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In der alten Heimat oder: Trompeten-blabla (B&F 2)

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Wir schreiben das Jahr 2 nach 9/11. Boller und Fredi kamen nach einer langen Zeit im Ausland in ihr Dorf zurück, das sie kurz nach Bollers grossem Verstehen verlassen hatten.

«Viel verändert hat sich nicht», sagte Boller mehr zu sich selber, während er an den ach so bekannten Gärten und Hauseingängen vorbei schlenderte. Die Quartierstrasse verschlafen, von Einfamilienhäusern gesäumt. Die Vorgärten gepflegt. Nach der Kurve immer noch das Haus mit dem Autoabbruch vor der Garage.

Wie hiess er noch, dieser Nachbar? Boller kam sein Name nicht gleich in den Sinn. Aber, und sofort huschte ein Lächeln über sein Gesicht, Boller erinnerte sich gut, wie damals getuschelt wurde, die Frau des kleinen Nachbarn, der so gerne grosse, alte Amerikanerautos fuhr und noch lieber reparierte, hätte wohl etwas zu oft mit dem Postboten und so. Jetzt sei sie schwanger und werde ihn, den kleinen, der gerne grosse Amerikaner Fahrenden, verlassen und beim Pöstler im Dorf im Tal unten einziehen.

Boller musste lächeln während er sich fragte, ob der Nachbar wohl besser etwas mehr an seiner Angetrauten als an Amischlitten rumgeschraubt hätte, als er Fredi rufen hörte. «Schau dir das an Boller! Sogar meine schönen Rosen hat sie ausgerissen.»

Boller war es, als weinte Fredi ganz leise und ihm stieg wieder der Rosenduft in die Nase, den Fredi immer dann so penetrant auftrug, wenn ihn Lust oder Traurigkeit übermannte.

Boller: «Erinnerst du dich an den kleinen Nachbarn mit den grossen Amischlitten? Dessen Frau hat sich doch vom Pöstler ein Kind machen lassen. Was meinst du, was macht der heute?»

Fredi musste nicht lange überlegen. In der rechten Hand hielt er eine Espressotasse, die ihm seine Ex gebracht hatte, elegant zwischen Daumen und Zeigefinger. Den kleinen Finger strecke er wie immer neckisch von sich. «Der repariert immer noch seine Amerikaner. Zudem ist er jetzt in der Gemeindepolitik. Eine rechte Partei hat ihn für den Gemeinderat portiert und», Fredi machte mit dem linken Arm eine ausladende Bewegung über das Land hinweg, «alle Jauche austragenden Bauern, bei denen er sich eingeschleimt hatte, wählten ihn. So habe ich es gehört.»

«Du machst Witze oder? Der konnte doch ausser Auto reparieren kaum richtig schreiben.» Boller überlegte, dann ergänzte er: «Aber du könntest recht haben. Der hat früher immer Leserbriefe in der Regionalzeitung geschrieben. War so ein frustriertes, rechtes Drittes-Schuljahr-Gequassel.» (Anmerkung des Schreiberlings: Heute würde man sagen: Trumpsche Rhetorik oder einfach: Trompeten-blabla)

Jetzt musste auch Fredi lachen. «Der war anfangs in der Autopartei. Was natürlich bei seinem Penisersatz-Hobby kein Wunder ist. Aber», Fredis Augen verklärten sich, «einen Knackarsch hatte der schon.»

Erstaunt schaute Boller zu Fredi. Ungläubig fragte er: «Sag nur, du hättest …?» Er sprach nicht weiter.

«Bei Göttchen nein, mein guter Boller. Damals lebte ich meine nette Neigung ja noch nicht so aus. Ich kannte sie ja noch nicht mal richtig. Was aber nicht heisst, dass ich das nicht noch nachholen werde. Einen Politiker hatte ich noch nie. Und du weisst ja, im 2010 hat in Deutschland der Westerwelle seinen Freund geheiratet, da kann ich doch auch mit einem ländlichen Gemeinderat Spass haben.»

Boller krümmte sich vor Lachen. So gut hatte er sich schon lange nicht mehr amüsiert. Ihm kam es vor, als seien sie beide zu Hause angekommen, auch wenn nur im Geiste. Immer noch lachend meinte er: «Dir geht es wohl weniger um den Knackarsch des Nachbarn, als darum, dass du es noch nie auf dem Rücksitz eines Oldtimer Chevis getrieben hast. Aber ich warne dich, so wie ich diesen Nachbarn in Erinnerung habe, wird das Erste, was er sagt, sein: «Aber bekleckere nicht das Sofa, oder …..»

Boller musste vor lauter Lachen eine Pause einlegen und Fredi fuhr weiter: »……. oder er hat eine ölverschmierte Rosette.»

Mit einem Mal wurde Boller bewusst, wie wenig er und Fredi noch mit dieser Gemeinde, in der sie jahrelang mit ihren Familien lebten, gemein hatten. Was war aus ihnen geworden? Alles hier war bekannt und doch so weit weg.

Alles war real, machte aber den Anschein, in der Zeit stehen geblieben zu sein und gleichzeitig war es irreal. Wie ein Traum. Kein schlechter, aber auch kein wirklich guter. Und doch, Boller war immer noch in Hochstimmung und in dieser Ekstase stellte er sich vor, vielleicht bald wieder hier zu wohnen.

So schnell wie dieser Gedanke gekommen war, verschwand er wieder und explosionsartig meldete sich Skepsis.

Fredi ergriff das Wort, als hätte er seine Gedanken gelesen: «Was soll das Boller? Du kannst nicht mehr hierher zurück. Dein alles Verstehen ist nicht nur für dich, sondern auch für dieses Dorf und deren Bewohner zuviel. Schau dich um! Geniess den Moment, aber dann musst du gehen. Die werden dich nicht wollen und einen Fredi schon gar nicht.»

Wieder lachte Boller: «Ja. Das verstehe ich.»

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