Nov.
02

Fischfang in Vietnam

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Liest man im Internet über den Fischfang in Vietnam, so geht es vor allem um die Fischerei auf dem Meer. Hier bei uns am Krong Buk Ha leben aber einige Fischer vom den Fängen aus dem See oder von den Fischfarmen auf dem See. Neben den Netzen, die die Fischer am Abend auslegen, sind die im Cover-Bild abgebildeten stationären Netze beliebt. Derzeit baut gerade mein Nachbar ein solches System. Alles aus Bambus, da steckt viel Handarbeit dahinter.

Übrigens: Ende April dieses Jahres war die Frist der EU für Vietnam beendet, Fischerei-Produkte nach den Empfehlungen der EU zu verbessern und damit einer 'Gelben Karte' der EU für die vietnamesische Fischerei zu entkommen. Dies schreibt «VOV5, die Stimme Vietnams - Auslandkanal» auf seiner Website.

Weiter heisst es: «Dem stellvertretenden Vorsitzenden des Fischereivereins im Landwirtschaftsministerium, Nguyen Quang Hung zufolge sei die 'Gelbe Karte' der EU ein Hindernis aber zugleich auch eine Chance für die vietnamesische Fischerei, die Produkte zu verbessern. Damit könnte sich die vietnamesische Fischerei nachhaltig und verantwortungsvoll entwickeln. Die neun Empfehlungen der EU sind für Vietnam von großer Bedeutung. Sie werden im vietnamesischen Gesetz der Fischerei aufgenommen, das im nächsten Jahr in Kraft tritt.

Vietnam hatte einheitlich Massnahmen ergriffen. Beispielsweise werden die Fischerboote mit einem Überwachungsgerät angeschlossen. Die Anzahl der Fischerboote werden entsprechend der Vorräte der Fische angepasst. Vietnamesische Fischer achten auf Bestimmungen der Fischer-Vereine in der Region und der Welt wie Angaben der Herkunft der Fische. Vietnam will den illegalen Fischfang im Meeresgebiet der Nachbarländer beenden.»

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Krong Buk Ha bei Wasserhöchststand.

Okt.
18

Und jetzt? Ein Haus auf dem See!

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Vor gut einem Jahr haben wir mit dem Hausbau begonnen. Mittlerweile leben wir schon zehn Monate in unserem Haus. Der Garten gedeiht, ab und an kommen Gäste und wir feiern Partys. Und jetzt? Jetzt bauen wir auf den See hinaus.

Etwa da wo der weisse Pfeil hinzeigt, bauen wir ein weiteres Haus. Mittlerweile das dritte. Es entsteht aber eher ein Häuschen, 6 x 7 Meter gross, dafür schwimmend. 42 Quadratmeter Fläche für Party auf dem See und als Anlegestelle und Unterstand für mein Boot! Eine kleine handbetriebene Fähre kommt dazu.

Eigentlich wollte ich ja nur einen simplen Unterstand, damit mein Boot vor Sturmwinden und Unwettern geschützt anlegen kann. Aber etwas derartiges an einem Stausee zu bauen ist wegen den stark variierenden Pegelständen (etwa 15 Meter Unterschied zischen Höchststand und Niedrigwasser) nicht ganz ohne. Und so brachten mich die Fischfarmen auf die Idee eines schwimmenden Bootshauses.

Heute haben Hieps Bruder Trong und ich unsere Pläne und Vorstellungen bereinigt und den Vertrag zum Bau eines schwimmenden Hauses auf dem See unterzeichnet. Anschliessend haben wir Billard gespielt. Trong ist ein Glücksfall für uns: Er hat schon schwimmende Fischfarmen gebaut, betreibt selber eine, weiss also worauf es beim Bau ankommt. Und er spielt gut Billard: Er hat mit 40:34 gewonnen!

Das auf Plastikfässern schwimmende Haus wird an Betonelementen, die wir im See versenken, verankert. Über eine einfache, handbetriebene Fähre gelangt man vom und zum schwimmenden Haus. Bei Pegelhöchststand beträgt die Fährdistanz etwa 40 Meter, bei Tiefststand rund 10 Meter.

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Okt.
04

Ein Oktobermorgen im Garten

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Ich sag's ganz offen und ehrlich: Bis vor kurzem haben mich Blumen und Pflanzen im Allgemeinen eher weniger interessiert (ausser natürlich die Muttertag-, Geburtstag- und Hochzeitstag-Blumen, das Sorry-Bouquet usw. Aber das kennen ja die meisten Männer!). Doch seit ich in den Tropen lebe und sehe, wie die Natur in diesem feuchtwarmen Klima spriesst und gedeiht, faszinieren mich die Pflanzen von Tag zu Tag mehr. 

Kommt hinzu, dass unsere Nachbarn uns immer mal wieder etwas für den Garten schenken. So ist in kürzester Zeit eine rechte Vielfalt entstanden. In der Pictapas-Galerie «October morning in the garden» habe ich versucht, in 16 Bildern diese Ansammlung an Blüten, die am 3. Okotber 2018 in die frühe Morgensonne lachten, festzuhalten.

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Alle 16 Bilder sind in der Pictapas-Galerie «October morning in the garden» zu finden.

Sep.
15

Das erste Touri-Boot auf dem Krong Buk Ha

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Wir leben hier am See weit ab von jeglichen Touristen(strömen). Wohl deshalb wird das Gewässer touristisch überhaupt nicht genutzt. Weder gibt es Restaurants am See noch Ausflugsboote oder dergleichen. Eine Bootsfahrt auf dem See ist also ein wirklicher Geheimtipp

Da ich unsere Gäste immer mal wieder mit auf eine Rundfahrt (inklusive Besichtigung einer schwimmenden Fischfarm) nehme, habe ich nun mit Hilfe meines Nachbarn Sinh unser Motorboot etwas ausgebaut, damit man etwas komfortabler sitzt. Als die vier Sitzplätze fertig waren, stellte ich fest: «Wow! Das ist nun das erste Touristenboot auf dem Krong Buk Ha.»

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Mein Nachbar Sinh bearbeitet das Bodenholz mit seinem Stechbeutel, damit die kleinen Plastiksitze im Boot nicht verrutschen.

Sep.
13

Gewichtung verschiebt sich - «Luxus»-Probleme

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Wie sich doch Themen oder sagen wir deren Gewichtung verschieben! Klar, vor zwei Jahren, als ich noch in der Schweiz lebte, schaute ich beim Einkaufen auch auf Label-Produkte: Label-Kaffee, Bio-Tomaten, fair produzierte Bananen, aus der Region für die Region und so weiter und so fort. In Vietnam stellen sich mir diese Fragen beim Einkaufen nicht.

Eingekauft wird auf dem Markt, wo die Bauern der Region ihre Produkte feilbieten. Alles frisch. Deshalb ist auch nicht immer alles verfügbar und eingekauft wird früh morgens.

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Wir leben zwar nur dreieinhalb Autostunden vom Meer entfernt, aber Meeresfrüchte sind selten im Angebot. Gegessen wird, was gerade wächst oder geschlachtet wurde. Und ich kann euch sagen, das ist verdammt vielfältig.

Diese Art des Einkaufs geschieht aber nicht aus Überzeugung oder weil ich ein besonderer Öko-Fundi geworden bin. Nein! Es ist ganz simpel. Es fehlt das Angebot. Wir haben keinen Supermarkt, in dem Meeresfrüchte und anderes (Exotisches!) jeden Tag frisch angeboten wird, in der Nähe. Der nächste ist über 40 Kilometer, also rund eine Fahrstunde entfernt.

Damit löst sich die Frage nach Öko, Bio und Label in Luft auf. Gibt’s nicht! Und wenn jetzt in der Schweiz im September zwei Volksinitiativen an die Urne kommen, die sich mit dieser Thematik befassen, stelle ich fest, wie weit ich mich in zwei Jahren von der Schweiz und ihren «Luxus»-Problemen doch entfernt habe und wie einfach und schön das Leben sein kann.

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Sep.
03

Monate des Windes und jetzt: grosses Kino

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Seit ein paar Tagen ist das Wetter wie umgekrempelt. Nachdem wir in den Monaten Mai, Juni, Juli und August mit wirklich starken Windböen, die über den See zu uns peitschten, leben mussten und wir deretwegen die Terrasse umbauten, ist es seit drei Tagen fast windstill. Endlich Zeit, meine Flying-Cam einzusetzen und ein paar Fotos vom Krong Buk Ha See zu machen.

Ich meine, zu diesen Bildern gibt es nicht mehr viel zu sagen. Es ist die hohe Luftfeuchtigkeit, die uns Abend für Abend dieses Schauspiel am Himmel beschert. Einfach nur grosses Kino!
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Aug.
26

Für die hungrigen Toten – Hungry Ghost Festival

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Gestern wurde das Geisterfest gefeiert. Hiep ging in den Tempel und speiste mit den Mönchen. Ich ging mit ihr, klinkte mich aber nach kurzer Zeit und vor dem Essen wieder aus; (zuviel) Religion ist nicht so mein Ding. Meine Toten sind tot. That’s it! Das ist meine Realität.

Anderseits wirkt für mich vieles, was ich hier erleben darf, in der Nachbearbeitung märchenhaft, irgenwie unrealistisch, wie ein fesselnder Film im Kino. So auch die untenstehende Fotoreportage. Ich frage mich dann jeweils, war das real, nicht gespielt? Aber die Antwort ist klar: Es ist kein Film, es ist Realität und ich darf live dabei sein!

Am Buddhismus und an den Vietnamesen mag ich die Einfachheit und Offenheit, den simplem Umgang, den sie mit Feiertagen, mit ihrem Glauben pflegen. Das zeigt sich dann so: Weil unsere Nachbarin für das gemeinsame Geisterfestfeiern gestern Samstag keine Zeit fand, wurde am Tag zuvor kurzerhand improvisiert (siehe Fotos. Im Cover: Zum Abschluss der Zeremonie werden Reis und Süssigkeiten verstreut.) Meine ausgewasserten Boote eigneten sich zur Präsentation der Gaben für die Geister der Toten bestens. Es dauerte nur ein paar Minuten (die Speisen waren vorgekocht worden), schon war alles zum Auftragen bereit und eine Viertelstunde später alles wieder vorbei. Das Geld verbrannt.

In der Tradition wird der Glaube vertreten, dass die Geister der verstorbenen Angehörigen aus der Unterwelt auf die Erde und hungrig, auf der Suche nach Essen, durch die Strassen oder eben dem Ufer entlang ziehen. Deshalb werden Spenden und Gaben dargebracht. Dies soll die hungrigen Geister beschwichtigen und in milde Stimmung versetzen. Auch Höllengeld wird als Opfer an die Geister verbrannt.

Siehe dazu auch den Blog-Eintrag von vor einem Jahr: «Hui! Die Geister kommen» 

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Die Gaben für die Geister werden an den See gebracht .....

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... und auf dem Boot hergerichtet.

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Natürlich dürfen Räucherstäbchen nicht fehlen.

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Aug.
17

Stürmische Tage in Dak Lak

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Seit Wochen wehen über den See starke, zum Teil sehr starke Sturmwinde. Meine zwei Boote habe ich ausgewassert - kurz bevor es zu spät war! Ein Nachbar eilte mir zu Hilfe, die vom Sturm und den Wellen mit Wasser gefüllten Boote ins Trockene zu bringen. Hiep und ich hätten es alleine nicht mehr geschafft. Die Boote wären verloren gewesen.

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Das Wetter präsentiert sich den stürmischen Winden entsprechend: Monsunregen und Sonne wechseln sich zum Teil fast im Stundentakt ab. Mittlerweile habe ich mich an die extremen Wetterwechsel gewöhnt. Du siehst die Regenfront kommen. Siehst wie sie sich schwarz und regengeschwängert am Horizont aufbaut und dann hast du – obwohl du meinst, sie sei weit weg, nur noch ein paar Minuten, um Schutz zu suchen. Kaum hast du dich untergestellt, prasst der Regen nieder. Nach ein, zwei Minuten ist alles wieder vorbei und Sonne und Wind trocknen in kürzester Zeit alles wieder ab.

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Aug.
15

Eine spezielle Ehre

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Es war für mich eine spezielle Ehre, dass ich an der Beerdigung von Frau Bui Thi Huan mit dem Fotoapparat teilnehmen durfte. Bui Thi Huan starb im Alter von 90 Jahren und lebte zusammen mit ihrer Familie in meiner Nachbarschaft. R.I.P. Bui Thi Huan. 

Die Bilder von der Beerdigung sind in meiner PicTapas Galerie zu finden: Pictures of a funeral - Krong Buk (Dak Lak)

Aug.
08

Plattfuss reparieren? «No. No!»

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Ein Plattfuss am Motobike ist in Vietnam kein Problem. Überall an den Strassen gibt es Mechaniker. Sie können aber nur kleinere Pneus flicken. Meine Freunde haben mich denn auch gewarnt, als ich vor über einem Jahr die Kawasaki Z1000 kaufte: «Wenn du mit diesen breiten Schlauchlos-Walzen einen Nagel einfängst, dann wir es heissen: No. No! Können wir nicht flicken.»

Kürzlich war es dann passiert: Ich drehte noch eine Feierabendrunde zum Kaffee-Treff in Ea Phe als sich ein grosses Metallteil in den hinteren Pneu bohrte. Innert Sekunden war die Luft draussen und ich stand, hilflos auf den luftleeren Reifen starrend, am Strassenrand - wie bestellt und nicht abgeholt! Was tun jetzt?

Natürlich dachte ich sofort an meine Freunde, die mich genau vor dieser Situation gewarnt hatten. Aber jetzt kommt das, was ich an Vietnam so liebe: Alles geht irgendwie und zwar easy!

Eine ältere Frau, die vorbeikam, rief mir zu und zeigte auf ein Gebäude rund hundert Meter entfernt auf der anderen Strassenseite. Sie lachte und deutete mir an, dorthin zu gehen. Also schob ich meine Maschine dort hin.

Drei dunkelhäutige, junge Vietnamesen, ölverschmiert und in schäbigen T-Shirts, schauten erstaunt von ihrem Kaffee auf. Einer der jungen Männer kam auf mich zu. «No! No!» sagte er mehrfach wiederholend, so als würde ich das No nicht verstehen. Die Männer diskutierten, begutachteten die Kawa, lachten. Auch ich lachte. Dann kam aus dem Dunkeln der Hütte ein älterer Mann. Er war wohl der Vater oder der Boss oder beides in dieser kleinen Werkstatt.

Sofort machte er sich am Hinterrad zu schaffen. Mit der Heissleimpistole klebte er das Loch notdürftig zu, pumpte den Reifen wieder auf und gab mir zu verstehen, dass die jungen Männer mich nun zu einer Werkstatt rund einen Kilometer entfernt eskortieren würden.

20 Minuten später war der Pneu mit einer gummiähnlichen Injektion geflickt (siehe Cover) und meine Z1000 wieder voll einsatzbereit. So geht Vietnam!

