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Die Sucht, den inneren Schweinehund zu überwinden

Die Sucht, den inneren Schweinehund zu überwinden
Rund zehn Sarganserländer haben sich in ihrer Freizeit dem Triathlon verschrieben. Drei davon, Stephan Walser, Simon Girardi und Reto Hidber, sprechen über ihre Leidenschaft, und am Samstag starten sie am 12. Pizol Challenge.

Von Peter Jenni

Ist Ausdauersport eine Sucht? „Ja,“ sagen Stephan Walser (Walenstadt), Simon Girardi (Sargans) und Reto Hidber (heute in Grüsch lebend) unisono. Und die drei Sarganserländer müssen es wissen. Sie alle haben sich dem Triathlon verschrieben. Sie trainieren durchschnittlich rund zehn Stunden die Woche und das neben einer 100prozentigen Arbeitstätigkeit: Girardi (34) als Lehrer, Hidber (35) als Elektroingenieur und Walser (26) als Kaufmann.

Wunderbares Hochgefühl
Selbstverständlich sei das Suchtmuster ein anderes als bei einer körperlichen Abhängigkeit wie Alkohol, Rauchen oder Drogen. Die Sucht des Ausdauerathleten besteht darin, das wunderbare Hochgefühl noch einmal zu erleben, das sich einstellt, wenn man es geschafft hat, einen Triathlon bewältigt und damit auch seinen Körper (das Leiden während des Wettkampfes) und seinen Geist (den inneren Schweinehund) bezwungen zu haben. Damit man aber so weit kommen kann, braucht es ein gehöriges Mass an Training und Selbstdisziplin.

Stephan Walser, der früher Skirennen, Speedskating und Inlinemarathons gefahren ist, fand vor rund zwei Jahren zum Triathlon. Seine Herausforderung: „Ich will an den Ironman nach Hawaii.“ Dort war Reto Hidber schon. Nichtsdestotrotz hat auch er noch Ziele. Seit 2003 bestreitet er Triathlons, im Herbst 2008 dann der „Ritterschlag“ mit dem Ironman Hawaii und jetzt sagt er: „Mich interessieren eher wieder die kürzeren Distanzen.“ Sein nächster Start wird aber der Inferno Triathlon von Thun hinauf zum Schilthorn sein. Dieses Rennen zählt zu den härtesten, die es über diese Distanz überhaupt gibt.

Inferno im Berner Oberland
Auf „seinem Weg nach Hawaii“ wird auch Stephan Walser im Berner Oberland am Start stehen und auch Simon Girardi lässt sich diesen Event am 21. August nicht entgehen. Die Vorfreude der drei leuchtet in ihren Augen, wenn sie vom letzten Aufstieg hinauf zum Schilthorn erzählen und das nachdem sie im Thunersee 3,1 km geschwommen, dann 97 km und 2145 Hm mit dem Rennrad und noch 30 Km und 1180 Hm mit dem Mountainbike absolviert haben. Der Berglauf hinauf zum Schilthorn führt dann über eine Distanz von 25 Km und 2175 Hm.

Girardi hat den Ausdauersport im Blut. In jungen Jahren war er Mitglied der Juniorennationalmannschaft im Duathlon, das Sarganserland damals eine Bank in dieser Sportart. Dann kam die Teilnahme im 2004 am Gigathlon und seither findet man auch Girardi auf der Triathlon-Langdistanz. Kraulen musste er lernen und noch heute ist das Schwimmen für ihn die schwerste Disziplin. Dies gilt auch für die beiden anderen. Das mag wohl daran liegen, dass es im Sarganserland wenig Schwimm-Trainingsmöglichkeiten und schon gar keinen Triathlonclub gibt, denn gerade das Schwimmen will gelernt sein und da ist ein Schwimmtrainer fast unerlässlich.

Überwindung fasziniert
Auf die Faszination Triathlon angesprochen meint Girardi: „Die Überwindung.“ Damit meint er nicht eine Mutprobe, sondern die Überwindung zum Training, im Speziellen auch immer wieder zum Schwimmtraining, dem das geliebte Mountainbiken schon mal hinten anstehen muss. Für alle drei liegt die Faszination aber auch im Polysportiven und in der Ausdauerleistung. Dafür nehmen sie Strapazen auf sich. Sie müssen Arbeit, Training, Regeneration und Freizeit genau planen, damit nicht das eine oder andere zu kurz kommt. Vielfach wird gerade im Amateur-, oder wie sie es liebevoll nennen, „im Wurst- und Brotbereich“ der Regeneration zu wenig Beachtung geschenkt. Der Köper verzeiht so etwas aber nie und der Sportler bekommt „diese Sünde“ dann im Training oder im Wettkampf mit einem Leistungseinbruch zu spüren und muss (fast wieder) von vorne beginnen.

Doch zurück zur Frage, die am Anfang dieses Artikel steht und damit zur Sucht. Wenn Ausdauersport in dieser Form eine Sucht ist, ist dieser Sport dann noch gesund? Auch hier wieder unisono ein „Ja.“ Die Einschränkung folgt auf dem Fuss. „Der Wettkampftag an sich, ist sicher nicht sehr gesund,“ sagt Reto Hidber“. „Aber wir müssen uns bewusst und gesund ernähren und auch so leben, sonst ist ein derartiges intensives Training nicht absolvier- und die Leistung am Wettkampftag nicht abrufbar“, ergänzt Walser und Hidber nickt und lacht: „Ich lese viel über Ernährung, Medizin und Sport. Da wird man schon fast zum Ernährungsberater.“

Kommt hinzu, dass heute auch unter den Ausdauersportlern das Bewusstsein gewachsen ist, dass auch Kraftsport in den Trainingsplan gehört. Keiner geht aber wirklich gerne ins Fitnessstudio und stemmt Gewichte. Deshalb steht der Kraftsport eher im Winter auf dem Programm und im Frühling zieht es sie wieder hinaus in die Natur. So bleibt das Fazit: Der Wettkampf an sich ist nicht wirklich gesund. Um aber einen Triathlon erfolgreich zu absolvieren, muss man bewusst und gesund leben, sich mit seinem Körper, seinem Geist und seiner Leistungsfähigkeit auseinander setzen und bereit sein, auch Niederlagen (dann wenn der Körper mal nicht so will wie der Athlet) zu akzeptieren. Kurzum: Triathlon ist Lebensschulung schlechthin. 


Triathlon-Distanzen
Wie bei vielen anderen populären Sportarten gibt es auch beim Triathlon unterschiedliche Wettkampfdistanzen (Schwimmen, Radfahren, Laufen):

  • Ironman, Langdistanz (3,86 km, 180 km, 42,195 km)
  • Half-Ironman (1,9 km, 90 km, 21,1 km)
  • Mitteldistanz (2 km 80 km 20 km)
  • Kurzdistanz, olympische Distanz (1,5 km, 40 km, 10 km)
  • Sprintdistanz, Volksdistanz (0,75 km, 20 km, 5 km)

Daneben gibt es aber auch noch Ultratriathlons. Dabei wird ein Mehrfaches einer Ironman-Distanz absolviert. Gemäss Wikipedia war der längste Triathlon bislang ein in Mexiko ausgetragener, sogenannter Double-Deca - also ein Wettkampf über die zwanzigfache Hawaii-Distanz (76 km, 3600 km, 840 km).

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