Von Peter M. Jenni auf Freitag, 23. September 2011
Kategorie: TAM News

Vergeben, aber nie vergessen

Nach 40 ordentlichen und zwei ausserordentlichen Generalversammlungen ist Schluss. Kaspar Rhyner, Initiant, Gründer und 40 Jahre Verwaltungsratspräsident der Sportbahnen Elm tritt zurück. Er wird Ehrenpräsident.

Von Peter Jenni

Kaspar Rhyner an dieser Stelle den Aktionären vorzustellen wäre Wasser in den Sernf getragen. Er hat mit seinem Engagement für die Sportbahnen und für Elm immer wieder mit Weitsicht, Bestimmtheit und Entschlossenheit bleibende Eindrücke hinterlassen, auch als umtriebiger Landammann und wortgewandter Ständerat. Und als „menschlicher Dynamo“ hat er beharrlich sein Wille gezeigt, aber immer auch Niederlagen einstecken müssen.

Statt sein Wirken in blumigen Worten zu würdigen – das werden und haben schon andere getan – setzen wir uns zu ihm in die geschichtsträchtige Küche im Suworow und lassen ihn erzählen von den Anfängen der Sportbahnen, von die Widrigkeiten, den Freuden und den Enttäuschungen. Hinter ihm, im Dunkeln des 1671 erbauten Hauses, hängt der alte, schwere Kupferkochkessel über der grossen Feuerstelle ganz so, als würde bald eingefeuert und über dem heissen Feuer ein währschaftes Mahl zubereitet. Historie macht sich breit und es braucht wenig sich vorzustellen, wie General Suworow damals in diesem Haus gelebt haben muss.

Kaum hat Kaspar Rhyner zu erzählen begonnen, vom „Goldenen Buch der Sportbahnen Elm-Schabell“, in dem sich 1956 viele eingetragen hatten, um mit ihrem Namen und ihren Finanzen die zweite Initiative zum Bau der Sportbahnen zu unterstützen, da fällt auf: Dieser Mann, am 27. Dezember 1932 in Elm geboren, hat eine schier unheimliche Erinnerungsfähigkeit. Namen, Daten, Orte – und waren sie noch so weit zurück - blieb er keine schuldig und das Meiste ohne sich in seinen umfangreichen Unterlagen vergewissern zu müssen.

So finden wir uns schnell in den Jahren 1947/48 wieder. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war ein kleiner Sesselbahnboom ausgebrochen, in dessen Sog unter anderem Flims und Braunwald ihre Bergbahnen erstellten. Mathias Blumer, damaliger Direktor der Sernftalbahn, hatte die Zeichen der Zeit erkannt und die erste Initiative zum Bau einer Sportbahn in Elm ergriffen. Doch seine Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt. So kam es 1956 zum zweiten Anlauf, initiiert vom Gemeinderat Elm, und zum bereits erwähnten „Goldenen Buch“. Mit den windigen Argumenten „wegen der Ungarn- und der Suezkriese“ wurden auch diese Bemühungen die Sernf hinunter geschickt. Anfang der 60er Jahre waren es Oswald Rhyner und der Gemeinderat von Elm, die nochmals einen Anlauf unternahmen, dieses Vorhaben aber gleich wieder abbrachen. Erst 1967, Kaspar Rhyner war vier Jahre davor in seine Heimat zurückgekehrt und hatte die Bauunternehmung Marti AG übernommen, kam wieder Bewegung in die Angelegenheit. Rhnyer, der sich von seiner Tätigkeit auf dem Bau gewohnt ist, anzupacken und zielstrebig seinen Weg zu gehen, Baumeister Chäp, wie sie ihn nannten, stellte sich vor das Projekt Sportbahnen Elm, sammelte Geld und leiste im Dorf, im Kanton und bei den Banken unermüdlich Überzeugungsarbeit, so dass am 6. Oktober 1967 das erste realisierbare Projekt auflag. Rhyner hatte es geschafft, 182‘000 Franken zusammenzutragen, um damit das Initiativkomitee zu gründen und mit der Zeichnung von Aktienkapital zu beginnen. Bereits im Vorfeld hatte die Gemeinde Geländeaufnahmen machen lassen, so waren die Vorarbeiten erledigt und die Probleme konnten beginnen.