Die Kosten für die Reparatur: 80 Rappen und für den Mechaniker ein Foto auf der Kawasaki Z1000 (siehe Bild unten).

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Aug.
02

Rechnung ohne die Hundefänger gemacht

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Etliche Tage hatten wir gehofft, «Hey Man», unser Hund, sei nur auf einem «Männer-Ausflug». Wir machten Spass und sagten uns, er suche sich Amüsement und eine hübsche Hündin; am Ende dieses Ausflugs gäbe es in der Umgebung dann viele junge «Hey Mans».

Doch mittlerweile ist er schon fast einen Monat verschwunden und wir müssen davon ausgehen, dass ein Hundefänger sich «Hey Man» geschnappt und an eine Restaurant-Küche verkauft hat. Leider keine Seltenheit, wie uns ein Nachbar versichert.

So bleibt nur die Feststellung, dass wir «Hey Man» doch nicht vor der Restaurant-Küche bewahren konnten. Ich hatte die Rechnung ohne die Hundefänger gemacht! Siehe Blog-Eintrag vom 18. Februar 2018: «’Hey man’ oder: ein Ende in der Restaurant-Küche» 

Aber egal, ob ein Hundeleben in der Küche, auf der Strasse oder wo auch immer endet: In den Hundehimmel kommen sie alle (siehe Cover)!

Juli
31

«Hast du kein Heimweh?»

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Seit ich meinen Lebensmittelpunkt von der Schweiz nach Vietnam verschoben habe, wird immer wieder dieselbe Frage an mich herangetragen: «Hast du kein Heimweh?»

Heimweh ist per Definition die Sehnsucht in der Fremde, wieder in der Heimat zu sein. Doch wo ist die Heimat? Wann wird die Fremde zur Heimat? Kann man Heimat einfach austauschen? Auf jeden Fall kann man Heimat nur schwer beschreiben, denn Heimat ist mehr ein Gefühl und bedeutet für jeden etwas anderes.

Im Duden findet sich beim Schlagwort Heimat der Hinweis: «Plural nicht üblich». Dies suggeriert, dass jeder Mensch genau eine Heimat hat. Dagegen vertritt das Integrationsbüro der Stadt Zürich die These: «Jeder Mensch hat unterschiedliche Identitäten und verschiedene Heimaten.» Ich meine, diese Frage muss jedes Individuum für sich selbst beantworten.

Ich für meinen Teil habe mich für «verschiedene Heimaten» entschieden. Dies mag auch in meiner Kindheit begründet liegen, da ich nicht nur an einem Ort «gross geworden» bin, sondern sich die Entwicklungsstufen vom Baby über das Kind, hin zum Jugendlichen und bis zum jungen Erwachsenen über verschiedene «Heimaten» verteilte. Ich zähl mal auf: Zürich-Seebach, Uitikon-Waldegg, Rüschlikon, Dübendorf, Rüti (ZH), Quarten (SG). Und jetzt ist es Vietnam.

Dies alles sind/waren meine Heimaten. Überall habe ich mich wohl gefühlt. Von überall habe ich etwas mitgenommen, in die neue Heimat getragen, so dass ich die alte Heimat nie vermissen musste. So ist es auch jetzt. Gross-Geografisch gesehen habe ich jetzt zwei Heimaten: Die Schweiz und Vietnam. Auf das Detail fokussiert: Hier in Krong Buk fühle ich mich zuhause. Ich fühle mich aber auch in Saigon oder Nha Trang zu Hause. Denn: Es ist nicht die Örtlichkeit, die Heimat ausmacht.

Es sind die Menschen, die Familie, die sozialen Kontakte, die Freundschaften, die mir an einem Ort Heimat oder sollte ich besser sagen «Halt» geben. Dass diese Beziehungen über all die Jahre, auch über Differenzen und Unwegsamkeiten hinweg Bestand haben und mir so «meine Heimaten» geben, dafür möchte ich meiner Familie und all meinen Freunden in der Schweiz oder wo auch immer danken: «Dank euch habe ich Heimaten. Ihr alle seid meine Heimat!»

Noch eine kleine, interessante Anmerkung: Eine Übersetzung des Wortes «Heimat» in andere Sprachen ist eine Herausforderung. Dazu habe ich in der Internetausgabe der «Westfalenpost» eine Aussage der Sprachwissenschaftlerin Carolin Baumann gefunden: «In der Tat gibt es in der Bildung des Wortes keine genaue Entsprechung in anderen Sprachen».

Juli
29

Das Ungeheuer vom Krong Buk Ha See

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Nicht nur das Loch Ness hat ein Ungeheuer. Ich hatte heute das Glück, das Ungeheuer vom Krong Buk Ha See vor die Linse zu bekommen. Der Sage nach ist es die verwandelte Seele eines verschmähten Liebhabers, der sich in den Fluten das Krong Buk Ha ertränkt haben soll. Immer gegen Ende Juli soll das Ungeheuer an der Oberfläche erscheinen. Es heisst, dass wer das Ungeheuer zu Gesicht bekommt, dem werde Glück im Leben und in der Liebe widerfahren.

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Juli
21

Wenn aus Abenteuer Alltag wird

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Seit meinem letzten Blogeintrag sind mehr als 14 Tage vergangen. Über zwei Wochen in denen nichts passierte, das ich für beschreibungswürdig hielt. Will heissen, mein Umfeld, mein Leben in der Fremde driftet vom Abenteuer hin zur Normalität. Die Fremde wird zur Heimat. Doch was ist eigentlich Heimat? Dazu in einem anderen Eintrag später mehr.

Die Monsunregen, die jetzt in der Regenzeit fast täglich auf uns nieder prassen, die Starkwinde, die Palmen und Bäume biegen bis sie krachen, der chaotische Verkehr, das Rudern mit den Füssen, die herzlichen und hilfsbereiten Nachbarn, drei Hochzeitspartys in einer Woche, zwei davon wurden an zwei Tagen gefeiert, der Besuch beim Schneider, ein paar Tage mit dem Motorrad in Ho Chi Minh City: All das ist Alltag, ist Normalität geworden!

Im Zusammenspiel von Zeit und Wiederholung schmilzt das Abenteuer wie Eis an der Sonne. Natürlich, auch heute noch treffe ich auf Momente, Menschen und Gegebenheiten, die neu für mich sind, denen ich mich anpassen, fügen oder gar beugen muss. Aber es werden immer weniger und die wenigen, die in letzter Zeit gekommen sind, waren, dank meinen bisherigen Erfahrungen, absehbar.
So auch der Wind, der in dieser Jahreszeit fast dauernd vom See her bläst und zwar so stark, dass an ein Fliegen und Fotografieren mit der Drohne fast nicht zu denken ist. Ab und an lass ich sie aber doch aufsteigen (siehe Cover), denn die Fotografie 3.0 will geübt sein, und bald schon soll das erste Video folgen.

Juli
04

Fotografie 3.0

DJI 0021 900 Für mich beginnt heute die Fotografie 3.0. Will heissen: Bilder mit der Drohne!

Nachdem ich über Freilandsicherung (Perimeterschutz) mit Drohnenunterstützung berichten durfte, konnte ich nicht wiederstehen und habe mir eine Drohne angeschafft.

Eine neue Art der Fotografie. Klar dass eine Drohne die Handkamera nicht ersetzen kann, aber es eröffnen sich neue, zur herkömmlichen Fotografie ergänzende Möglichkeiten, die ich nun ausloten möchte.

Im Cover: Das erste Selfie von Hiep und mir mit der Drohne geschossen.

Juni
30

Killing Fields

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Auf meinem Morgenspaziergang in Phnom Penh (Kambodscha; ich bin wegen Visaangelegenheiten hier) traf ich diese beiden aufstellten Jungs. Sie verkauften Früchte, die ich überhaupt nicht mag. Ihre Fröhlichkeit und Unbekümmertheit war so was von ansteckend, ich musste sie fotografieren und ihnen ein paar Früchte abkaufen.

Am Nachmittag dann die Fahrt mit Bekannten zu den Killing Fields. Klar verknüpfte ich den Namen Name Pol Pot mit etwas Schrecklichem. Aber mir war nicht, nicht im Geringsten bewusst, was ich zu sehen bekommen würde: The Killing Fields.

Aber als ich den Baum sah, an dessen Stamm hunderte Babys totgeschlagen wurden, war das alles zu viel für mich. Ich musste raus.
Ich will auch nicht mehr über die Killing Fields schreiben. Es gibt es im Internet genug darüber lesen. Für alle die es interessiert hier zwei Links:

Und ja. Ich werde auch weiterhin versuchen, wenn es nicht zwingend der Dokumentation geschuldet ist, schreckliche Bilder in diesem Blog zu vermeiden.

Wie glücklich die Wahl des Cover-Bildes wirklich ist? Ich weiss es nicht. Der Analphabetismus in Kambodscha ist mit 24 Prozent der über 14 jährigen Bevölkerung recht hoch und so bleibt nur die Hoffnung, dass diese beiden Jungs neben dem Früchteverkaufen auch zur Schule gehen können.

Juni
08

Der grösste Schmetterling der Welt

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Dieses beeindruckend schöne Tier gilt als der größte Schmetterling der Welt – der Atlasspinner. Sobald er seine Flügel entfaltet, muss er auch schon wieder sterben. Er lebt nur zehn Tage.

Ich bin fast vom Bike gefallen, als ich dieses Riesentier (geschätzte Spannweite 15 Zentimeter) vom mir im Baum hängen sah.

Den Atlasspinner gibt es nur in Südostasien und Indien zu sehen. Weitere Infos zu diesem beeindruckenden Tier auf Galileo, wo ich auch diese Informationen bezogen habe.

Dieses beeindruckend schöne Tier lebt nur zehn Tage. Er ist der größte Schmetterling der Welt – der Atlasspinner. Sobald er seine Flügel entfaltet, muss er auch schon wieder sterben.
Juni
02

Một und Hai - unsere zwei neue Bewohner

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Katzen jagen instinktiv Ratten, Mäuse und andere Schädlinge. Deshalb haben auch wir uns zwei Katzen, zwei Kater, angeschafft.  Von Hiep auf dem Markt gekauft und völlig unternährt päppeln wir sie nun im Swiss House by the Lake auf. Sie heissen: 1 und 2, also Một und Hai, klingt doch süss, oder?

Was ich bisher nicht wusste: Katzen können nicht nur im eigenen Haus von Vorteil sein. In den USA gibt es sogar ein Programm, bei dem verwilderte Katzen an Unternehmen vermittelt werden und dort ein neues Zuhause in Lagerhallen und Scheunen finden, um Schädlinge zu jagen. Ob Katzen auch den Trump verjagen?

Im Cover:  Một, unser Jäger! Im Bild unten Hai, der schöne Kater von vis a vis. Eigentlich hätten wir ihn auch Fredi (siehe  Blog «Fredi und Boller» taufen können.

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Mai
31

Mehr als 30 Milliarden 550 Millionen Plastiksäcke pro Jahr

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Die EU, so war kürzlich in den Medien zu lesen, will mit verschiedenen Verboten (Einweggeschirr, Strohhalme, Wattestäbchen und Ballonhalter aus Plastik) Umwelt und Meere besser schützen. Mein Einwand auf Facebook dazu, dass die EU statt Verbote mehr Mittel in die Aufklärung und Sensibilisierung der betroffenen und vor allem verursachenden Bevölkerung investieren sollte, wurde kontrovers aufgenommen.

Die Verschmutzung der Meere ist weltweit ein Riesenproblem. Der Plastik wird gemäss einer Studie des Helmholtz Centre for Environmental Research vom Oktober 2017 zu 90 Prozent von nur gerade 10 Flüssen ins Meer gespült. Es sind dies: Jangtse (Asiens grösster Fluss), Indus (längster Fluss auf dem indischen Subkontinent), Gelber Fluss (China), Hai He (China), Nil (Afrika), Ganges (Indien), Perlfluss (China), Amur (China und Russland), Niger (Afrika) und Mekong (Südostasien).

Meine etwas provokative Frage: Wie viele Plastikwattestäbchen aus Europa, wo es doch einige Verbrennungsanlagen gibt, landen in diesen Flüssen und dann im Meer?

Um meine These, dass Sensibilisierung und Aufklärung den Meeren besser hilft als Verbote in Europa, öffne ich hier eine Rechnung mit folgenden Vorgaben:

  • Vietnam zählte 2016 92,7 Mio. Einwohner;
  • Meine Annahme: Heute 93 Mio. Einwohner.
  • Das Durchschnittseinkommen Vietnams liegt bei 1’260 US-Dollar pro Jahr bzw. 105 US-Dollar im Monat (Bruttonationaleinkommen 2011 je Einwohner, Quelle: Weltbank).
  • Meine Annahme: Pro Monat durchschnittlich 150 Dollar oder 3'500'000 VND.
  • Pho Bo, ein vietnamesisches Standard-Essen (Suppe mit Nudeln, Gemüse und Fleisch oder Fisch (Pho Ga)) kostet in einer herkömmlichen Strassenküche pro Person durchschnittlich 15'000 VND. Man kann das Essen (ohne Aufpreis!) in Plastiksäcken mit nach Hause nehmen. Dies ist bei den Vietnamesen sehr beliebt und funktioniert so:
  • Suppe mit Fleisch, Nudeln und Gemüse in drei separaten Plastiktaschen.
  • Das Ganze wird dann, um den Transport mit dem Motorrad zu vereinfachen, nochmals in eine grössere Plastiktüte gepackt.
  • Auch andere Gerichte wie Reis mit Fisch und Gemüse werden so nach Hause transportiert und der Familie serviert.
    Ich denke, konservativ geschätzt, dass 10 Prozent aller Vietnamesen aus den unterschiedlichsten Gründen täglich ihr Essen auswärts einkaufen.

Jetzt rechnen wir:

  • 10 Prozent von 93 Mio. sind 9,3 Mio. Menschen, bei denen 3 mal pro Tag drei Plastiksäcke (9) anfallen (den vierten Plastiksack für den Transport vergessen wir grosszügig)
  • 9,3 Mio. Menschen x 9 Plastiksäcke = 83,7 Mio. Plastiksäcke pro Tag
  • Summa summarum: 30 Milliarden 550 Millionen 500 Tausend Plastiksäcke pro Jahr

Es kommt aber noch dicker: Auch fast alle anderen Einkäufe werden in Plastiksäcken transportiert, und wenn es etwas Grösseres ist, dann meistens in Styroporboxen. Diese und die Plastiktüten landen nach Gebrauch im Strassengraben, in den Flüssen, in Seen und irgendwann im Meer oder sie werden in offenen Feuern verbrannt.

Wichtig zu wissen: Grosse Teile Vietnams kennen Abfallbewirtschaftung und Verbrennungsanlagen nicht (ausser in den Ballungszentren und auch da nur teilweise) und die Vietnamesen sind für diese Problematik überhaupt nicht sensibilisiert.

