Schriftgröße: +

Besuch im Ärztehaus in Buon Ma Thuot

IMG 1658110442279 1658202842917

Heute melde ich mich mal wieder von der vietnamesischen Gesundheitsfront. Das Gesundheitswesen der sozialistischen Republik ist zweigeteilt. Während wohlhabende Vietnamesen durch einen wachsenden Privatsektor von guter ärztlicher Versorgung in den Wirtschaftszentren profitieren, muss die breite Masse auf den staatlichen Sektor zurückgreifen. Lange Wartezeiten, dürftig ausgestattete Abteilungen und mangelhaft ausgebildetes Personal sind nicht selten die Regel. Und auf dem Land? «Da das Niveau der ärztlichen Versorgung auf dem Land fast ebenso gering sei wie das Einkommen, drängen mehr und mehr Mediziner in die wenigen Städte», heisst es in einem Artikel im Ärzteblatt.de.

Ich habe mittlerweile beides kennengelernt: Einen etwas aufwändigeren Eingriff an meiner operierten Zunge liess ich zu meiner vollsten Zufriedenheit im Privatspital Vinmec in Ho Chi Minh City vornehmen. Die chirurgische Entfernung von Hautwucherungen am rechten Arm hingegen liess ich in einem Ärztehaus in Buon Ma Thuot über mich ergehen. Ich kenne dieses Etablissement mittlerweile, da ich dort auch schon einen Gesundheitscheck habe machen lassen. Und auch wenn es ländlich, eher spartanisch eingerichtet und nicht zu vergleichen mit Vinmec ist, für mich stimmts.

Am Empfang warten fünf nette jungen Damen adrett gekleidet und immer lächelnd. Sie weisen die Patienten als erstes zur Rezeption. Auf einem Papierfetzen wird der Grund des Besuches notiert. Direkt neben dem Rezeptionstresen steht die Blutdruckmessstation. Nach der Messung wird das Ergebnis auf diesem Fresszettel ebenfalls notiert, dann führt mich eine der netten jungen Damen zur Arztvisite. Zwei Geschosse sind mit einfachen Alu-Wänden, in denen grosse Milchglasscheiben eingelegt sind, in Behandlungsräume unterteilt. Die Türen stehen überall offen und draussen auf dem Gang sitzen, auf billigen, farbigen Plastikstuhlreihen, wie in einer Busstation, Patienten und warten, bis sie an der Reihe sind.

Die nette jungen Dame weist mir einen Platz zu und bringt meinen Zettel in den Untersuchungsraum. Kurz darauf wird mein Name aufgerufen und ich gehe hinein. Ich habe die Schwelle noch nicht überschritten, da halte ich verwirrt inne. Drinnen untersucht der Arzt gerade eine Patientin. Ich bleibe verwundert und etwas peinlich berührt stehen. Doch der Arzt lacht und winkt mich hinein. Er zeigt auf einen zweiten Stuhl, neben dem Untersuchungsstuhl und ich nehme Platz, komme mir aber irgendwie deplatziert oder noch schlimmer, wie ein Voyeur vor. Seelenruhig wird die Untersuchung abgeschlossen. Dann bin ich an der Reihe, und während der Arzt mich nach meinem Befinden erkundigt, ruft er den nächsten Patienten hinein.

Der Untersuch meiner Hautwucherungen ist schnell abgeschlossen. Nicht bösartig, aber sie sollten chirurgisch entfernt werden. Er schreibt etwas auf seinem Computer, drückt mir den Ausdruck in die Hand und wendet sich dem nächsten Patienten zu. Wohin jetzt?

Im Gang wartet eine der netten jungen Damen, nimmt mir den Ausdruck aus der Hand und führt mich wieder an die Rezeption. Dort muss ich 25 Franken bezahlen und mein Ausdruck ist mit einem roten Stempel versehen. Damit bringt mich die nette jungen Dame, es ist nicht immer dieselbe, sondern einfach eine der Damen, die gerade Zeit hat, wieder in die erste Etage, in einen Behandlungsraum direkt neben der Gipsstation. Ich muss nicht mehr draussen warten, lege mich auf den Schragen, dessen Kunstleder-Überzug schon viel bessere Zeiten gesehen hat, dafür aber mit ein paar Löchern aufwarten kann.

Der Raum wirkt nicht wirklich sauber, die Wände sind mit braunen Kacheln versehen, aber nicht so verschmiert, wie die weiss getünchten draussen. Also sage ich mir, das kommt schon gut, bin ja nicht der erste Patient hier. Im Gegensatz zum Raum stahlt der Doc mich vertrauenswürdig an. Er wirkt noch sehr jung, aber mittlerweile weiss ich, die Asiaten sehen für uns Europäer jünger aus als sie sind. Also nochmals zehn Jahre hinzu dann sind wir bei 35. Das passt. Er führt das Skalpell mit sicherer Hand und alle seine Bewegungen wirken einstudiert und mit viel Erfahrung. Ich fühle mich unter seinem Messer sicher. Und so ist es auch. Eine Woche später kommen die Fäden raus und alles ist paletti. Kostenpunkt für Untersuch, kleinere Operation mit sieben Fäden genäht, Medikamente und Fäden entfernen: 28.50 Franken.

Weiterer Blog zum Thema:

×
Stay Informed

When you subscribe to the blog, we will send you an e-mail when there are new updates on the site so you wouldn't miss them.

Erinnerungen an den Chlüppli-Motor
Bike-Wasch- und Dusch-Garantie