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Ablaufdatum für Rennfahrer ausloten

Ablaufdatum für Rennfahrer ausloten
René Wildhaber, der erfolgreichste Downhill-Marathonfahrer der Welt, der in den Fachmedien gerne als Bergler mit Tiefgang, als Sportler, der Brücken schlägt und Grenzen verschiebt, beschrieben wird, geht die Saison 2013 mit neuen Zielen an: Enduro World Series, Film- und Foto-Projekte und Förderung sind die Stichworte.

Von Peter Jenni

Der 36jährige Flumserberger Marathon-Downhiller René Wildhaber hat sich im letzten Jahr nach einem schweren Sturz erstmals gefragt: «Wie viel tue ich mir noch an, um vorne an der Spitze mitzufahren?» Er spürte nach dem Sturz, dass sein Körper mehr Erholung brauchte, doch die Rennen liessen dies nicht zu. Zudem wurde er bei der Qualifikation zum Rennen von einem Konkurrenten «beinahe abgeschossen und über eine Geröllhalde geschickt». Nur mit viel Glück und technischem Fahrgeschick konnte er einen Sturz vermeiden.

Fairness im Vordergrund
Diese und andere Ereignisse zeigten ihm: Geld und Professionalität und damit Aggressivität und Kampf über die Grenzen der Fairness hinaus sind auch im Marathon-Downhill-Sport angekommen. Für René Wildhaber ist aber Sport mehr als Geld verdienen. Sport – auch ehrgeizig betrieben und um den Sieg kämpfend - sollte immer die Freude, den Spass und die Kameradschaft in den Vordergrund stellen. Nicht umsonst gilt Wildhaber als äusserst hilfsbereiter Sportler, der vor dem Start, wenn alle anderen nur noch auf das eigene Individuum sowie auf die Strecke fokussieren und sich im Tunnel der absoluten Konzentration befinden, auch mal einem jungen Fahrer hilft, die Bremsen zu demontieren und wieder anzuschrauben.

Überhaupt macht es ihm Freude, sein Wissen und seine Erfahrungen, die er sich über die Jahre erarbeitet hat, weiterzugeben. In diesem Jahr wird er deshalb bei einigen Rennen, die er schon so oft gewinnen konnte, nicht mehr selber am Start stehen, dafür junge, aufstrebende Biker betreuen. Eine Aufgabe, die ihm liegt. Seine ruhige und überlegte Persönlichkeit schafft es, dass man ihm unaufgeregt zuhört und die Jungen so auch wirklich profitieren können.

Ablaufdatum für Rennfahrer
Für Wildhaber wird die Saison 2013 zu einer Testsaison. «Ich weiss nicht, wo das Verfalldatum für Rennfahrer liegt», schmunzelt er und man glaubt ihm. Diese Grenze will er nun ausloten. Kommt hinzu, dass der Druck und nicht nur der von Aussen, von den Sponsoren, sondern auch der eigene, immens ist und ihm dann und wann auch mal schlaflose Nächte bescherte. Denn wer als Seriensieger vom Platz geht, von dem wird erwartet, dass er auch beim nächsten Start wieder ganz vorne mit dabei ist.

Diesem Druck und der zunehmenden Aggressivität, die sich auf den Marathon-Downhill-Distanzen breit macht, entzieht er sich, indem er in diesem Jahr  in die Enduro World Series einsteigt. Enduro-Rennen das heisst: Es wird eine Runde (so gegen 50 Kilometer) in einer vorgegebene Zeit absolviert. Auf dieser Runde passieren die Fahrer immer wieder Zeitmessungsabschnitte (länger als 20 Minuten), in denen rennmässig um Sekunden gekämpft wird. Diese Zeitmessungsabschnitte sind vornehmlich Downhillpassagen, es kommen aber auch kurze Aufstiege oder geradeaus Passagen vor. Die Enduro World Series umfasst in ihrem ersten Jahr Rennen in Italien, Frankreich, USA und Kanada.  Da es noch kein UCI-Reglement gibt, ist es für Wildhaber nicht einfach einzuschätzen, was auf ihn zukommt. Es wird in jedem Land nach dem landspezifischen Reglement gestartet – und diese sind sehr unterschiedlich.

Einzelfahrer
Rund um Enduro hat sich in jüngster Zeit ein wahrer Hype aufgetan. Bike- und Outdoor-Magazine sind voll davon, da ist es eine logische Folge, dass auch die Industrie darauf springt. Auf der Enduro World Series Tour werden denn auch schon professionell betreute Teams von BMC bis Scott am Start stehen. Trek, der Hauptsponsor von René Wildhaber, hat aber noch kein Enduro-Team und so nimmt er die Herausforderung als Einzelfahrer an. Ein Umstand, der dem Individualist entgegenkommt. «So kann ich mich auch noch auf anderes als nur die Serie konzentrieren.»

Enduro reizt ihn aber auch noch aus anderen Gründen. «Die Serie, das Format ist neu. Da kann noch viel entwickelt und ausprobiert werden. Zudem kommt Enduro-Fahren meiner Vorstellung des Mountainbikens sehr nahe: Mit eigener Körperkraft einen Berg hoch trampen - und dann den Downhill geniessen.»

Buffalo Soldiers
Mit anderem als Enduro-Rennen meint er Projekte, die in seinem Kopf herumschwirren und die er gerne noch verwirklichen möchte. Da sind einerseits Foto- und Video-Projekte, oder der Bikepark in Walenstadt, bei dessen Projektierung er aktiv mitarbeitet und anderseits «eigene Sachen», wie das aktuelle Projekt Buffalo Soldiers (auf den Spuren der US-Army, die schon 1896 mit Fahrrädern offroad aktiv war). Dabei ging es ihm darum, herauszufinden, wie es sich anfühlt, mit diesen alten Fahrrädern in der freien Natur zu fahren. Und es kam, wie es kommen musste: Auch mit einem 100jährigen Bike (oder nennen wir es eher Stahlesel) hatte der Downhiller seinen Spass.


In Walenstadt nicht am Start
«Ich schätze das CrossCountry-Rennen in Walenstadt sehr und würde am Pfingstsonntag gerne starten.»  Leider kommt es zu einer Terminkollision mit dem Start zur Eunduro World Series in Punta Ala (Toskana, Italien). Aber auch wenn der Sarganserländer Botschafter in Sachen Mountainbike nicht am Start sein wird, die Rennen auf dem Waffenplatz Paschga versprechen auch in diesem Jahr wieder viele spannende und attraktive Momente für Zuschauer wie für die Athleten. Trotzdem besteht die Möglichkeit „Wildi“, wie er von seinen Fans gerne genannt wird, in Action zu sehen. Von seinem aktuellen Projekt Buffalo Soldiers werden auf seiner Website vier Episoden präsentiert.

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