Apropos Sensibilisierung: Auch wir, Hiep und ich, kaufen uns vielfach Pho Bo auf dem Markt. Früher kam das immer in Plastiksäcken zuhause an, bis ich eine dreiteilige Lunchbox kaufte. Unten kommt die Suppe mit dem Fleisch oder Fisch rein, dann die Nudeln und oben das frische Gemüse. Kein Plastik, kein Abfall - nur ein wenig Abwaschwasser.

So eine Lunchbox ist aber nicht gerade billig. Sie kostet fast 1 Mio. VND was gut 66 Essen entspricht. Bei einem monatlichen Einkommen von 3'500'000 VND liegt eine Lunchbox einfach nicht drin, zumal das Essen nicht billiger ist, wenn ich mit meiner Lunchbox bei der Suppenküche antrabe.

Und jetzt will die EU Plastikwattestäbchen (!) und Plastikballonhalter (!) verbieten. Dafür muss sie einen grossen und teuren Apparat aufbauen. Deshalb bin ich der Meinung, Sensibilisierung und Aufklärung würde mehr bringen als Verbote in Europa. Natürlich könnten sioe auch beides machen.

Und ja! Mir ist klar, es ist nicht einfach und auch nicht billig in solchen Ländern Bewusstsein für die Plastikproblematik zu schaffen.

Zum Schluss noch dies: Ich will hier (im Cover und auf meiner Website) kein Bild von mit Abfall verschmutzten Landschaften. Deshalb habe ich ein Bild gewählt, das aussieht wie aus Plastik und für mich, weil es pure Natur ist, Schönheit, Perfektion und Vollkommenheit verkörpert: die Sonnenblume.

Mai
29

Tango, Slow Fox oder doch nur Abschiedswinken?

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Ich liebe Musik. Fast den ganzen Tag beschallt uns hier im Swiss House by the Lake Sound über «YouTube» oder das Internet Radio «Radio Swiss Jazz» oder «Radio Swiss Rock» und machmal darf es auch «Radio Swiss Classic» sein. Musik ohne Gequatsche. Herrlich!

Immer mal wieder muss ich dann an die nervenden Morgen in der Vergangenheit denken, wenn auf DRS 3 die allwissend dauerfröhliche immer lächelnde Mona Vetsch mich fast dazu gebracht hätte, das Radio aus dem geschlossenen Fenster zu werfen. Ich konnte mich jeweils gerade noch beherrschen.

Ich hatte auf jeden Fall immer dann gute Morgenstimmung, wenn das Fernsehen die Vetsch auf Weltreise schickte. Niemandem mochte ich es mehr gönnen …

Doch darüber wollte ich nicht schreiben. Ich liebe Musik. Sie inspiriert, lässt Träume und Erinnerungen aufkommen, ganz so wie es Geschmäcke auch tun. Mittlerweile habe ich – das ist in Vietnam gut machbar – auch den Garten beschallt. So haben wir auch bei der morgendlichen Gartenarbeit oder beim Apéro mit Freunden am Abend wohlklingenden Sound in den Ohren.

Um das gute Verhältnis mit dem Nachbarn nicht zu belasten, haben wir vor der Installation mit ihm gesprochen. Er hat nur gemeint: «No Problem. I like music too.» So «chnebblets» dann manchmal ganz schön durch die Palmen, wenn gerade Zappa, Stones oder Gianna Nannini anstehen.

Auf dem See verzichte ich auf Musik. Wenn ich rudernd unterwegs bin, ist die morgendliche Stille, in der alles unlebendig erscheint und nur das Plätschern des Wassers zu hören ist, meine Musik.

Am Abend, bevor die Gewitter aufziehen, kann ich nur noch mit dem Motorboot raus und da knattert der Motor derart laut (Vietnam eben), dass es sinnlos wäre, Musik mitzunehmen.

Trotzdem habe ich auch des Abends auf dem See schon Musik gefunden und zwar in den tanzenden Bäumen. Beim Cover Bild bin ich mir noch nicht sicher ob die zwei Tango oder Slow Fox tanzen. Das untenstehende Bild ist klar: Ausgelassener Dance zu Rockmusik.

PS. Vielleicht winken die beiden Bäume im Cover auch nur zum Abschied, weil sie - wenn der Pegel des Krong Buk Ha in der Regenzeit steigt - bald wieder für ein paar Wochen gänzlich im Wasser verschwinden.

Mehr zum Thema im Blog Faszination Vietnam:

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Mai
22

Schmetterlingskinder

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Schmetterlinge gehören nicht gerade zu meinen Kernthemen. Es sind mehr die Formen und Farben, die faszinieren und sie fliegen hier teilweise zu Abertausenden umher. Nach dem heutigen Foto (im Cover) wollte ich doch etwas mehr über Schmetterlinge erfahren. Dabei bin auf eine traurige (vietnamesische) Geschichte gestossen (erschienen im Stern vom 9. Dezember 2015)

In kaum einem anderen asiatischen Land werden so viele weibliche Föten abgetrieben, wie in Vietnam. Traurig! Und Forscher warnen vor einem Männerüberschuss und den Folgen für die Gesellschaft. Doch was hat das mit den Schmetterlingen zu tun?

Die Abtreibung nach Geschlecht ist in Vietnam illegal. Ärzte und Pfleger dürfen das Geschlecht eines Kindes nicht nennen, solange die Frau noch legal abtreiben darf. Deshalb sprechen sie von einem «Vogel», wenn es ein Junge wird, und reden von Schmetterlingen, wenn sie Mädchen meinen.

Mai
19

Regenzeit – Donnergrollen!

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Erstmals erlebe ich nun im zentralen Hochland von Vietnam den Start der Regenzeit. Tagsüber ist es heiss (an die 35 Grad Celsius, auch in der Nacht ist es angenehm warm).

Irgendwann am Nachmittag verwandeln sich am Horizont die Cumulus-Wolken in bedrohlich schwarzen Dinger, die langsam aber stetig auf uns zukommen. Der Wind nimmt zu. Die Menschen beginnen Häuser zu verschliessen, bewegliche Sachen festzuzurren, eine neue Wasserrinne zu ziehen. Plachen werden überprüft und nachgespannt.

Von weit her rollt tiefes Donnergrollen über den See. Blitze zucken nieder. So muss sich Krieg anhören! Die schwarzgraue Wand voller Energie, Sturm, Blitze und Regen zieht am anderen Ufer vorüber. Dreht ab. Der Wind nimmt nochmals an Stärke zu. Was jetzt nicht festgezurrt ist, fliegt durch die Gegend.

Die Boote sind vertäut. Eines ist beim letzten grossen Regen gesunken.

Bedrohlich kommt die schwarze Wand auf uns zu.

Dann: Trommelschläge auf dem Blechdach. Zuerst vereinzelt, kurze Zeit später immer mehr. Immer lauter. Es hört sich an als würde man in einer Snare drum sitzen.

Dann hämmert der Monsun mit seiner ganzen Wucht auf das Dach. So viel Wasser habe ich noch nie vom Himmel kommen sehen. Ich renne zum Fenster, schaue hinaus. Innert Minuten steht der Garten unter Wasser, die Strasse ein Sturzbach. Der orkanartige Wind treibt vom See her das Wasser in jede Ritze. Billardtisch, Bar und Küche sind derzeit nicht zu gebrauchen. Alles haben wir abgedeckt, sitzen im Haus und warten bis der Spuk vorbei ist.

Ein paar Minuten später entstand das Coverbild. Der Monsun zieht weiter. Alles ist ruhig. Kein Lüftchen zu spüren. Die Natur und ich danken: Heute muss ich den Garten nicht bewässern!

Eine kleine Ergänzung für alle am Walensee Lebende: Gegen einen solchen Monsunregen ist ein starkes Sommergewitter wie eine laue Freifluftdusche.

Mai
17

Zu viel der Worte

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Schweig! - Sei ruhig. Schau mich an.

Gefangen im Netz der Gefühle steige ich auf aus dem Nichts, und wenn meine Zeit gekommen ist, dann verschwinde ich wieder.

Siehe auch: "Es gibt noch viel zu entdecken"

Mai
16

Von Palmen, die Bus fahren

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Gestern haben wir ein ganz spezielles «Geschenk» im 6 Kilometer entfernten Ea Phe abgeholt. Hiep’s Bruder hat uns zwei Kokosnuss-Palmen versprochen, die es hier nicht gibt. Er hat sie in den Bergen, im gut 100 Kilometer entfernten Eah Leo organisiert.

Da ich Überraschungen mag, habe ich mich im Vorfeld nicht mit dieser Pflanze oder deren Grösse bei der Anlieferung auseinandergesetzt. Doch was wir dann im Fond des Personenbusses vorfanden, liess mich staunen. Zwei Holzträmmel (im Bild oben), beide an die 100 Kilogramm schwer. Sonst nichts.

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Hai, der Sohn unseres Nachbarn, packt die Kokosnusspalmen ein.

In einem waghalsigen Motorradtransport brachte Hai, der Sohn unseres Nachbarn, die beiden guten Stücke zum Swiss House by the Lake, wo wir sie nicht in Erde, sondern in Sandlöcher einpflanzten. Zum Schluss wurden sie in Kokuspalmenblätter eingepackt und bewässert.

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Jetzt gilt es einen Monat zu warten, bis die Holzträmmel neue Triebe hervorbringen. Dann werden sie wieder ausgepackt und in ein, zwei Jahren werden sie uns mit Kokosnüssen erfreuen.

Apr.
26

Arbeitsplatz 2.0

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Darf ich vorstellen? Mein Arbeitsplatz 2.0, dort hinten im Schatten des Kokosnuss-Sonnenschirms. Alles vorhanden: Strom, WLan, Musik und Inspiration. Aber sorry: Ich arbeite jetzt wieder weiter.

Apr.
21

Eine Runde schaffen wir noch!

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«Der Fahrstuhl nach oben ist besetzt, sie müssen warten. Sie können zum Weg nach oben jetzt erst später starten.»

Diese Zeilen gingen mir durch den Kopf, als ich das ausgediente Riesenrad nahe Buon Ma Thuot zum ersten Mal sah. Kürzlich bin ich hingefahren, ums es zu fotografieren.

Im Internet fand ich dann einen Kommentar zu diesem Lied des Hazy Osterwald Sextetts. «Monster xron 12» schreibt: «Echt cooles Lied, mein Opa tanzt jedes Mal, wenn er es hört».

Wir haben das Lied als Kinder im Auto gesungen. Das war vor über 50 Jahren und die Zeilen sind immer noch da. Ist schon erstaunlich, wie unser Gehirn funktioniert. Leider nicht immer.

Aber die Geschichte mit dem verrosteten, ausrangierten, dem Verfall geweihten Riesenrad geht weiter.

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Bei genauerem Betrachten fällt auf, die oberste Gondel hängt schief. Obwohl sie festgerostet ist wie alle anderen auch, bringt sie Bewegung, Leben in dieses sonst traurige Bild eines trostlosen, einsamen Untergangs. Fast so als wollte sie die anderen motivieren: «Los macht schon! Eine Runde schaffen wir noch.»

Dazu hat es dann doch nicht gereicht. Aufgegeben aber hat die Gondel bis heute nicht. Chapeau!

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Apr.
17

Schreibzeit

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Die grössten und wichtigsten Arbeiten rund um den Hausbau sind erledigt, die Arbeiter nach Hause gegangen, wieder auf ihren Feldern oder bauen neue Häuser. - Und bei uns ist für’s Erste etwas Ruhe eingekehrt. Erstmals seit ich hier bin, finde ich erfüllende Zeit zum Schreiben und Fotografieren.

Sanft streicht der Wind durch die Bäume und über den See. Die meiste Zeit kann ich draussen Arbeiten, meinen Gedanken nachhängen. Unter dem Bambus-Sonnenschirm herrscht auch bei grosser Hitze ein angenehmes Klima.

Eine Vietnamesin mit dem typischen, trichterförmigen Stroh-Hut, Gesicht, Körper und Hände gegen die Sonne fest eingepackt, geht mit einer Krätze aus Bambus auf dem Rücken dem Ufer entlang. Sie geht langsam, aber stolz, lacht, winkt, geht weiter.

Ein romantisches Bild, könnte man meinen. Doch wenn man näher hinsieht: Die Kleider schmutzig, zerlumpt, die Krätze alt, überall geflickt, mit Plastik, mit Draht oder Schnur. Was halt gerade so da war.

Viel mehr als die Augen kann ich von ihrem Gesicht nicht erkennen. Sie liegen tief in den ausgemergelten Höhlen. Ich schätze ihr Alter auf etwa 50 Jahre. Sie ist dürr, spindeldürr, bückt sich immer wieder und hebt Abfall auf.

Sie schaut genau. Begutachtet, wägt ab. Dann kommt das Fundstück entweder in einen kleinen Plastiksack, der an ihrer Seite baumelt, oder sie wirft es wieder auf den Boden.

Nochmals schaut sie zu mir, lacht wieder, winkt ein weiters Mal und verschwindet dann hinter den Bäumen.

Break!

Schweizer mögen den Abfall nicht. Auch im Ausland, auch in der Fremde muss immer alles «clean», fleckenlos und ordentlich sein. Deshalb habe ich vor Kurzem mit zwei Arbeitern das kleine Stück Ufer vor dem Swiss House by the Lake gesäubert und massenhaft den zusammengerafften Müll verbrannt (siehe Blog Strandräumtag).

Doch ab wann ist Müll Müll? Wer definiert eigentlich den Abfall? Habe ich der Frau etwas von ihrem Einkommen verbrannt, nur damit mein Wunsch nach Makellosigkeit erfüllt wird? Und wie ist das jetzt mit der Integration?

Im Cover: Swisshouse by the Lake: ein weiterer Sonnentag kündet sich an.

Apr.
14

Es gibt noch viel zu entdecken

Der Krong Buk Ha See speichert das Wasser für die Bewässerung der Landwirtschaft im Bezirk Krong Pak (11’800 ha Ackerland werden bewässert) und der See liefert Wasser für 60’000 Menschen. Jetzt in der Trockenperiode geht sein Pegelstand Tag für Tag spür- und sichtbar zurück. Gemäss Wikipedia sinkt der Pegel um rund 15 Meter. Der tiefe Wasserstand bringt da und dort herrliche Formen ans Tageslicht. Bin bespannt, was es noch alles zu entdecken gilt.

Für Fahrten in Unfernähe ist - für mich als Krong-Buk-Ha-Neuling - deshalb besondere Vorsicht angesagt.

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Der Weg zum unserem kleinen Hafen wird immer länger.

März
25

Tag der Ruhe und der Reflexion

Noch ist die Teichumgebung nicht fertig, der Aussensitzplatz (natürlich mit Bambus-Tisch und -Sonnenschutz) konnten wir aber gerade rechtzeitig für die erste angemeldete Party fertigstellen.

