Von Peter M. Jenni auf Montag, 25. Oktober 2010
Kategorie: TAM News

Wie kommt das Matterhorn nach Appenzell?

Die Appenzeller sind ein eigenständig Völklein. Das hört man immer wieder. Dass sie jetzt aber zu Werbezwecken das Matterhorn bemühen, erstaunt - aber nur auf den ersten Blick.

Von Peter Jenni

Kaum haben die Appenzeller das Nacktwandern im Griff, eröffnet sich ihnen weiteres alpines Ungemach. Das „Branchenverzeichnis Appenzell –Ausserrhoden – Innerrhoden“ wirbt auf dem Titelblatt nicht mit dem Säntis, sondern es bringt das Matterhorn nach Appenzell. Da stellt sich natürlich dem Touristen, der dieses Verzeichnis kürzlich in einem renommierten Appenzeller Hotel vorfand, die Frage, wollen die Appenzeller ihren Säntis nicht mehr? Geben sie ihn samt Kronberg den St.Gallern oder ist da gar ein Tausch mit den Wallisern in Arbeit? Ganz nach dem Motto: Warum sollen die Zermatter nicht mal mit dem Säntis werben?

So oder so, das Matterhorn auf einer Appenzeller-Werbepublikation passt in etwa so gut, wie der Verrat der Kräutersulz-Rezeptur an Uwe Ochsenknecht. Doch was steckt hinter dem Appenzeller Matterhorn?

Diese Frage sollte die Herausgeberin, die Media Net Tanitim Hizmetleri TIC.LTD beantworten. Leider ist unter diesem Firmennamen kein Eintrag im Internet oder im Telefonverzeichnis zu finden. Die Recherche bei einigen Inserenten gibt dann aber doch etwas Aufschluss: Media-Net T.H. LTD in Genf. Doch die Frage beantworten, wie das Matterhorn nach Appenzell kam oder weitere Auskünfte zu diesem fragwürdigen Print-Produkt, das „möglicherweise von uns stammt,“ wie die Telefonistin erklärt, will dann aber niemand – weder telefonisch noch per Mail.

Die meisten Inserenten, welche auf die Recherche antworten, wissen nichts von einem Inserat in besagtem Verzeichnis. Sie kennen die Broschüre kaum oder sind der Meinung, eine derartige Publikation „ist eventuell schädlich für das Appenzell, freilich aber lächerlich und unprofessionell gemacht.“ Wie unprofessionell das Ganze ist, zeigt die Rubrik „Essen und Trinken“. Hier ist auch ein Inserat einer Firma für Blechmontagen zu finden. – En Guetä!

Auch bei Appenzell Tourismus kennt man dieses Branchenverzeichnis nicht und betont, dass es zwar nicht schädlich für die Region sei, „sicherlich aber nicht wünschenswert und eher peinlich für denjenigen, der es herausgibt“, so Guido Buob, Geschäftsführer Appenzellerland Tourismus AI.

Unter den Inseraten findet sich eines der So Appenzeller Käse GmbH. Für Reto Caluori, zuständig für die Inserate bei der Sortenorganisation, ist klar: „Wir haben da nie inseriert, zudem ist die Vorwahl unserer Telefonnummer falsch.“ Er erinnert sich aber an die Mahnung für einen Branchenregistereintrag einer Firma aus Genf. Für den hätten sie bezahlen sollen, ohne dass je etwas unterschrieben worden war. „Dass es dieses Branchenregister dann aber physisch gibt, das habe ich nicht gewusst“, lacht er.

So liegt die Vermutung nahe, dass das Matterhorn in Appenzell für ein unseriöses Branchenverzeichnis herhalten muss, damit ein paar „Geschäftsleute in Genf“ Geld verdienen. Vermutlich war das Bild billig verfügbar, so wie die unpassende Schweizerkarte oder das unappetitliche Fonduebild über den Blechmontagen im Innern.

Und das Fazit von der Geschichte: Vorsicht bei Branchenregistern ist allemal angesagt, egal ob es sich um einen Eintrag handelt oder um das Auflegen solcher Printprodukte in Hotels oder an anderen Orten. Etwas peinlich ist es schon, wenn bei Touristen der Eindruck entsteht, die Appenzeller mögen ihren Säntis nicht mehr. Denn wenn dem so wäre, könnte man meinen, vielleicht verraten sie ihre Kräutersulz-Käse-Rezeptur doch noch den Deutschen und bewerben dann ihren Appenzeller mit Emmentaler.

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