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Wie sicher ist Vietnam?

Wie sicher ist Vietnam?

Die Antwort ist ebenso einfach wie vielschichtig und lautet: So klar lässt sich das nicht sagen. Gemäss den offiziell verbreiteten Meldungen ist Vietnam ein sicheres Reiseland und – so viel kann ich bestätigen – ich fühle mich hier sicher. Man muss sich aber bewusst sein, dass es verschiedene Sicherheiten gibt und das eigene Sicherheitsgefühl immer relativ ist.

Die Rechtssicherheit lässt zu wünschen übrig. Das ist klar. Auch im Strassenverkehr. Mietmotorräder sind im Allgemeinen nicht versichert. Ausländische Führerausweise werden nicht anerkannt. Wie schnell, ohne eine Busse zu riskieren, gefahren werden darf, hängt von verschiedenen Faktoren ab, auf die ich sicher später einmal eingehen werde.

So oder so: In einem Schadenfall haften Ausländer meist für alle Kosten eines Unfalls, unabhängig der Schuldfrage, ist auf vielen Websites zu lesen.

Auch der öffentliche Verkehr ist nicht ohne Gefahren. Der Zug, der Vietnam vom Norden nach Süden durchquert, vielleicht ausgenommen. Langsam zwar, aber doch eher auf der sicheren Seite. Ich meide vor allem Mini-Busse. Die sind zwar extrem günstig, aber selten einigermassen bequem und ihr Fahrstil entspricht nicht meinen Vorstellungen. Kommt hinzu, dass die Fahrer vielfach fast Tag und Nacht durchbrettern, also ziemlich übermüdet sind.

Die Schlafbusse bieten da schon einiges mehr an Komfort; aber ich wundere mich bei deren Fahrstil, wie wenig Unfälle es gibt oder wie wenig man darüber liest.

Die zehn Mio. Metropole Ho Chi Minh City gilt für Touristen im Zentrum als eher gefährlich, da vor allem Entreissdiebstähle und damit verbundene Sturz- oder Unfallfolgen in den letzten Jahren zugenommen haben. Ich habe über zwei Monate in dieser hektischen, überfüllten Stadt gelebt (Vietnamesen sagen, neben den offiziell über neun Millionen leben noch rund drei Millionen Menschen ohne Registrierung) und nie ein Problem gehabt.

Hier in Nha Trang ist eh alles viel beschaulicher. Trotzdem raten Vietnamesen beim Benutzen des Handys im öffentlichen Raum immer zur Vorsicht. Auch beim Abschliessen sind sie Weltmeister.

Ich bin eher der Ansicht, dass meine vietnamesischen Freunde ein bisschen stark auf Vorsicht machen. Ich lache dann jeweils und sage: Paranoia!

Es wird immer alles doppelt und dreifach abgeschlossen. Und als ich zwei Vietnamesen unser Haus zeigte, mahnte der eine angesichts der tagsüber offenen Balkontüre im ersten Stock, dass wir diese besser schliessen sollten, da jemand über das Dach des Nachbarn in unser Haus einsteigen könnte.

Ich gab zu bedenken, dass wir ja im Haus anwesend seien und einer schön doof sein müsse, über den Balkon einzusteigen (wo ihn jeder auf des Nachbars Dach sieht), wenn er auch durch den offenen Hauseingang reinrennen und uns überfallen könne.

Der Polizist, der uns besuchte und überprüfte, ob wir angemeldet sind, verwies auf mein Mountainbike, das ich nach einer Tour draussen, im abgesperrten Eingangsbereich stehen hatte. Er meinte, ich solle das Bike besser ins Haus nehmen, was ich jeden Abend auch tue. Aber auch hier frage ich mich: Wenn jemand so dreist wäre, während des Tages, wenn hier in der Strasse wirklich einiges los ist und wir zuhause sind, über das abgeschlossene zwei Meter hohe Tor zu klettern, sich das Mountainbike zu krallen und wieder zurück zu klettern, notabene mit dem Mountainbike auf dem Rücken, dann wäre dieser jemand von der ganz üblen und bösen Sorte, der vermutlich vor noch viel schlimmeren Taten, die ich auch mit dem Wegsperren des Mountainbikes nicht verhindern könnte, nicht zurückschrecken würde.

Wie gesagt, ich fühle mich hier sicher. Dieses Gefühl hat sich gerade eben in der Bank bestätigt. Um Geld abzuheben ging ich auf den Hauptsitz meiner vietnamesischen Bank hier in Nha Trang. Weder bei der Zufahrt noch im Eingangsbereich zur grossen Schalterhalle war viel von Sicherheitsvorkehrungen zu sehen. Hinter der Eingangstüre, neben der Empfangsdame stand ein Polizist mit einer kleinen Pistole am Gurt. Sonst war in der grossen Schalterhalle kein weiterer Sicherheitsbeamter zu entdecken.

Rechts hinten, in einer Ecke stapelte hinter einer etwa 1.30 Meter hohen Glasscheiben (da springt fast jedes Kind drüber) ein Bankangestellter Geld. Bündelweise füllte er 500'000 VND-Noten in Plastikbehälter. Kein weiterer Sicherheitsbeamter oder sonst wer war auszumachen. Der Stapel mit den abgefüllten und auf einfache Art versiegelten Behältern war eindrücklich.

Die in der ganzen Halle verteilten Schalter für den Kundenkontakt (so etwa 20 an der Zahl) trennen auf dieselbe Art Kunde und Bankpersonal. Der Kunde setzt sich vor das Glas, die Bankangestellte ist dahinter. Das Geld für die Auszahlung lagert in Schubladen und wenn die Bankangestellte das Geld in den Zählautomaten steckt, könnte jeder in meiner Grösse aufstehen, den Arm über das Glas strecken und das Geld an sich nehmen.

Es mag sein, dass es hier Sicherheitsvorkehrungen gibt, die sich dem Otto-Normal-Bankkunden nicht offenbaren. Diesen Eindruck machte die Schalterhalle aber nicht. Eher kommt man sich in die 50er-Jahre zurückversetzt vor. Mir auf jeden Fall geben diese Nicht-Sicherheitsvorkehrungen ein Gefühl der Sicherheit.

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