Spontan, wie es vielfach in Vietnam zu und her geht, meldete sich Hieps Nichte mit ihren 14 Oppo-Shop-Mitarbeitern zur Party. Hiep liebt es für Gäste zu kochen, wohl deshalb wurde es ein Erfolg. Dies zeigt auch deren Eintrag in unserem Swiss House by the Lake Gästebuch (Guestbook 2018)

Heute kann ich mal wieder etwas die Ruhe geniessen. Es ist Sonntag - und auch wenn hier in Vietnam am Sonntag normal gearbeitet wird habe ich mir vorgenommen, immer mal wieder Tage der Ruhe und der Reflexion einzulegen.

März
20

Strandsäuberungs-Tag mit (Freuden-)Feuer

Ich sag's mal so: Die Vietnamesen haben ein anderes Abfall-Entsorgungs-Verständnis. So verkommen gewisse Uferabschnitte zu Plastikmüllhalden, dies obwohl das Entsorgen von Abfall am See eigentlich verboten ist. Überall hat es Schilder mit der Aufschrift «CAM DO RAC», Abfall-Entsorgen verboten!

So auch beim Strandabschnitt vor unserem Haus. Seid wir hier leben hat zwar niemand mehr Abfall am Strand entsorgt, aber die Spuren der Vergangenheit - weil an das «CAM DO RAC» hält sich kaum jemand - waren bis vor kurzem gut sichtbar.

Mich stört dieser Plastikmüll. Deshalb habe ich zwei Arbeiter engagiert und wir haben den Strandabschnitt vor dem Swiss House by the Lake gesäubert. Mir oblag es, den Plastikmüll zusammenzutragen, die beiden Arbeiter zersägten Schwemmholz, kleinere Bäume und schnitten die Büsche.

Zum Abschluss dann das grosse (Freuden-)Feuer (im Cover). Sie freuten sich über den Lohn und ich mich über den gesäuberten Strandabschnitt.

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Schwemmholz und Palstikmüll.

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Ist ganz schön was zusammengekommen.

März
15

Wahnsinn, was die Natur hervorbringt!

Heute hat es seit gut einen Monat mal wieder gerregnet. Und nicht nur die Menschen suchen Schutz vor dem Wasser - auch Tiere. Diese Gottesanbeterin (im Cover) ist mir in die Quere gekommen, als sie vor dem Regen Schutz unter unserem Vordach suchte.

Ich erschrak, weil sich vor mir - ein vermeintlich kleiner Ast - plötzlich ruckartig bewegte.

Hiep sei dank, sie klärte mich auf.DSC00752 900

März
11

Ladies-Day im Swiss House by the Lake

Heute war Frauentag im Swiss House by the Lake. Die Frauen aus der Nachbarschaft statteten uns einen Besuch ab. Natürlich wollten sie auch das Haus und den Bambus-Bungalow besichtigen.

Was mich immer wieder erstaunt: Wie viel gelacht wird! Es war - auch wenn ich nicht sehr viel verstand und Hiep wenig Zeit zum Übersetzen fand - ein fröhlicher, ein lebensfroher Nachmittag.

Feb.
18

«Hey man» oder: ein Ende in der Restaurant-Küche

Wenn Europäer von Asien und Hunden reden, dann sind Wörter wie «Schlachtfest» oder «Tierquälerei» meist nicht weit. Und da nun das Jahr das Hundes angebrochen ist, ist es an der Zeit, mal eine Lanze für die Asiaten zu brechen, die Hunde als Nutztiere halten.

Mein Nachbar gehört dazu. Rund vier bis sechs Hunde sind sein Eigentum. Sie rennen frei herum, spielen und trollen sich, treffen Nachbars Hunde, streunen durch die Pfeffer- und Kaffeeplantagen, waten im seichten Seewasser oder liegen irgendwo im Schatten. Das ist die schöne Seite ihres Lebens. Davon träumt wohl mach verhätschelter und vermenschlichter Hund in Europas Stadtwohnungen. Doch wie alles hat auch das hiesige Hundeleben eine zweite Seite.

Erzogen werden die Hunde wohl mit rüden Methoden. Das zumindest lese ich aus ihrem Verhalten. Sie haben Angst, wenn man den Arm hebt, sie kommen den Menschen nicht zu nahe und sind äusserst schreckhaft. Und wenn sie gross genug sind, kommt ein Mann vorbei, kauft sie dem Nachbar ab und sie landen in einer Restaurant-Küche.

Die Hunde hier haben aber noch eine zweite Funktion oder besser gesagt, eine zweite Aufgabe: Plätze, wo Hunde sind, werden von Schlangen gemieden. So halten auch wir nun einen Hund. Er heisst «Hey man» und hat seinen Namen von Leonard Cohens Song «Amen».

Als der Hund sich mir das erste Mal vorsichtig näherte, ertönte «Amen» aus dem Bluetooth-Lautsprecher und Cohens «Amen» klang für mich wie «Hey man», der Name war geboren!

Ein paar Tage später haben wir «Hey man» dem Nachbar abgekauft und ihn damit vor dem Schicksal seiner Brüder, das schnelle Ende in einer Restaurant-Küche, bewahrt. Heute bewacht «Hey man» unser Grundstück, bewahrt uns vor ungebetenem Schlangenbesuch und geniesst ansonsten das Leben im Schatten. Und neue «Hundegspänli» hat er auch schon wieder. Der Nachbar hat wieder junge Hunde und die ziehen mit «Hey man» durch die Plantagen, spielen und trollen zusammen. Dies so lange bis sie gross genug sind, um in einer Restaurant-Küche ihr Ende zu finden. Ein so schlechtes Leben ist das nicht!

Und hier der Link zum Song «Amen» von Leonhard Cohen

Feb.
16

Tet im Tempel oder: Selfie-Day

Zum Neujahr ist der Tempelbesuch inklusive Fotodokumentation fast schon obligatorisch. Im Cover: Früh übt sich, wer ein Selfie-King werden will. Aber auch ich kann es nicht lassen und muss im Tempel von Krong Buk (übrigens ein sehr gepflegter) meine Bilder schiessen.

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Buddha von Krong Buk.

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Walter und Erika: Unsere ersten Bungalow-Gäste auf Tempeltour mit Hiep (im Bild unten) und mir.

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Foto-Day am Neujahrstag.

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Tam: Mönch im Tempel, der unser Haus segnete und am Tet Hiep unsere Zukunft las.

Feb.
10

Tet-Festivitäten im Anflug

Zum Jahresende - vom 15. bis 19. Februar feiern wir dieses Jahr Tet, das vietnamesiche Neujahr - treffen sich meine Nachbarn jeweils zu einer fröhlichen Zusammenkunft. Auch wir waren eingeladen. Zur Feier des Tages wurde ein Schwein geschlachtet und zusammen mit vielen anderen herrlich zubereiteten Köstlichkeiten verspiesen.

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Zu Beginn der Festivitäten werden Speisen und Getränke auf dem «Dorfplatz» gesegnet.

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Es folgt die Verschiebung zum Haus, in dessen Vorgarten die Party stattfindet.

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Alle helfen mit.

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Mit «Fachwissen» zerteilt Hiep das Schlachtgut.

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Ein Tisch voller Köstlichkeiten. Danke! Es war eine wunderbare Zusammenkunft. So geht Nachbarschaft!

Jan.
27

Impressionen oder: ein Geschenk der Natur

Die Abende auf der Terrasse im Swiss House by the Lake sind "grosses Kino". Das Spiel von sich verabschiedender Sonne, Wasserspiegelung, Wolken, Wind und Pflanzen fasziniert mich jeden Abend von neuem. In der PicTapas Galerie Swiss House by the Lake: Impressions werde ich fortlaufend die schönsten Bilder publizieren, die mir die Natur hier schenkt. 

Jan.
26

Nachtschicht oder: spannender Bambus

Bambus ist ein äusserst vielseitiges, gut zu bearbeitendes, stabiles und (für mich als Neuling) spannendes Material, das ich nah dies nah zu entdecken beginne. Als erstes baue ich unter gütiger Mithilfe von Hiep’s Bruder Trong eine Freiluft-Bambus-Dusche, dann ist noch ein runder Tisch mit Sonnenschirm geplant.

Doch zuerst muss der Bungalow fertiggestellt werden, damit die ersten Gäste auch termingerecht einziehen können. Dafür legen die Arbeiter auch mal eine Nachtschicht ein (im Cover). So bin ich zuversichtlich, dass wir den festgesetzten Termin auch werden einhalten können.

Jan.
24

Auf Kriegsfuss mit der Aufrichte-Feier

Es scheint, also ob ich beim Hausbau mit den Aufrichte-Festen auf Kriegsfuss stehen würde. Bei meinem ersten Haus im Grüebli in Quarten, da wusste ich gar nicht, dass der Bauherr eine Aufrichte-Feier ausrichtet. Als Ersatz habe ich dann zusammen mit Freunden das Dorffest Quarten organisiert.

Beim zweiten Haus, dem Swiss House by the Lake, in dem ich mittlerweile wohne, gab es keine Aufrichtefeier, weil ich gar nicht anwesend war und die Vietnamesen eine Feier dieser Art nicht kennen.

Doch jetzt, beim Bungalow, wollte ich sie alle überraschen und lud, als der Bambus-Dachstock montiert war, zum Aufrichte-Fest am Abend. Es kam dann aber doch anders, denn ein Arbeiter musste früher weg, die Kinder von der Schule holen, der andere hatte noch einen zweiten Job und der Dritte und Vierte waren nach drei Tagen Hochzeitsparty derart platt, dass sie lieber nach Hause krochen. So haben Hiep und ich alleine auf gute Gelingen angestossen und die Party auf später verschoben.

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Der Bambus-Bungalow im Rohbau.

Jan.
13

Ein Billardtisch kommt selten allein

Es geht Schlag auf Schlag im Swiss House by the Lake. Nach dem Boot ist nun auch der Billard-Tisch in Betrieb. Und wie das in Vietnam so geht, wen es geht, dann geht es ruck zuck. Will heissen: Vorgestern in Buon ma Thuot besichtigt und bestellt und am nächsten Tag steht der Tisch im Haus.

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Ein Billardtisch kommt selten allein. Zwei, die arbeiten und acht Zuschauer: Die Steinplatte wird montiert.

Jan.
12

Hiep und ihre Nähmaschine oder: ein kleiner Erfolg

Ich bin ja nun wirklich nicht der Schreiberling der schwülstigen, ausschweifenden, unzähmbaren Dichtung. Ich mag es klar, trocken, direkt, modern. «Sec», würde der Barkeeper sagen und lächeln. Also heben wir noch einen und dann: «Leinen los!»

Aber heute geht es weder um das neue Boot, noch um mich und schon gar nicht um die Bar auf der Terrasse. Heute geht es um Hiep und um eine Nähmaschine wie aus Grossmutters Zeiten.

Hiep, meine Partnerin, wünschte sich nämlich eine Nähmaschine. Also sagte ich: «Wir kaufen eine.»

Wir fuhren in die nahegelegene Stadt und fragten eine Bekannte, wo es Nähmaschinen zu kaufen gäbe? Sie empfahl uns ein Geschäft ganz in der Nähe.

Ausgestellt waren Modelle aus den Jahren, ich sag mal, um 1930, mit Fussbetrieb, und 1960, elektrisch betrieben. Andere gab es nicht. Ich steuerte sofort auf die 60er Modelle zu und sagte zu Hiep: «Etwas in der Art wird es wohl sein?»

Sie schaute mich verdutzt an und zeigte bestimmt auf die 30er Jahre Modelle. Nähmaschinen mit Fusspedal, grossem Antriebsrad und auf einem Nähtisch montiert. In der Schweiz sind diese Modelle vornehmlich im Brockenhaus oder im Antiquitätenhandel zu finden. Mit strahlenden Augen sagte sie: «So eine möchte ich.»

Ich schaute sie fassungslos und ungläubig an: «Nein! Nicht dieses alte Modell. Kauf dir eine gute, eine der neueren Maschinen. So teuer werden die ja wohl nicht sein.» Und ich dachte mir, auch die sehen noch alt genug aus.

Doch jetzt ging die Diskussion los. Ich beharrte auf neu, - äh ja - ein bisschen modern und «das können wir uns leisten», aber Hiep blieb standfest. Sie wollte das alte, fussbetriebene Tisch-Modell.

Einen kleinen Erfolg konnte ich dann doch noch feiern: Die Nähmaschine wurde um einen Elektroantrieb erweitert.

Heute schnurrt die «Sinco», die mich immer noch an Grossmutters Zeiten erinnert, fröhlich in unserem Haus. Übrigens: Maschine samt Tisch haben wir mit dem Roller transportiert.

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Hieps Zugeständnis an die Moderne: Elektromotor und Gummiantrieb.

Jan.
11

Das Boot ist da

Fast einen Monat hat es gedauert, doch jetzt ist mein Boot fertig. Mein bootsbauender Nachbar hat es mir gestern übergeben, heute dann meine erste morgendliche Ausfahrt. Und wie Figura (im Cover) zeigt: nicht ohne Stolz kehre ich in den «Heimathafen» zurück.

Meine Fussruderbewegung lässt noch etwas an Eleganz missen, ab und an macht sich ein Ruder selbstständig, aber ich komme vorwärts und nun habe ich ja das eigene Boot zum Üben.

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Was für ein Erlebnis morgens um sechs in der Stille der Natur! Meine erste morgendliche Ausfahrt auf dem Krong Buk Ha. 

Jan.
03

Der Tropen-Neuling oder: Es blüht auf der Baustelle

Noch ist das Swiss House by the Lake eine Baustelle (im Cover), aber mit dem neuen Jahr haben wir mit der Gartengestaltung begonnen. Und siehe da: Schon findet mein Objektiv herrliche Blüten. Zum Beispiel, Hibiscus, den Hiep noch im alten Jahr gepflanzt hat. Es ist erstaunlich, wie wenig es braucht, dass die Pflanzen hier gedeihen.

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Nun, ich bin Tropen-Neuling und für die groben Sachen zuständig: Plätze, Wege, Teich und Palmen. Hiep hat den grünen Daumen und heute schon das erste Gemüse geerntet.

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Jan.
01

Chuc Mung Nam Moi – Happy New Year

Zum Jahresabschluss luden wir die Nachbarn zu einer kleinen Party auf die Terrasse (im Cover). Das Wetter war eher kalt, regnerisch und windig. Überhaupt waren die letzten Tage dieses Jahres viel zu nass. Doch rechtzeitig mit dem neuen Jahr meldet sich die Sonne zurück.

Der Neujahrstag ist zwar auch hier ein Feiertag, aber richtig gefeiert wird dann am Tét (vietnamesisches Neujahr), in diesem Jahr vom 16. bis zum 18. Februar.