Insbesondere die regionalen Banken wehrten sich anfänglich, zur Zeichnung von Aktienkapital, da sie bei den Braunwaldbahnen engagiert waren und sich vor einem weiteren Engagement fürchteten. Doch ein geschickter Schachzug Rhyners brachte kurz vor Zeichnungsschluss auch die Banken mit ins Boot und im April 1972 war das Aktienkapital gezeichnet. Die Emission verlangte natürlich nicht nur einen starken und überzeugenden Mann an der Front, sondern auch ein Sekretariat im Hintergrund, das von den Elmer Citro geführt wurde.
Kaspar Rhyner erzählt lebendig, seine Augen funkeln in den Erinnerungen und wenn er dann und wann sagt, „aber das schreiben sie nicht“, ist ein gewisser Schalk in den Augen nicht zu übersehen, und so bleibt das eine oder andere im Schatten der heimeligen Küche verborgen.

Mittlerweile haben wir vom Haus in sein klimatisiertes Archiv im „Gade“ hinter dem stattlichen Gebäude gewechselt. Hier bewahrt das eidgenössische Politurgestein (Als Regierungsrat leitete er von 1971 bis 1998 die Baudirektion. In seine Amtszeit fiel die Etablierung zahlreicher öffentlicher Bauten. Von 1973 bis 1978 war er Landesstatthalter und 1978 bis 1982 Landammann. Von 1990 bis 1998 war er auch im Ständerat) alles auf, was ihm wichtig erscheint. Hier ist auch alles zu finden, was mit den Sportbahnen in Zusammenhang steht, ein wahre Trouvaille.

Rhyner zeigt Bilder und Pläne und schnell wird klar, wieso der vierte Anlauf erfolgt hatte. Der Enthusiasmus, mit dem Rhyner das Projekt angegangen war, steckt auch heute noch in ihm. Rhyner schaffte es, seine Begeisterung auf die anderen zu übertragen und so erstaunt es nicht, dass bereits im Winter 1972 – ein halbes Jahr nach Baubeginn - die Sesselbahn Obmoss-Ämpächli und zwei Skilifte eröffnet werden konnten.

Es gäbe noch viel zu sehen, hier im Archiv, und wir lauschen gespannt seinen Ausführungen. Doch die Zeit wird knapp, also dislozieren wir wieder zurück in die Küche im Suworow. Auf dem runden, schweren Holztisch liegen Akten, Bücher, Pläne, Broschüren. Alles Zeugen, wie sich die Sportbahnen entwickelten und Schritt für Schritt zu einer Erfolgsstory wurden. „Beim Durchschneiden des Bandes anlässlich der Eröffnung spürte ich, dass nun eine neue Ära im Sernftal angebrochen war“, sagt Rhyner und heute weiss er, er hat sich nicht getäuscht.
„Ich hatte nie Zweifel“, sagt er ohne zaudern, auf die Frage, ob er denn immer an das Gelingen geglaubt habe und ergänzt in Anlehnung an die Enttäuschungen, die zwangsläufig nicht ausbleiben: „Man darf nie vergessen, aber man muss immer verzeihen.“

39 ordentliche Generalversammlungen, zwei ausserordentliche und 263 Verwaltungsratssitzungen, notabene bei keiner hat er gefehlt, sind mittlerweile ins Land gegangen und  bei seiner 40. GV, am 24. September, gibt Rhyner das Zepter ab. Was zurückbleibt ist hinlänglich bekannt. Doch was für Wünsche nimmt der abtretende Verwaltungsratspräsident mit? Ganz Pionier, ganz Macher wie er ist, wünscht er sich eine Verlegung der Bahn, nördlich vom Dorfeingang und damit eine gesicherte Zukunft für die gesamte Unternehmung, der er während 40 Jahren vorstand. Eine Zeit, eine lange Zeit, in der er immer auch ein Ohr für die Angestellten hatte. „Ich hatte immer gute Mitarbeiter und mir war es ein Anliegen, ihnen immer ein guter Chef zu sein, bei dem alle gerne zur Arbeit kamen. So soll es bleiben und ich hoffe, dass die Unternehmung auch in Zukunft von der Gemeinde und dem ganzen Tal getragen wird. Dann kommt‘s gut!“


Kaspar Rhyner: „Man darf nie vergessen, aber man muss immer verzeihen.“

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