgen ist er auf der ganzen Welt ein gern gesehener Starter und er reist für seinen Sport „rund um die Welt.“ Für die kommende Saison sind USA und Kanada in Vorbereitung und auch für die Mongolei ist ein Projekt in Arbeit.

Profivertrag mit Trek und Red Bull
Seit letztem Jahr hat der 33jährige erstmals einen Profivertrag (Trek und Red Bull als Hauptsponsoren), der es ihm erlaubt, die ganze Saison professionell dem Biken zu widmen. Im Winter arbeitet er als Skilehrer in den Flumserbergen oder hilft auf dem elterlichen Bauernhof. Und egal was er tut: Es ist nicht primär das Resultat, das er im Fokus hat und ihn antreibt. Es ist die Freude an der Arbeit, die er gerade macht – der Weg ist sein Ziel.

So wird Wildhaber wohl nie ein abgehobener Seriensieger, ein ganz grosser Star. Aber das ist gut so. Denn gäbe es mehr Sportler mit dieser Einstellung, der Sport wäre wohl sauberer, fairer und voller Freude, auch in der Niederlage.

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