Über Tét habe ich im letzten Jahr schon einiges geschrieben:

Dez.
26

Mein Nachbar, der Bootsbauer

Heute ist ein trüber Tag. Ein Ausläufer das Tropenstrums Tembin, der am Montag das Mekong Delta heimnsuchte, bringt Wind und Regenschauer. Zeit, um beim Nachbarn vorbeizuschauen. Neben der Arbeit auf seinem kleinen Bauernbetrieb (Ziegen, Pfeffer und Bananen) betätigt er sich als Bootsbauer. Derzeit baut er mein Boot. Ein Ruderboot auf dem vier bis fünf Personen Platz finden werden. Gerudert wird mit den Füssen (siehe dazu «Ist das Rudern oder Wasserbiken?»). Wir trinken Tee und er erklärt ausführlich und sichtlich stolz, was es am Boot noch alles zu tun gibt.

Im Cover: Nachbar und Bootsbauer Sinh und seine Frau Thuy.


Dez.
23

Cam on! – Thank you! – Danke! oder: Fröhliche Weihnachten

Bei so einem Hausbau gibt es für den Bauherrn immer viel zu motzen; darin bin ich gar nicht so schlecht! Deshalb ist es jetzt aber wirklich an der Zeit, allen, die am Swiss House by the Lake mitgearbeitet haben, zu danken: «Cam on – Thank you – Danke» (siehe dazu die PicTapas-Galerie «Swiss House by the Lake: Portraits of workers»

Das Haus ist einfach, aber traumhaft geworden. Von nun an liegt es an Hiep und mir, «dieses Paradies» auszugestalten, Verbesserungen anzubringen, in die Umgebung einzubetten und vor allem Instand zu halten.

Und wenn ich schon am Danke sagen bin, dann möchte ich auch allen danken, die den Blog «Faszination Vietnam» verfolgen, mitlesen und sich mit Rückmeldungen aktiv beteiligen. Ich werde auch im neuen Jahr versuchen, mein Leben in eure Stuben zu bringen. Ein Leben, das gefüllt ist mit Überraschungen und viel Neuem, vor allem aber mit vielen, vielen lieben und hilfsbereiten Menschen hier in Vietnam, in der Schweiz und wo auch sonst noch sich alle meine Freunde und alle Leserinnen und Leser (es sind mittlerweile über 500) aufhalten: «Thank you! Merry Christmas & Happy New Year!»

Dez.
23

So nicht! Oder das unzersägte Stück

Was die Vietnamesen alles auf ihren Motorrädern transportieren, kennt man mittlerweile von vielen Bildern aus dem Internet, passt, wie wir sagen, «auf keine Kuhhaut» und ist zum Teil «sacke gefährlich». Auch sonst wird hier, zum Beispiel beim Bauen, viel geboten, was weit über unserem GefahrenSicherheitsverständnis liegt. Die Grenzen sind verschoben. Vieles, was aus meiner Sicht in der Schweiz sicherheitstechnisch übertrieben wird (alles ist überreglementiert), wird hier ohne jegliche Sicherung und immer in Badelatschen durchgeführt.

Ich habe schnell festgestellt, manches muss akzeptiert, anderes aber deutlich abgelehnt werden. Ich muss meine Grenzen klar definieren. Dies ist nicht immer ganz einfach, auch der sprachlichen Barriere wegen. Deshalb muss ich mir – insbesondere auch beim Hausbau - immer wieder folgende Fragen stellen: Bis wohin gehe ich? Was lasse ich zu? Was kann ich verantworten? Wo sage ich, nein! So nicht!

Ein Beispiel (von vielen): Auf unserem Land mussten viele Bäume gefällt werden. Dafür habe ich eine Ketten-Motorsäge gekauft. Nicht irgendein vietnamesisches oder chinesisches Nachahmer-Produkt, nein. Ich wollte eine Stihl.

Die schnurrt und sägt, dass es eine Freude ist. Der Nachteil: Jeder Vietnamese, der die Säge sieht, will sie in die Hand nehmen, einmal schnurren lassen und am liebsten auch gleich noch ausprobieren, wie das «teure Teil» denn seinen Dienst verrichtet. Holz liegt genug herum. Da sage ich einfach, klar und mit Nachdruck: Nein! Denn das ist kein Spielzeug, das man nur einfach mal zum Spass anwirft.

Auch bei gewissen Transportproblemen sage ich: «Nein!, das transportiere ich nicht!» Ich lasse liefern. Meine Freunde verstehen das dann vielfach nicht, weil es Geld kostet, und meine Erklärungen verhallen im luftleeren Raum, entschwinden, als wären sie nie gesagt. Aber das Teil, zum Beispiel ein Tisch mit Stühlen oder eine grosse, eine wirklich grosse Kiste mit Blumen, wird angeliefert.

Die fünf Arbeiter, die kürzlich den FTC Highway Nr. 1 betoniert hatten, entdeckten in einer Kaffeepause einen Baumstrunk und fragten, ob sie den haben und mit der Stihl zersägen könnten. Sie wollten Schneidebretter machen, das Holz würde sich dafür eignen. Ich willigte ein und sofort behändigten sie die Motorsäge. Sie schnitten rund fünf Zentimeter dicke Stücke bis eines übrig blieb. Dieses war auf einer Seite leicht schräg und an der dicksten Stelle gegen zwölf Zentimeter breit.

Schon hielt einer das Holzstück in der Hand und der andere wollte eben die Motorsäge ansetzen als ich schrie: «No!»

Sie hielten erstaunt inne und schauten mich fragend an. Ich wieder holte nochmals No, nahm ihnen die Motorsäge weg und rief Hiep.

Sie erklärte ihnen, dass ich nicht will, dass sie ein derart schmales Stück Holz von Hand, ohne Halterung mit der Kettensäge zerkleinern würden. Sie schauten mich verständnislos an, aber das letzte Stück blieb unzersägt und alle Hände ganz.

Dez.
21

Winter am Krong Buk Ha oder: Die letzte Anlage vor fünf Jahren?

Ein kleine (Vietnam)-Geschichte (etwas weiter unten): Seit rund fünf Tagen hat auch bei uns der Winter (die kältere Jahreszeit) Einzug gehalten. In der Nacht sinkt das Thermometer schon mal gegen 12 Grad Celsius. In den Häusern gibt es keine Heizung. Eine Baumwolljacke, wärmende Trainerhosen und die Badelatschen mit geschlossenen Schuhen tauschen. Das bietet Behaglichkeit.

Auch die Einheimischen sieht man in Winterjacken und wärmespenden Mützen, aber das Schuhwerk bleibt bei vielen wie immer: Badelatschen. Tagsüber bewegen sich die Temperaturen im Bereich zwischen 21 bis 26 Grad. Der Himmel ist bewölkt, die Sonne zeigt sich nur selten.

Heute fliesst kein Strom. Seit etwa 6 Uhr morgens ist er ausgefallen. Warmwasser zum Duschen gewinnen wir mit Sonnenenergie. Da kann es, wenn einen Tag lang die Sonne ausbleibt, schon mal eng werden. In der Küche ist das kein Problem, wir kochen mit Gas und können so immer Wasser heiss machen.

Im Bungalow werde ich einen Durchlauferhitzer installieren. So ist das Warmwasser im Bungalow von der Sonne unabhängig, aber für Stromausfall anfällig. Vielleicht muss ich mir doch noch einen Stromgenerator anschaffen.

Hierzu eine kleine (Vietnam)-Geschichte: Eigentlich wollte ich für die Warmwasseraufbereitung auch im Haus einen Durchlauferhitzer. Doch im Verkaufsgeschäft riet man mir zu Sonnenenergie. Ich liess mich überreden, aber nur unter der Bedingung, dass dieses System, wenn die Sonne ausbleibt, die Warmwassererzeugung auch mit Strom ermöglicht.

«Das ist kein Problem,» sagte der Verkäufer und sprach von einer Art elektrisch betriebenem Tauchsieder, der sich automatisch einschaltet, wenn die Warmwassertemperatur unter einen gewissen Wert sinkt und die Sonnenenergie ausbleibt. Er werde alles installieren. «Ist im Preis inbegriffen.» Also kaufte ich die 120-Liter-Warmwasser-Sonnenenergie-Anlage.

Als dann die Anlage installiert war (zwei von drei Mischbatterien sind falsch angeschlossen (bei «C» kommt heisses, bei «H» kaltes Wasser)), sah ich kein Stromkabel, das zur Warmwasseranlage führte. Wir fragten beim Händler/Installateur nach und er sagte, er würde jemanden vorbeischicken.

Ein Monteur des Herstellers kam, einen grossen Tauchsieder in den Händen und stieg aufs Dach. Es dauerte nicht lange und wild gestikulierend stellte er sich vor uns auf. Der langen Worte kurzer Sinn: Bei dieser Warmwasseranlage ist die Installation einer elektrischen Erwärmung wegen elektrischen Sicherheitsproblemen nicht möglich!

Einige Vietnamesen - hier sind irgendwie immer alle Nachbarn gleich vor Ort, wenn ein Problem ansteht und reden mit. Dabei werde ich jeweils das Gefühl nicht los, jeder kann alles. Wenn man später aber das Resultat sieht, wird man eines Besseren belehrt.

Also, einige Vietnamesen anerboten sich gestenreich, den Tauchsieder zu installieren. Doch für mich war klar: Ein Gebastel lasse ich in diesem Bereich nicht zu. Ebenso bei meiner FTC Z1000 Kawasaki. Da kommen nur Fachleute ran.

Wir gingen zum Händler der Warmwasseranlage und forderten ein Teil des Geldes zurück. Der meinte lapidar: Als er das System vor fünf Jahren verkauft hätte, hätte der Tauchsieder gepasst.

Ich fragte so für mich und musste ein wenig schmunzeln: Dann hatte er die letzte dual betriebene Anlage also vor fünf Jahren verkauft?

Zudem, sagte er weiter, der Tauchsieder sei im Preis, den ich bezahlte hätte, nicht inbegriffen, nur die Arbeit. Damit war für ihn die Sache gegessen. Für mich auch: In diesem Laden wird nichts mehr eingekauft.

Doch zurück in den Winter, mittlerweile ist es Abend: Keine Sonne, kein Warmwasser. Für meine abendliche Dusche koche ich mir welches. Als dann das lauwarme Wasser über mich träufelt und die letzten Reste des Duschgels im Abfluss verschwinden denke ich: Auch wenn meine Warmwasseranlage dual funktioniert hätte: Heute wären die Wasserleitungen so oder so kalt geblieben. Vielleicht hat er deshalb seit fünf Jahren keine Anlage mehr mit Stromunterstützung verkauft.

Im Cover: Das Wassersystem im Swiss House by the Lake

Dez.
18

Wir bauen uns einen Highway

Derzeit wird die Zufahrtsstrasse zum Haus betoniert, damit ich mit meiner FTC Z1000 Kawasaki problemlos zum Haus fahren kann. Wegen der Regenzeit wäre dies auf der holprigen und rutschigen Naturstrasse, die mehr an einen Wildbach als an eine Strasse erinnert, nicht immer möglich. (Im Cover: Unser Maurer ist auch ein Strassenbauer.)

Da es unsere erste Strasse ist, die wir bauen, und es sich um eine öffentliche Strasse handelt (also ein Highway, der von den Kaffeebauern, die ihre Plantagen nur mit dem Boot erreichen, genutzt wird, nennen wir sie «FTC Highway Nr. 1»

house by the lake 1 53Mit Blick auf den Krong Buk Ha See: Mein neues Office.

Dez.
07

Meine erste Blüte

Hätte ich vor einem Jahr einen Text mit diesem Titel versehen, dann hätte ich eine Geschichte über gedruckte Blüten, sprich Falschgeld geschrieben. Doch heute ist vieles anders als vor einem Jahr. Und zwar so was von anders! Auch bei den Blüten.

Zum Baustart haben wir uns zwei Coconut-Palmen gepflanzt. Vor ein paar Tagen wollte ich deren Umgebung vom Unkraut befreien, aber da war eine Pflanze, die konnte ich nicht einfach ausreissen.

Und heute dann die Überraschung: meine erste Blüte. Sie ist ein Zufallsprodukt, aber wunderschön und wächst wild in unserem Garten. Ihr Name: Hoa Chuôi (Banana Flower oder Heliconia psittacorum).

In Wikipedia heisst es dazu: Heliconia psittacorum (Papageienschnabel, Sittichblume, Papageienblüte, Papageienwegerich, Falscher Paradiesvogel) ist ein mehrjähriges Kraut, das in der Karibik und in Südamerika heimisch ist. Es gilt als gebürtig in Französisch-Guayana, Guyana, Suriname, Venezuela, Kolumbien, Bolivien, Brasilien, Paraguay, Panama und Trinidad & Tobago. Berichten zufolge wird es in Gambia, Thailand, Puerto Rico, Hispaniola, Jamaika und den Kleinen Antillen eingebürgert. Sie wird oft als tropische Zierpflanze in Regionen ausserhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes angebaut.

Dez.
05

Unser Black Friday – es geht auch ohne shoppen

Eine Geschichte über Armut, Umzug, Black Friday und das Depot für Gasflaschen. (Im Cover: Kurz vor dem Umzug von Nha Trang nach Krong Buk (Dak Lak). Alles ist bereit.)

Die Schlacht um Rabatte hat auch das (noch kommunistische) Vietnam erreicht. Black Friday da, Black Friday dort. Es heisst ja schon das ganze Jahr über «sale». Doch der Black Friday ist für mich der derzeitige Gipfel eines degenerierten Konsumverhaltens.

Um das neuste Handy als erste zu ergattern, schlafen Menschen im Freien. Für ein paar Prozente stürmen sie Regale, liefern sich Schlachten und benehmen sich wie Tiere kurz vor dem Verhungern. Medien geben Tipps, wie sich Herr und Frau Shopper am besten durch den Black Friday schlagen und am Ende geht es nur um eines: Geiz ist geil und Kohle machen!

Dieses Kaufverhalten ist degeneriert. Denn es wird geschoppt, was nicht wirklich benötigt wird. Es wird gekauft, was billig ist, weil es billig ist, und weil man meint, jetzt sich etwas leisten zu können, etwas Luxus zum Billigpreis zu ergattern (aber dann ist es ja kein Luxus mehr).

Doch so sehr mir dieses Konsumverhalten wiederstrebt, kürzlich hatten wir unseren Black Friday: Freitagabend, Hiep und ich bereiteten den Umzug vor, packen ein und werfen fort. Am Ende steht ein Berg Abfall, den wir vor die Türe stellen. Es dauert nicht lang, die ersten Nachbarn kommen und durchsuchen den Abfall. Der eine nimmt das, der andere dies. Black Friday eben.

Dann kommt eine Frau und frag, ob wir den Sonnenschirm auch wegwerfen würden.

Ich sage: «Nein, den brauchen wir noch.»

Daraufhin spricht die Frau mit Hiep. Sie erklärt mir dann, dass diese Frau im Sturm, der kürzlich durch Nha Trang gefegt ist, fast alles verloren hat. Wir geben ihr den Schirm.

