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Auf der Alp Schrina muss ein Virus sein

Auf der Alp Schrina muss ein Virus sein
Der Alpsommer auf der Alp Schrina, hoch über dem Walensee gelegen, hat verregnet begonnen. Das Virus ist aber nicht wegeschwemmt worden, wie der Alpbesuch mit Fotoreportage zeigt. 

Von Peter Jenni

Ein Virus sei es, das Älplerdasein, und dieses könne man nicht beschreiben, sagt Kuh- und Rinderhirt Xaver Schelber. Dann schweigt er wieder und trinkt seinen Kaffe. Auch Käser Roland Müller spricht später vom Virus Älpler, das, wenn es einem einmal befallen hat, wohl nie wieder loslassen wird.

Bester Beweis dafür, auch wenn er nicht von einem Virus spricht, ist Pächter Hans Müller. Die Liebe und Nähe zur Natur und „das Glüüt“ (Klänge der Kuhglocken) haben es ihm angetan. Seit 1993 hat er die Alp Schrina in Pacht und schon vorher verbrachte er als Angestellter der Bauern die Alpsommer auf Schrina. „Das erste Mal hier war ich 1951“, lacht Müller unter seinem grauen Vollbart. Der heute 74jährige schaut überall zum Rechten, kocht und kümmert sich um die Gäste, verkauft am Samstag den Käse auf dem Markt und geht überall da zur Hand, wo Hilfe nötig ist.

Arbeitsbeginn um 4.30 Uhr
Wir sitzen an diesem tristen Sonntagmorgen um sieben in der Stube der Alp Schrina auf 1300 Meter. Es regnet. Der Nebel hängt tief und wir sind froh um die wohlige Wärme. Der Kaffe dampft und die frische Butter, der Käse, die Konfitüre und das Brot schmecken ausgezeichnet. Seit 4.30 Uhr sind die vier Älper Hans, Roland, Alfons und Xaver schon auf den Beinen, haben Ställe und Vieh geputzt und gemolken, Schweine gefüttert und die Vorbereitungen zum Käsen getroffen: Feuer machen, die Milch vom Vorabend und die Morgenmilch ins Kessi leeren und Kultur und Lab in die Milch geben.

Lange Zeit fürs Frühstück bleibt aber nicht. Ab halb acht muss die Käsemasse zerschnitten und alles für das Käsen vorbereitet werden. Heute wird die Milch zu Mutschli und Käselaiben verarbeitet, gegen halb neun ist es soweit. Der Käse wir aus der Milch gezogen, mit Augenmass exakt in acht Stücke geteilt und in die Formen gefüllt. Eine harte, schweisstreibende Arbeit. In der Käserei ist es warm und die Luftfeuchtigkeit extrem hoch. Es riecht nach Feuer, Milch und heissem Wasser.

Während Alfons und Roland käsen ist Xaver am Zäunen. Der viele und langanhaltende Regen hat die Weiden aufgeweicht, da muss er ganz besonders darauf achten, wo er das Vieh weiden lässt. Mit seinem Quad bewegt er sich schnell und wendig im Gelände und im Nu ist die Weide bereit. Hans räumt noch das Morgenschirr weg, dann hilft er Xaver beim Vorbereiten des Viehs für die Weide: Glocken umbinden und Salz füttern.

Arbeiten ohne viel Worte
Es fällt auf, hier wird gearbeitet ohne viel Worte. „Jeder weiss, was er zu tun hat und auf jeden kann ich mich verlassen,“ sagt Hans, der sich jetzt, da die Kühe auf der Weide sind, der Stallreinigung widmet. Etwas später kommt auch Xaver wieder dazu und die beiden Ställe werden gemeinsam ausgemistet.

Die Alp Schrina wird mit etwa 40 Kühen und 80 bis 100 Stück Galtvieh bestossen. Die Kühe bleiben den ganzen Sommer in der Umgebung der Hauptalp, das Galtvieh steigt im Verlauf des Sommers über die Weide Butz bis auf das Obersäss. Das Verhältnis von Kühen und Galtvieh muss ausgewogen sein, um eine angemessene Bewirtschaftung zu gewährleisten. Mit den zwei Alpteilen wird die Alp verhältnismässig aufwändig bewirtschaftet, geht man doch heutzutage von 90 Kühen für eine "normale Alp" aus.

Die Einrichtungen der Alp Schrina wurden in den vergangenen Jahren auf sanfte Art den Anforderungen der modernen Qualitätssicherung angepasst. Aber, ein schonender Umgang mit der Natur und den Weiden ist für Hans zentral, deshalb legt er auch grossen Wert auf die Weidepflege.

Käsepflege auch sonntags
Während Hans und Xaver die Ställe fertig gemacht haben,  sind auch Roland und Alfons mit dem Käsen fertig. Alles ist wieder blitz blank geputzt, in gut einer Stunde muss der Käse bereits wieder umgedreht werden. Wenn heute nicht Sonntag wäre, dann würden jetzt Arbeiten anstehen wie Holz hacken, Joghurt- oder Butterproduktion und es gibt auch immer mal etwas zu reparieren. Und dann muss der Käse, egal ob Sonntag oder nicht, immer wieder gedreht und gepflegt werden.

Jetzt, am späteren Sonntagvormittag trifft man sich nochmal in der warmen Stube zu einem Kaffe. Für den Journalisten ist damit der Besuch auf der Alp Schrina zu Ende. Leider war der Käse Mitte Juni noch nicht reif genug, um ihn zu degustieren. Doch auch der letztjährige hat beim Frühstück exquisit gemundet und wenn der Käser den Käse gleich gut produziert, wie das Brot, das er zum Frühstück gebacken hat, dann wird der Schrina Alpkäse 2010 eine wahre Gaumenfreude.

Gäste bewirten
Auf der Alp Schrina werden Gäste übrigens gerne bewirtet, zudem werden auch Käse, Joghurts und Butter direkt verkauft. Die Älpler freuen sich über spontane Besuche. Gruppen sollten sich aber unbedingt anmelden.


1515 erstmals erwähnt
Erstmals erwähnt wir die Alp 1515 als "Erschrinen“. Die Deutung des Namens geht aus von „Acer“ (lateinisch Ahorn). Die Landschaft wird u.a. bestimmt durch die schönen Bergahornbestände, die auch durch die Schutzverordnung der Politischen Gemeinde Walenstadt geschützt werden. Westlich der Alpgebäude prägen drei Bergahorne das Bild der Alp im Geländekessel. Gepflanzt wurden diese drei Bäume ums Jahr 1900.

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