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Dipl. Bergbäuerin, Kantonsrätin, Ratsschreiberin und jetzt Privatiesse

Dipl. Bergbäuerin, Kantonsrätin, Ratsschreiberin und jetzt Privatiesse
Nach über 21 Jahren geht die Murger Ortsschreiberin Annemarie Gätzi in den Ruhestand. Doch wer sie kennt – und das sind viele – der weiss, die neu gewonnene Freiheit wird sie weiterhin sinnvoll und aktiv nutzen.
Von Peter Jenni

Sie war Kirchenaktuarin, Bergbäuerin, Kantonsrätin und die letzten 20 Jahre Ratsschreiberin und kaufmännische Leiterin der Ortsgemeinde Murg.. Damit ist nun Schluss. Annemarie Gätzi ist ab dem 1. November Rentnerin. Doch diese Bezeichnung wird ihr nicht gerecht. Nennen wir sie Privatiesse (klingt zwar etwas fremd, trifft aber auf den Punkt, denn dieser Begriff wird heute auch als Bezeichnung für zur Ruhe gesetzte Manager/innen gebraucht).

Und das war Sie. Ein Managerin der ersten Stunde. Sie war die erste vollamtliche Ortsschreiberin im Sarganserland und musste sich in dieser von Männern dominierten Welt durchsetzen und einfügen. Sie managte während 21 Jahren den kaufmännischen Teil der Ortsgemeinde, des Elektrizitätswerkes und der Wasserversorgung, einem Betrieb mit 25 Angestellten. Zudem war sie nicht nur Ortsschreiberin sondern als kaufmännische Leiterin auch zuständig für die Finanzen. Und sie «managte» – um es etwas salopp zu sagen – drei Ortsgemeindepräsidenten: Titus Giger, Felix Zeller und Titus Gmür. Sie verstand es jeweils, auf die neue Situation einzugehen und ihrem Chef mit Rat und Tat zu Seite zu stehen. Beschreibt sie ihre Arbeit, so sagt Annemarie Gätzi kurz und bündig: «Man muss flexibel sein und auf das Gegenüber eingehen können.»

Vermitteln und beraten
Sie war auch Schaltstelle zwischen den Angestellten und dem Verwaltungsrat. «Das war nicht immer leicht, aber es war eine schöne Aufgabe. Ich konnte vermitteln und beraten», sagt sie lachend und man spürt, dass sie die zwischenmenschlichen Beziehungen sehr schätzt. Für die Erledigung der anstehenden Aufgaben benötigte sie aber auch grosse Dossierkenntnisse. Und sie war sich nicht zu schade, auch mal in der Freizeit zu recherchieren oder des Nachts Dossiers zu studieren.

Als Ratsschreiberin und kaufmännische Leiterin konnte sie zwar ihre eigenen Ideen einbringen, aber es galt dann, sich den Entscheidungen das Rats zu fügen und diese in derem Sinne und zum Wohle der Ortsgemeinde umzusetzen. Dass ihr das in all den Jahren bestens gelungen ist, spiegelt sich im 21 Jahre dauernden Anstellungsverhältnis, aber auch in den vielen Projekten und Arbeiten, die die erfolgreiche Ortsgemeinde lancierte und deren Fäden bei der Schreiberin zusammenliefen.

Renaissance der Edelkastanie
Fragt man sie nach einem zentralen Eckpunkten in ihrer Zeit als Ortsschreiberin, so nennt sie ganz spontan: «Die Renaissance der Edelkastanie. Dass wir dieses Kulturgut, welches der Ortsgemeinde gehört, wieder aus der Versenkung holen und zu neuem Leben erwecken konnten, freute mich sehr.» Eine «edle Aufgabe» sei auch der Kontakt zu Murg am Hochrhein. Die Aufrechterhaltung dieser Beziehung, deren Ursprung in der Not der Nachkriegsjahre liegt, als Murg am Walensee dem badischen Murg mit Nahrungsmitteln und weiteren Gütern half, sei ihr wichtig. Gerne erinnert sie sich aber auch an verschiedene Millionenprojekte, die ihr zwar viel Arbeit brachten, aber auch ihren Berufsalltag bereichterten.

Natürlich gab es auch Momente mit Frustpotenzial: «Ich hatte meine Kompetenzen und manchmal mischte sich der Rat operativ zu stark ein, anstelle strategisch tätig zu sein. So kamen wir uns in der Abgrenzung in die Quere.» Dies führte teilweise zu Mehrarbeit und Doppelspurigkeiten.  Auf negative Ereignisse will sie aber nicht eingehen. «Ich bin ein positiv gepolter Mensch. Das Negative wird abgearbeitet und dann abgehakt. Damit ist es erledigt.» Dafür gab es bei ihrer langen Tätigkeit viele schöne Begegnungen mit Murgerinnen und Murgern, die sie emotional bewegt haben und die sie sehr gerne in Erinnerung hält.

Familie und Freunde
Ab dem 1. November folgt für sie eine neue Zeitrechnung. «Das fühlt sich sehr gut an. Ballast fällt ab und eine Vorfreude, nicht mehr fremd diktiert zu sein, kommt auf. Was ich vorhabe, kann ich nicht alles sagen, das würde diesen Artikel sprengen. Aber ich werde meine grauen Zellen pflegen, weiter Kopfarbeit leisten, denn ich kann nicht von über hundert sofort auf Null runterfahren. Als Frau habe ich natürlich auch viele Hobbys rund um Haus und Herd. Ich bin eine begeisterte Köchin und endlich werde ich mehr Zeit für die Familie und den Freundeskreis haben.»
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