Weitere ärmlich gekleidete Personen kommen vorbei. Fragen, ob wir dies oder jenes entbehren könnten. Viele habe so viel verloren und wir geben zwei Klapptische, ein paar Stühle, einen grossen Kochtopf und Suppenschüsseln.

Auch die alte Gaskochplatte will ich verschenken. Doch Hiep meinte, das bringt nichts, diese Familien können sich das Depot für die Gasflaschen nicht leisten. Da wir zwei Flaschen haben, gebe ich eben eine mit. Und ich hätte gerne noch mehr gegeben, aber auch ein Black Friday hat sein Ende.

Dez.
02

Rainy Day am Krong Buk Ha See

Im Cover: Bevor der Tropenregen kommt - ein Panorama vom Krong Buk Ha See. In der Folge ein paar Impressionen, die es nicht in die PicTapas-Galerie geschafft haben.

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Nach 12 Stunden Dauer-Tropen-Regen gleicht die Zufahrtsstrasse zum Swiss House by the Lake mehr einem Bach denn einer Strasse. Deshalb werden wir sie später mit Betonplatten auch für meine Z1000 FTC befahrbar machen.

house by the lake 1 37Die Fischer müssen trotzdem raus. Zum Glück ist es rund 22 Grad warm.

house by the lake 1 39Auch bei Regen ein Genuss: Pause auf der Terrasse.

Nov.
30

Ist das Rudern oder Wasserbiken?

Zum Swiss House by the Lake gehört später natürlich auch ein Boot. Von einem Motorboot haben mir die Fischer abgeraten, da überall im See Stromkabel im Wasser hängen. Und wer diese nicht kennt, schnell mal eines kappt. Also muss ein Ruderboot her. Doch hier wird mit den Füssen gerudert. Da stellt sich die Frage: Spricht man dann überhaupt noch von Rudern?

In Wikipedia heisst es zum Rudern: Der Ausdruck bezeichnet allgemein die Fortbewegung eines Wasserfahrzeuges durch menschliche Kraft mittels Riemen oder Skulls. Beim Skullen hält ein Ruderer in jeder Hand jeweils ein Ruder: das sogenannte Skull. Beim Riemenrudern hingegen hält der Ruderer ein Ruder, den Riemen, mit beiden Händen.

Also handelt es sich hier um Fuss-Skullen. Doch einfach ist das nicht. Die Ruder werden nicht mit Riemen mit den Füssen verbunden, sondern müssen mit den Zehen gehalten werden. Die Bewegung erinnert an Radfahren, aber Füsse und Beine finden nirgends, ausser wenn die Ruder im Wasser sind, Widerstand oder Führung. Zudem müssen die Ruder im Wasser senkrecht durch Druck mit den Fersen Widerstand suchen, um dann eher flach aus dem Wasser zu kommen. In der Rückwärtsbewegung sind dann die Zehen gefragt.

Heute hatte ich die erste Übungsstunde. Mein Nachbar hat sich anerboten, mir in den nächsten Tagen das Fussrudern beizubringen. Hoffentlich hat er genügend Geduld mit mir. Lustig fand er die erste Fahrstunde allemal, und mir als Biker gefällt diese Art von Rudern natürlich sowieso.

Im Cover: Immerhin! Die ersten Meter sind geschafft. Aber rhythmisch sieht das (noch) nicht aus.

Nov.
28

Spannungsgeladene erste Tage im Swiss House by the Lake

Ein Lastwagencrash, drei Tage Monsunregen, knöcheltiefer Schlamm, ein Haus ohne Fenster und Türen, aber mit einer Schlange - und dann war da doch noch was mit einem Skorpion und Karaoke. Aufregende erste Tage im Swiss House by the Lake.

Abgemacht war, bis zum 25. November bewacht unser Nachbar des Nachts die Baustelle. Danach ist er anderweitig beschäftigt und wir ziehen in das Swiss House by the Lake. Ebenfalls abgemacht war, dass das Haus dann – was mir ziemlich euphorisch vorkam – bezugsbereit sein würde. Also zügelten wir am 25. November mit Sack und Pack von Nha Trang nach Krong Buk.

Bei der Ankunft dann die Überraschung. Wo Fenster und Türen uns vor Wind, Regen und ungebetenen Gästen hätten schützen sollen sah ich nur nichts. Ich stand buchstäblich ratlos im Regen. Fragen und Unsicherheit stiegen bedrohlich hoch wie grosse, dunkle Sturmwolken. Hiep telefonierte. Dann die Erklärung: Der Lastwagen mit den Gläsern sei vor drei Tagen auf dem Weg von Saigon nach Phuc An verunfallt. Morgen würden neue Gläser geliefert. Leider hatte der Fensterbauer es nicht für notwendig erachtet, uns zu informieren. Ein Umstand, der mich ziemlich auf die Palme brachte. Was also nun tun?

Es regnete schon seit zwei Tagen. Wir waren von der dreistündigen Fahrt mit dem Motorrad völlig durchnässt. Ein Zurück gab es nicht mehr! Das Haus in Nha Trang war bereits weitervermietet. Wir mussten die Nachtwächteraufgaben übernehmen und der Lastwagen mit dem Umzugsgut rollte auch schon an.

Ausladen.

Danach dunkelte es schon ein. Der letzte der Zügelmänner entschwand, und Hiep und ich standen alleine in der Natur, in einem Haus ohne Fenster und Türen. Fröhlich umgarnte uns ein sanfter Luftzug, der durchs Haus zog. Die Sonne grüsste ein erstes und letztes Mal von der anderen Seeseite, dann tauchte der Nachbar auf. Er brachte einen seiner Hunde.

«Er wird das Haus bewachen und bellen, wenn draussen was vorfällt,» sagte er lachend und entschwand mit der Kopflampe im Dunkeln der Nacht. Wir machten uns daran, mit Kartonschachteln, Bettgestellen und was sonst so zur Verfügung stand, die Terrassen- und die grosse Eingangstüre zur verrammeln und die Fenster notdürftig abzudecken.

Zum Glück wird es hier nicht wirklich kalt. Auch eine Regennacht im November ist immer noch rund 20 Grad warm und so nächtigten wir - sozusagen wie unter freiem Himmel - ein erstes Mal in unserem neuen Haus. Wirklich romantisch, so wie ich mir das vorgestellt hatte, war diese Premiere nicht. Viel mehr kamen Bilder auf von Menschen, die der Unbill von Katastrohen und Kriegen ausgesetzt sind, die kalte Nächte in zerbombten Häusern, mit nichts als dem nackten Dasein überstehen müssen.

Die Frau unseres Nachbars brachte uns zwei Schüsseln Reis mit Gemüse und Fisch. Leider kann ich mit meiner lädierten Zunge weder Reis noch Fisch essen. Die Nachbarin lachte entschuldigend, als Hiep ihr das erklärte. Ich sagte aufgebracht und unfreundlich (weil enerviert über den Türen- und Fensterlieferanten), ich bräuchte heute nichts zu essen. Das alles hier würde mir auf den Magen schlagen. Ich würde ein paar Bier kippen und dann sicher einschlafen können. Eine halbe Stunde später kam die Nachbarin zurück. Immer noch lachend stellte sie einen Teller mit Rührei vor mich hin und bat mich doch zu essen.

Erst jetzt erkannte mein durch die Aufregung aufgewühlter, kleinmütiger Geist die grosse Hilfsbereitschaft der Nachbarn. Ich schämte mich, versuchte eine Entschuldigung, aber es blieb ein kläglicher Versuch.

Der zweite Tag im Swiss House by the Lake begann sonnig. Die Arbeiter kamen gutgelaunt, blieben aber nicht lange, da dunkle Wolken den nächsten Monsunregen ankündigten und ein Arbeiten im Freien nicht mehr sinnvoll ist. Mit Kies «bauten» wir uns eine provisorische Zufahrt durch den Schlamm, so dass wir das Motobike wenigstens unter Dach stellen konnten. Meine Kawasaki Z1000 FTC habe ich im Hotel parkiert. Es braucht ein paar regenfreie Tage, bis ich sie zum Haus fahren kann.

Während draussen der Regen auf das Blechdach trommelt und Schlamm und Morast sich in kleine Seen verwandeln, räumen wir drinnen die ersten Kartonkisten aus. Plötzlich schrecke ich zurück. Ich hatte hinter einer der Kisten eine Bewegung entdeckt und dann sah ich eine rund 30 Zentimeter lange, giftgrüne Schlange, die bedrohlich aufgerichtet auf mich zu züngelte. Sie hatte sich in der Ecke eingenistet. Zum Glück stolperte ich vor Schreck etwas rückwärts. Ich schrie: «A snake! A snake!» und blieb dann wie angewurzelt stehen.

Sofort eilte ein Arbeiter mit einem langen Stock herbei. Er stichelte auf die Schlange ein und trieb sie so aus dem Haus. Sie richtete sich immer wieder aggressiv gegen ihn gewandt auf. Schlussendlich gab sie auf und zog flach schlingernd davon.

Am Nachmittag des 27. November konnten wir wieder draussen an der provisorischen Zufahrt arbeiten und dies ganz normal in Badelatschen. Da zeigte ein Nachbar auf den grün bewachsenen Boden und meinte, ich solle aufpassen. Und was sah ich? Neben mir kroch ein kleiner schwarzer Skorpion. Mit einer kleinen Astgabel nahm er das Tier auf und warf es weit in die Natur hinaus.

Heute, da ich endlich Zeit finde, dies niederzuschreiben, bauen sie Fenster und Türen ein. Bereits kommen am Morgen die ersten Besucher (über den See) zum Kaffee und staunen ob dem schönen Haus. Aber auch sonst kommt immer mal jemand auf einen Schwatz vorbei und Hiep hat dann viel zu übersetzen. Zum Mittagessen sitzen wir mit allen Arbeitern auf der Terrasse und nach dem Essen gibt es eine Runde Karaoke.

Zum Schluss noch dies: Es ist bewunderswert mit welcher Ruhe Hiep das alles durchsteht und auch mich noch aushalten muss.

Im Cover: Nach dem Mittagessen Karaoke. Hinten am Mikrophon der singende Fensterbauer, vorne sein Arbeiter.



Nov.
20

Vietnamesische Gesundheitsfront oder: Mein Hausarzt in Vietnam?

Heute ein Bericht von der Gesundheitsfront. Oder ist es eine Krankengeschichte? Nein. Das ist es nicht, denn ich sehe den Vorfall positiv. Also erzähle ich von der vietnamesischen Gesundheitsfront.

Ein Abend wie viele in den letzten Tagen. Nach dem Tagwerk auf der Baustelle gehen Hiep und ich gegen 18 Uhr (es ist noch 25 Grad warm, aber schon dunkel) in einer kleinen Suppenküche Abendessen (andere Restaurants gibt es hier nicht).

Ich habe mich kaum richtig hingesetzt, übermannt mich ein stechender Schmerz in der rechten Bauchgegend. Jeder Atemzug schmerzt. Nach der Hälfte der Suppe ist an ein Weiteressen nicht mehr zu denken. Nicht mal das Bier rühre ich mehr an. Ich erkläre Hiep die Schmerzen und sie fragt ohne zu zögern die Suppenköchin nach dem nächsten Arzt.

Hier muss ich einfügen, dass wir unser Haus im Tây Nguyên (zu Deutsch dem zentralen Hochland) von Vietnam bauen. Es grenzt an Kambodscha und Laos. Zu ihm gehören die Provinzen Đắk Lắk, Đắk Nông, Gia Lai, Kon Tum und Lâm Đồng. Ein grosser Teil der Bevölkerung von Tây Nguyên besteht aus ethnischen Minderheiten, wie zum Beispiel Mường, Thái und Hoa (Chinesen). Es ist eine Region (Da Lat und Buon Ma Thuot ausgenommen) ohne grossen Tourismus, ländlich und sehr einfach. Viele kochen noch auf dem offenen Feuer, haben kein fliessendes Wasser in ihren Häusern. Sie sind Bauern, einfache Menschen, die ein, zwei Schweine, ein paar Hühner oder Ziegen, eine kleine Kaffee- und Pfefferplantage und einen Zweiachser besitzen. Aber alle sind sie herzlich und zuvorkommend.

«Der Arzt ist gleich da drüben», sagt die Wirtin lachend und zeigt auf ein Schild drei Häuser weiter. Hiep führt mich hin. Nach einer Arztpraxis sieht das nicht wirklich aus und Hiep sagt später: «Sauber war das da ja nicht gerade.» Doch dafür habe ich kein Auge.

Ich erkläre dem Arzt, der mich in seinem mehr oder weniger weissen Arztkittel lachend begutachtet, meine Schmerzen. Er versteht mich nicht, spricht kein Englisch. Hiep übersetzt. Ich lege mich auf den harten Schragen und ohne zu zögern beginnt er mit einer Ultraschalluntersuchung. Diese dauert nicht lange, danach steht die Diagnose fest und liegt in einem Computerausruck vor mir: Kleine Nierensteine.

Er verordnet mir sechs verschiedene Tabletten, die ersten sechs muss ich sofort einnehmen, die restlichen während dreier Tage und er legt mir nahe, tagsüber viel Wasser zu trinken. Es folgt noch ein Blutdruckcheck, dann werde ich bereits fast schmerzfrei und mit den Worten, ich solle mir keine Gedanken machen, und könne jederzeit wiederkommen, entlassen.

Die gesamte Konsultation inklusive Ultraschall dauerte rund eine halbe Stunde und kostete, Medikamente eingeschlossen – man höre und staune – rund 7 Franken (160'000 VND). Doch wichtiger als der Preis ist für mich die Tatsache, dass der Arzt mein Vertrauen gewonnen hat. Er war mir von Beginn an sympathisch, lachte und erklärte Hiep alles, was er machte. Ich habe das gute Gefühl, meinen Hausarzt in Vietnam gefunden zu haben.

Im Cover: Da Nierensteine bildmässig nicht wirklich sexy sind, ein Bild unserer Terrasse kurz vor der Fertigestellung.

Nov.
15

Das neue Office: schon bald bezugsbereit

Während die Bauarbeiter drinnen die Bodenplatten verlegen - der ganze Bau wird in Personalunion gemacht, will heissen: der Mauer ist auch Elektriker, Sanitär, Plattenleger usw.) kümmere ich mich darum, dass draussen der Urwald etwas zurückgeschnitten (oder zurückgebunden) wird, so dass wir später einen herrlichen Garten anlegen können (im Bild unten).

Im Cover: mein neues Offfice ist schon bald bezugsbereit.

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Nov.
13

Es geht vorwärts: Bildergalerie

Was kann den Bau-Fortschritt besser dokumentieren als eine Bilderserie? Nichts. Deshalb hier der Link zur Pictapas-Galerie House by the Lake 3: We are moving forward. Und dem geneigten Betrachter fällt auf: Es gibt immer mal was zu feiern.

Nov.
10

Kann-ich-da-jemals-wohnen?

