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Café, Tee und eine ruhige Gasse

Café, Tee und eine ruhige Gasse

Ich wohne im Hotel «Manh Nguyen» in einer kleinen, ruhigen Nebengasse im Zentrum von Nha Trang, rund 400 Meter von der Strandpromenade. In dieser Gasse, sie ist etwa 150 Meter lang und liegt zwischen zwei geschäftigen Hauptstrassen, gibt es direkt neben dem Hotel einen kleinen Holzverarbeitungsbetrieb, eine Metallwerkstätte, einen Damen- und einen Herren-Frisör, einen Getränkelieferanten, einen Accessoires-Shop, zwei Cafés und etwa drei Strassenrestaurants, die zu gewissen Zeiten Stühle rausstellen. Dann setzt man sich hin und es gibt etwas zu essen und zu trinken.

Wenn der Holzverarbeitungsbetrieb, die Metallwerkstätte oder der Getränkelieferant An- oder Auslieferungen haben, dann ist die ganze rund 2,5 Meter breite Gasse verstopft, vor den Cafés parkierte Mofas müssen umparkiert werden. Viele schauen zu, jeder gibt Anweisungen.

Es sind kleine Handwerksbetriebe und doch herrscht ständiges Treiben. Wenn grössere Stücke verarbeitet werden müssen, zum Beispiel lange Eisen geschweisst oder mit der Flex zugeschnitten werden, dann findet das nicht im kleinen Gebäude sondern auf der Gasse statt.

Ansonsten ist es eine ruhige Gasse. Das Leben beginnt früh, so gegen 6 Uhr, wenn es noch nicht zu heiss ist. Zu dieser Zeit mache ich mich auf zum Sport. Mit dem Mountainbike ans Meer, um dort Kilometer abzustrampeln oder auf den öffentlichen Fitnessgeräten in den Parks die Muskeln trainieren.

In den frühen Morgenstunden sieht man in den Parkanlagen viele Vietnamesen, die sich körperlich ertüchtigen. Entweder walken sie unter den Bäumen, spielen Federball oder nutzen die Bewegungsgeräte, die in fast allen Parks zu finden sind.

Nach der Dusche im Hotel geniesse ich in meiner Gasse einen vietnamesischen Kaffee (wie ein Espresso mit Kondensmilch und Eis, dazu wird immer auch ein Glas Tee serviert; im Bild rechts der Tee) und später dann in einer Garküche einen Teller Suppe mit Nudeln, Fleisch oder Fisch. Auch hier gibt es kostenlos Tee oder Wasser dazu.

Im Café sitzen jeden Morgen fast immer die gleichen Männer und Frauen. Alle aus der direkten Nachbarschaft, luftig leicht gekleidet und in Badelatschen. Man kennt sich mittlerweile. Alle sitzen sie auf diesen kleinen wie Kinderstühlen vor kleinen, kniehohen Tischchen und trinken Tee oder Kaffee.
So wie die Wärme aufkommt verstreicht die Zeit. Langsam. Es gibt keine Hetze.

Die Einrichtung ist einfach. Fast selbstverständlich gehört ein Fernseher dazu, der ununterbrochen vietnamesische Schnulzen oder irgendwelche Liebesserien trällert.

Ein Grossteil des Lebens findet draussen statt. Man trifft man sich ausserhalb der eigenen vier Wände, die vielfach sehr eng bemessen, dunkel, aber dafür angenehm kühl sind. Wer wenig Wohnraum zur Verfügung hat, belegt als Ausgleich den öffentlich Raum. Seien es Cafés, Restaurants oder Parks. Das Leben spielt sich draussen ab. Bei durchschnittlichen Temperaturen von 23 bis 35 Grad das ganze Jahr über kein Problem.

Spannend ist die Aussage der Hamburger Psychologin, Wohnforscherin und Buchautorin Dr. Antje Flade. Sie sagt in Bezug auf die für Hartz-IV-Empfänger diskutierte Verkleinerung des gesetzlich zur Verfügung stehenden Wohnraums: Dass ein Leben auf engstem Raum nicht unbedingt krankmachen müsse, sehe man an Tokio. Japaner hätten entsprechende Wohnformen entwickelt, viele hätten Klappmöbel und treiben viel Sport.

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