Einige Tage ist es her, dass ich den Blog «Faszination Vietnam» bedient habe. Das liegt aber nicht daran, dass meine Faszination geschwunden ist. Im Gegenteil. Der Grund ist im Hausbau und in den damit verbundenen Wegstrecken (Nha Trang – Krong Buk) zu finden. Je nach Lust, Laune und Wetter pendle ich die rund 130 Kilometer mit dem Motorrad oder mit dem Bus. Hiep überwacht den Bau. Ich schaue in Nha Trang zum Rechten und muss als Bauherr auch immer mal wieder beim Hausbau ein- oder durchgreifen.

Dabei stelle ich fest, dass mir (als Schreibtischtäter) die Erfahrung auf und mit dem Bau gänzlich abgeht (gell Marco Cassani; er hat mein Haus in Quarten gebaut). Da es sich jetzt - aber was betone ich das? - um eine vietnamesische Baustelle handelt und niemand (ausser Hiep) englisch versteht oder spricht, potenziert sich mein Nichtwissen zum ultimativen Kann-ich-da-jemals-wohnen?

Heute weiss ich: Ja ich kann! Vietnamesische Bauarbeiter und ich haben ein paar konträre Ansichten und Einstellungen, aber am Ende des Disputs sitzen wir zusammen, trinken Bier, essen und lachen.

Im Cover: Emsiges Treiben auf der Baustelle für «Hiep and Peter's Swiss House by the Lake»

Okt.
20

«Rice-Field-Singletrail»-Tour

Die unmittelbare, aber auch die weitere Umgebung rund um den Ho Krong Buk Ha eignet sich vorzüglich für ausgedehnte Biketouren. Heute ist die «Rice-Field-Singletrail-Tour» angesagt.

Hiep klagt beim Frühstück über die Kälte, die heute herrscht. Ich lache sie aus. Es ist Regenzeit, 22 Grad und trocken. Also beste Bedingungen für eine House-Tour. Nachdem ich schon rund um den Ho Krong Buk Ha geradelt bin (war zeitweise eine ziemliche Schlamm- und Steine-Herausforderung) nun also die «Rice-Field-Singletrail-Tour» (im Cover die Abzweigung auf den Singletrail).

Hier in der Provinz Dak Lak regnet es in der Regenzeit fast jeden Tag ein bis zweimal oder auch mehr (im September ist mit dem meisten Niederschlag zu rechnen. Es fallen durchschnittlich 307 mm; im Oktober immerhin noch über 200 mm). Es gibt aber auch trockene Tage. Meistens geht der Monsunregenschauer ganz «süüferli» los und dann schüttet es wie aus tausend Kübeln; dagegen ist die Wellness-Power-Dusche in der Sauna ein laues Rinnsal.

Will heissen: In dieser Zeit immer einen Regenschutz dabei haben und lieber etwas früher als später einen schützenden Unterstand aufsuchen. Aber wie gesagt, herrliche Bedingungen: 22 Grad morgens um 7 Uhr und 27 Grad bei leichter Bewölkung um die Mittagszeit.

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Biker-Nahrung auf dem Weg zum Markt.

Die Tour führt zuerst ein paar Kilometer auf der vielbefahrenen Hauptstrasse QL26, die quer durch die Provinz Dak Lak führt, Richtung Süden. Dann rechts weg und hinein ins Land der Pfeffer-, Kaffee-, Bananen- und Maisplantagen und durch herrlich grüne Reisfelder, die jetzt alle unter Wasser stehen. Während es bei der Lake-Tour immer rauf und runter geht, ist die «Rice-Field-Tour» topfeben. Die lehmigen, vom vielen Regen durchnässten Pisten und Singletrails sind rutschig und es wartet die eine oder andere Wasserpartie. Für Abwechslung ist also auch in der Fläche gesorgt.

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Reisfeld-Impression: Schade habe ich nur das Handy dabei.

Okt.
10

Baustopp oder: Das ist Vietnam

Wenn du denkst, dass du denkst, es wird gearbeitet, aber es wird nicht gearbeitet, dann ist Baustopp.

Also sage ich aufgelöst an diesem Mittwoch zu Hiep: «Bestes Wetter, kein Monsunregen, aber niemand auf der Baustelle. Niemand arbeitet! Was ist los?»

Hiep lacht. «Das ist Vietnam.»

Sie legt eine Pause ein, um das, was nun folgt, zu betonen und schmunzelnd fügt sie an: «Heute wird nicht gearbeitet. Alle unsere Arbeiter sind auf einer Hochzeit eingeladen.»

Und ich? Ich hab mal wieder was gelernt: So geht Vietnam!

Cover: Im Vordergrund rechts ist die Terrasse erkennbar.

Okt.
03

Wie viele Ziegen finden auf einem Motorrad Platz?

Ich weiss, dieses Bild wird Tierschützer wohl empören, aber es gehört nun mal zu meiner neuen Heimat, wie vieles andere auch, das in der Schweiz schwer verständlich ankommt. Ich nenne an dieser Stelle mal den Abfall, das chaotische Verkehrssytem und und und...

Südostasien ist eine andere Welt, in der mir immer bewusster wird: Tierschutz muss man sich zuerst mal leisten können!

Einschub: In der Provinz Dak Lak, wo dieses Bild entstand, kostet eine Komplett-Rasur (Haare und Bart, etwas mehr als 20 Minuten Handarbeit) gerade mal gut 80 Rappen (20'000 VND), ein neues Motorrad etwa 90 Millionen VND.

Und nun die Frage: Wie viele Ziegen werden auf diesem Motorrad transportiert?

Sep.
30

«House by the Lake» oder: So hat halt jeder seinen Job

Manchmal frage ich mich, bin ich in einem Traum oder ist das Wirklichkeit? Seit dem Landkauf ist noch kaum richtig Zeit vergangen, schon liegt der Spatenstich hinter uns und die Bauarbeiten sind voll im Gang (im Cover: unser Baumeister bei der Ausmessung des Fundaments. Eine aktuelle Bilderstrecke zum Hausbau, die ersten beiden Tage, ist auf PicTapas publiziert.

Hausbau in Vietnam heisst: Da wird viel improvisiert und selbst gemacht: Die Nachbarn helfen; wo ein Messband fehlt hilft der Daumen; ein Plan ja, aber der wird direkt vor Ort live modifiziert; und ich als Bauherrn? Ich besorge den Znüni.

Wie das Haus am Ende herauskommen wird?

Ich weiss es nicht. Ich bin nun mal kein Baufachmann. Ich stehe da, schaue mir alles an, Entscheide anhand von Hieps Übersetzungen und bin dankbar, dass ich so etwas überhaupt erleben darf. Das Gefühl, es kann gar nichts schiefgehen und wenn dann, «Take it easy», versuche ich mir anzueignen. Es klappt immer besser.

Ein Beispiel: Gestern war Spatenstich mit Buddha-Segnung. Für die Vietnamesen ein wichtiges Ritual. Auch Tag und Zeit wurden durch buddhistische Regeln festgelegt. Dann hat Hiep ein Loch gegraben, es wurde gebetet, ein Stein versenkt und Früchte und Blumen dargebracht.

Danach ging es direkt zum Baumaterial-Lieferanten. Es galt Kies, Sand, Zement zu ordern und eine Anzahlung zu leisten. Diese Verhandlungen dauern jeweils nicht mehr sehr lange, da Hieps Bruder Vorverhandlungen geführt hatte und ich mich auf seine Empfehlung verlassen kann. Drei Stunden später war die erste Lastwagenladung Kies bereits angeliefert.

Heute nun kam der Baumeister mit seinen Mannen. Wir berieten über den Standort des Hauses, legten den Eckpunkt im Nordosten fest, und die Aussenmauern wurden mit Kreidesand auf dem Boden markiert. Dann das Missgeschick. Der gesegnete Stein lag ausserhalb des Hauses. Ich schlug vor, ausgraben und den Stein einen halben Meter verschieben. Doch das war keine gangbare Lösung. Also wurde das Haus um einen halben Meter verschoben.

Und dann musste ich feststellen: Grossbauer ist wohl doch nicht mein Ding!

Zum Baustart wollten Hiep und ich zwei Kokosnusspalmen pflanzen. Also Hacke geschnappt und los gings. Es dauerte nicht lange, mein Loch war noch keine 10 Zentimeter tief, da kam mein Nachbar und meinte, so würde das nie was. Er riss mir förmlich die Hacke aus der Hand und machte sich dann seinerseits daran, das Loch zu graben. In gleichen Masse wie das Loch grösser und tiefer wurde, wuchs mein Erstaunen. Mir schien das Loch über 250 Prozent zu gross. Er aber er stellte den Palmensetzling (in drei Jahren gibt es die ersten eigenen Kokosnüsse) hinein und wollte zuschütten. Doch da kam mein Veto: Stop für Foto! So hat eben jeder seinen Job.

Sep.
21

«Boller & Fredi»: Ein flotter Dreier

Soll ich oder soll ich nicht?  Diese Frage trieb mich die letzten Tage um. Nach einigem Nachdenken und noch mehr Büchsen Bia Saigon kam ich zum Schluss: Ich soll!

Also werde ich.

Und jetzt, da es Wirklichkeit wird, die Wirkung des Biers verklungen ist, erhebt sich drohend, wie der Zeigefinger des übermächtigen Lehrers, der Bammel, die Angst vor dem vormaligen Mut. Die Angst zu scheitern, keine Leser zu finden steigt in ungeahnte Höhen. Der Rückzieher droht und lullt mich ein, wie der süsslich lähmende Rosenduft eines billigen Parfüms. Bin ich damit schon gescheitert oder drin? Die Frage zieht sich hin, wird länger und länger wie ein Bazooka Kaugummi (wer kennt den noch?), den ich mit zwei Fingern aus meinem Mund ziehe. Aber der Rosenduft, der bleibt.

Damit bin ich drin. Drin im Leben, in der Story von «Boller & Fredi». Doch eigentlich bin ich schon längst drin in deren Dasein und sie in meinem. Aber bis jetzt war dies nur wenigen (gell Sue und B-Willi) bekannt. Es war privat, nichts Öffentliches.

Jetzt folgt die ultimative Homestory: Boller und Fredi sind meine Freunde. Wir leben seit Jahren zusammen - wie ein altes Ehepaar, aber in einem flotten Dreier.

Wer dies nun falsch verstanden haben möchte, liest besser nicht weiter. Es könnte eine Enttäuschung werden. Allen anderen stelle ich die Protagonisten gerne kurz vor.

Da ist Boller: Ein ehemaliger Steuerkommissar. Ihn packte nach 9/11 das grosse Verstehen. Er versteht alles. Ja. Wirklich alles! Daraus ergibt sich sein Problem: Er hat seither keine Meinung mehr und musste Frau und Kinder (eine idyllische Familie) verlassen.

Und dann ist da Fredi: Der schöne Schwule von vis-à-vis, der jedem Knackarsch hinterherrennt. Als Boller (der überhaupt keinen Knackarsch hat, aber sie waren Nachbarn) das grosse Verstehen packte, verstand Fredi dies zwar nicht und er tut dies bis heute nicht, aber seither sind sie - weil beide von der Gesellschaft missverstanden - Brüder im Geiste. Und Fredi liebt Rosenwasser.

Zu guter Letzt ist da der Schreiberling. Es ist ihm bis heute nicht klar, wer wen am Backen hat. Aber seit 9/11 sind die drei zusammen.

Eines gemeinsam haben die drei: das Übermass! Boller beim Verstehen, Fredi bei den Männern und beim Rosenwasser und der Schreiberling beim Bier.

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Im Cover: Boller & Fredi (ein Ausschnitt) aus dem Wandbild in Nha Trang von Kurt A. Fischli.

Sep.
20

Grundwasser oder: «No problem!»

«No problem» heisst es immer wieder, wenn ich Fragen zum Hausbau habe. «Kein Problem» erwiderten Hiep und ihr Bruder auch als ich fragte: «Und wie kommen wir auf diesem schönen Stück Land zu unserem Wasser?»

(Die mit dem Handy fotografierte Bilderfolge 'Drilling for water'  zu diesem Text ist zu finden auf pictapas.ch.)

Dann, eine Woche nachdem wir die offizielle Eigentumsüberschreibung vorliegen hatten, treffen wir morgens um halb sieben Hoang, den Wasserfachmann zum Frühstück - natürlich Suppe (Pho Bo). Anschliessend Tee trinken und viel Gerede. Rund hundert Meter tief werde er Bohren müssen, dann hätten wir frisches, klares Wasser.

Es folgen Verhandlungen über den Preis und noch mehr Tee. Wir einigen uns auf einen festgelegten Preis/Meter in die Tiefe, hinzu kommt das Material. Will heissen: Wassertank, Wasserleitung, Grundwasserpumpe und etwas Kleinmaterial. Alles «No Problem!»

Es wird telefoniert, immer wieder telefoniert, dann fahren wir in die nahegelegene Stadt und kaufen ein. Wieder folgen Verhandlungen über Preis und Lieferung und Tee trinken. Mittlerweile steht die Mittagszeit an. Es ist heiss und draussen vor dem Laden wartet ein Fahrer mit Motorrad, der das gesamte Material auf seinen Anhänger lädt.

Nach dem Mittagessen fahren wir zu unserem Stück Land, um die Position des Bohrlochs mit Hoang zu besprechen? Er ist noch nicht da. Wir warten im Schatten und geniessen die Stille am See.

Plötzlich unterbricht ein laut tuckerndes Motorengeräusch diese. Auf der schmalen Naturstrasse, die zu unserem Land führt, knattert ein martialisch anmutender Zweiachser auf uns zu. Ich denke mir, was will denn der in dieser Abgeschiedenheit? Dann sehe ich, es ist Hoang. Er hat das gesamte Material, einen Arbeiter und alles Nötige für die Bohrung bereits mit dabei.

'Handgelenk mal Pi' wird bestimmt, wo das Haus zu stehen kommt und dementsprechend wo gebohrt wird. Ein Metermass hat niemand dabei. Ich gebe mein OK und schon geht’s los. Der mobile Bohrturm wird aufgestellt, die Maschine platziert und ein kleiner See als Ausgleichsbecken geschaufelt.

Wasser und Elektrizität bekommen wir grosszügig von unserem neuen Nachbarn, der gut 200 Meter entfernt wohnt. Mittlerweile ist es ein bisschen so wie auf einer Baustelle in der Schweiz: Auf zwei Arbeitende kommen fünf Zuschauende.

Hoang und sein Mitarbeiter haben auch eine grosse Plane dabei. Damit decken sie den Anhänger des Zweiachsers ab. Dieser ist nun in den nächsten Tagen ihr Zuhause. Ich will ihnen noch eine Kiste Bier offerieren, aber sie winken ab. Unser neuer Nachbar hat sie für heute Abend eingeladen.

Am nächsten Morgen treffen wir um halb sieben auf der Baustelle ein. Wir haben Kaffee für uns, Hoang und seinen Mitarbeiter und Gaben für Buddha dabei, damit Hiep vor dem Baustart für gutes Gelingen bitten kann. Zum Kaffee-Plausch kommen noch mein Nachbar, seine Frau und zwei weitere Personen, die ich nicht kenne. Es wird geredet, der Kaffee geteilt. Anschliessend folgt eine schlichte Zeremonie.

Dann, um acht Uhr ist es soweit. Die Rauch der Räucherstäbchen ist verflogen, die Bohrmaschine knattert los und der Bohrkern beginnt sich zu drehen. Die Grundwasserbohrung am Ho Krong Buk Ha hat begonnen.

Für mich ein tief bewegender Moment, und in mir wächst die Erkenntnis: Ja. Es stimmt: «No problems», denn nur gerade 24 Stunden nachdem ich Hoang das erste Mal gesehen habe, setzt er seine Maschine in Gang.

Anmerkung: Der Titel des vorliegenden Textes hätte eigentlich «Wasser marsch» heissen sollen. Doch dies erinnert mich zu sehr an die vermaledeite Luftschutz-Rekrutenschule, die ich absolvieren musste. Und wer will schon einen derart hoffnungsfreudigen Moment mit negativen Erinnerungen (um es positiv zu sagen) zuschütten?

Im Cover: Blick von unserem Land auf den See.

(Die mit dem Handy fotografierte Bilderfolge 'Drilling for water'  zu diesem Text ist zu finden auf pictapas.ch.)

Sep.
15

Nomen est omen oder: ein Punkt für «arcel»

Vor ein paar Tagen wollte ich Geld von meinem Schweizer Bankkonto auf das Konto meiner vietnamesischen Bank überweisen. Mit E-Banking kein Problem. Bis dato funktionierte dies auch immer bestens.

Doch einen Tag nachdem ich die Überweisung ausgelöst hatte, rief mich eine nette Stimme aus der vietnamesischen Bank an und sagte: Sie könne das Geld, das auf mein Konto überwiesen worden sei, leider nicht gutschreiben.

Ich fragte erstaunt: «Wieso?»

Die nette Stimme: «Auf der Überweisung steht Peter M. Jenni. Einen Peter M. Jenni haben wir nicht als Kontoinhaber. Das genannte Konto ist auf Peter Marcel Jenni registriert, so wie es in ihrem Pass steht.»

«Ja klar», sagte ich. «Ich bin Peter Marcel Jenni. Peter M. steht für Peter Marcel. Wo, bitte schön, liegt das Problem?»

Die nette Stimme: «Einen Peter M. Jenni gibt es nicht bei uns. Ich kann das Geld ihrem Konto nicht gutschreiben.»

Ich leicht genervt: «Wieso?»

Die Stimme immer noch nett: «Habe ich Ihnen doch gerade erklärt. Peter M Punkt», wobei sie das Wort Punkt ziemlich stark betonte, «gibt es nicht.»

Ich versuchte ihr zu klar zu machen, dass der Punkt für «arcel» stehen würde und ich definitiv der Peter M. also Peter Marcel sei.

Doch die nette Stimme liess nicht locker. Sie könne das Geld nicht gutschreiben. Ich müsste vorbeikommen, dann würde sie mir das erklären.

Erklären? Nun verliess mich die ach so angestrebte Gelassenheit mal wieder. Ich genervt: «Ich komm vorbei!»

Am nächsten Tag auf der Bank.

Das Gespräch mit der netten Stimme verlief wie das Telefonat am Vortag. Sie lächelte und erklärte, dass ein Peter M. nicht ein Peter Marcel sei. Ich akzeptierte nicht. Es ging hin und her bis ich sagte: «Was wollen wir nun tun? Sie akzeptieren die Überweisung nicht. Also gehe ich jetzt nach Hause und mache die Überweisung per E-Banking ein zweites Mal auf den Namen Peter Marcel Jenni und sie stornieren die erste Überweisung. OK?»

Jetzt wurden ihre Augen gross und schauten mich erstaunt an. Doch schnell fand sie ihr Lächeln wieder und fragte: «Sie haben sich das Geld überwiesen?»

Ich: «Ja klar.»

Sie: «Dann spreche ich mit meinem Boss.»

Ziemlich schnell kam sie aus dem Büro von nebenan zurück und sagte, wie wenn nichts gewesen wäre: «Ist alles Ok. Wir können das Geld gutschreiben.»

Es folgte ein letztes Lächeln und sie entschwand.

Sep.
11

Es gibt Bilder, ...

Es gibt Motive, die hätte ich besser nie fotografiert (siehe Cover). Diese Bilder kleben dann nutzlos in meinem digitalen Archiv, belegen nur Speicherplatz, springen mich aber trotzdem immer wieder an. Etwas dazu sagen oder schreiben möchte oder kann ich nicht.

Eines dieser Bilder ist ein Selfie – oh ich mag und versteh diese Selfie-Manie überhaupt nicht. Doch ab und an kann es aus dokumentarischen Zwecken durchaus sinnvoll sein, ein Selfie zu schiessen – und deshalb wird es auch nicht gelöscht.

Kaum konnte ich nach der Krebsoperation einigermassen vernünftig aufstehen und mein Handy in den Händen halten, schoss ich eben dieses Selfie, das ich besser nie gemacht hätte. Ich sehe darauf sowas von Scheisse aus: krank, schwach, bleich, kurz: wie das Leiden Christi. Doch löschen kann ich’s auch nicht.

So schaut mich dieser marode Typ immer mal wieder doof an: Blauweisser Krankenhaus-Schlafanzug, von der Sorte, die den Arsch hinten sichtbar lassen, Schlauch in der Nase, Augen belämmert, Mund halb geöffnet - ganz so, als wäre er nicht ich.

Es gibt aber auch andere Bilder, die ich nie hätte machen sollen. Zumindest denke ich heute so. Nie ist ein starkes Wort und wer weiss, vielleicht fällt mir auch zum Coverbild einmal noch etwas Vernünftiges ein. Derzeit gehört es in die Galerie der Bilder, die nie hätten gemacht werden sollen. Denn was soll ich dazu schreiben. Ausser?

Und jetzt noch mal von vorne!

Sep.
11

E-Voting: Praktisch und simpel

Heute hatte ich die Abstimmungsunterlagen erhalten und damit das erste Mal die Möglichkeit, per E-Voting abzustimmen. Und ich muss sagen, es hat Spass gemacht. Das Prozedere war simpel, praktisch und es ging ganz fix. Bleibt zu hoffen, dass sich E-Voting weiter ausbreitet. Denn gerade für uns im Ausland Lebende ist die Abstimmung auf dem postalischen Weg manchmal ungewiss, da es zeitlich einfach nicht hinkommt.

 

Sep.
09

«Sie gehen mir sowas von auf den Sack!»

Ein Gespräch.

Ich blicke genervt auf mein Gegenüber und sage: «Sie begegnen mir immer wieder! Sie sind frech, unanständig und manchmal vorlaut! Sie treten da auf, wo sie nicht hingehören und tun so, also ob Sie dazugehören würden! Dabei sind Sie Aussenseiter, fehlerbehaftet, schlecht. Ja einfach nur schlecht! Sie machen keinen guten Eindruck!»

Pause.

Ich, schon ziemlich enerviert: «Egal was ich mache, Sie verstecken sich meisterhaft. Sie sind anrüchig, deftig, nicht salonfähig, anzüglich ……»

Pause, dann weiter: «…… doppeldeutig, frivol, fast schon pornografisch, schamlos und schmutzig, schockierend und verdorben! Was soll ich noch sagen?»

Wieder Pause. Immer noch ich, die Stimme nun bedrohlich: «Sie sind lasziv, obszön, dreckig, nicht stubenrein und können sogar schlüpfrig daherkommen. Sie sind zotig, ordinär, vulgär und Sie sind schweinisch! Sie gehen mir sowas von auf den Sack!»

Stille.

Dann - nach einer ellenlangen Pause - erwidert das Gegenüber eingeschüchtert, geknickt und leise: «Aber wir sind wichtig. Wichtig, weil wir die Entdecker stolz machen, uns gefunden zu haben.»

Ich: «Ich war noch nie stolz auf meine Druckfehler! Ich schäme mich für euch!»

Sep.
09

Nachdenklich oder: Land in Sicht, die Dritte

Warum wir von Nha Trang wegziehen? Es ist doch herrlich und lebenswert hier! Das Wetter, der Strand, das Meer, die netten Nachbarn, die vielen guten Essens- und Ausgehmöglichkeiten! Herz, was willst du mehr? Es ist die Entwicklung, die die Stadt durchmacht, die uns nicht zusagt, nachdenklich stimmt.

Ein paar Beispiele gefällig?

Beim Aussichtspunkt Hon Chong, einer kleinen Halbinsel, auf der sich ein Gigant in eine Fee verliebt haben soll, quetschen sich heute schon die Cars Rad an Rad, die Touristen stehen sich auf den Füssen rum und beklagen auf Tripadvisor, dass sie vor lauter Touris den Abdruck des Giganten gar nicht hätten sehen können. Aber was solls?

Es werden weiter Hotels gebaut und mit Billigreisegruppen aus China und Russland abgefüllt. Die Restaurants an der Strandpromenade überleben mit und in der Masse. Die anderen, die leicht abseits liegen, kämpfen mit steigenden Mieten. So hat uns die Inhaberin eines einfachen Speiselokals, wo wir gerne essen gehen, gesagt, sie müssten in einem Monat schliessen. Die Miete sei schon wieder erhöht worden, jetzt könnten sie nicht mehr bezahlen.

Dass das so abwegig nicht ist, demonstriert unsere Vermieterin. Als wir ihr sagten, wir würden den Vertrag Ende Januar nicht mehr verlängern, lachte sie und meinte: Sie hätte eh mit dem Mietpreis hochgehen müssen. Sie werde das Haus nun für zehn Millionen im Monat vermieten. Wir haben noch acht bezahlt. Das sind satte 25 Prozent Steigerung in einem Jahr! Und das ohne die geringste Investition in die Immobilie.

Auf meinen Biketouren ausserhalb Nha Trangs sehe ich jeweils die vielen riesig grossen Grundstücke, die zum Verkauf stehen und deren Überbauung derzeit anläuft (siehe Bild).

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Ab und an steht schon Mal ein neues, schmales Haus in dieser (noch) Wüste aus Dreck und Staub. Und schaut man die Überbauungspläne an, dann sehen diese vielfach gleich aus: 70 bis 80 Quadratmeter Fläche pro Grundstück. Dieses wird dann auf der gesamten Fläche überbaut; drei, vier Stockwerke hoch.

Ich weiss nicht, wer das Wachstum von Nha Trang plant. Aber was ich an Hotels und Häusern sehe, die sich im Bau befinden oder Grundstücken, die zum Verkauf und Überbauen ausgeschrieben sind, stimmt mich nachdenklich. Denn die Kapazität der Strassen in der City, die Strandpromenade und dergleichen, können nicht einfach vergrössert werden.

Wo soll dieser Verkehr zukünftig hin, wenn teilweise heute schon die Cars mit den an- und abreisenden Gästen die Strandpromenade fast komplett stilllegen. Saigon lässt grüssen.

Doch zurück zu den Grundstücken. Ich habe mich im Verlauf der letzten Wochen mit einigen Verkäufern getroffen, Grundstücke besichtigt und Preise erfragt. Der Preisvergleich ist frappant: In Nha Trang bezahle ich für 80 Quadratmeter, rund zwei Kilometer vom Meer entfernt, im Landesinnern, gleich viel wie in Dak Lak für 1500 Quadratmeter mit Seeanstoss.

Ok. In Dak Lak habe ich kein Meer. Aber ich habe auch kaum chinesische und russische Billig-Touri-Gruppen, die der Meinung sind, 40 Rappen für eine Flasche Saigon Bier sei zu teuer.

Doch es sind nicht die Billig-Touristen, die den Ausschlag gaben. Es ist das Ländliche, das Idyll, das mich in Dak Lak in seinen Bann gezogen hat.

Sollte der Eindruck entstanden sein, ich würde die Entwicklung Nha Trangs verurteilen, so wäre dieser völlig falsch. Ich bin, wäre der erste, der Land am Meer kaufen würde, wenn er Zukunft und Profit darin sehen würde. Ich habe auch derartige Parzellen angeschaut. Unter anderem eine idyllische in einer Bucht, aber eine halbe Stunde von jeglich vernünftiger Zivilisation entfernt. Der Preis? Ein Mehrfaches teurer als der Quadratmeter im Hinterland von Nha Trang.

Doch neben den derzeitigen Preis- und Entwicklungen von und in Nha Trang lastet auch der Klimawandel stark auf Vietnams Küstenregionen. Schon ganze Strände sind verschwunden. Was also erwartet die Besitzer von Strandgrundstücken? Ich weiss es nicht! Aber ich habe kein gutes Gefühl. Deshalb ziehen wir nach Dak Lak.

Im Cover: Zeigen, was man hat: Villa am Stadtrand von Nha Trang.

Sep.
07

Predigt in Saigon oder: Wachsam sein?

Kürzlich war ich drüben in der katholischen Kirche (siehe Cover).

Der Pfarrer kam geschwind in seiner schwarzen Soutane mit dem Kollar und wollte ein neues Mitglied in der Gemeinde begrüssen. Er war sehr nett, lächelte überfreundlich und schüttelte mir die Hand während er «Welcome» sagte. Es folgten viele Worte, die ich nicht verstand.

Als er endlich verstummte fragte ich ihn, ob er das nächste Mal bei der Predigt die Soundanlage nicht etwas lauter stellen könne. Dann würde er auch im gut 400 Kilometer entfernten Saigon gehört.

Leider verstand er kein Englisch und ich zog genickt und etwas deprimiert von dannen.

Nach der Kirche ging’s direkt ins Internet. Ich wollte googeln, was der Pfarrer mir hätte sagen können. Doch ich fand nichts, das passen könnte. Aber ich stiess auf «Wach sein».

Pfarrer Dr. Johannes Holdt, Schömberg (D) schreibt: «In den wenigen Sätzen des heutigen Evangeliums kommt ein Wort viermal vor: „wach“. „Bleibt wach!“, sagt der Herr und: „seid wachsam!“ So heisst es dreimal und dann dasselbe nochmals mit anderen Worten: „Lasst euch nicht schlafend antreffen!“ (Mk 13, 33.34.35.36.37).»

Wohl deshalb wecken mich die Katholiken jeden Sonntagmorgen um vier Uhr mit ihrem Gebimmel. Dass ich Atheist bin spielt in deren Wach-Geschichte keine Rolle.

Apropos wachsam: Etwas sarkastisch betrachtet sollten auch Verbrecher, von der Polizei Gesuchte und Terroristen «wachsam» sein.

Sep.
06

Als wäre eine Bombe explodiert

Kürzlich beim Frühsport: Nach der frühmorgendlichen Bike-Runde malträtiere ich meinen Bauch mit Sit-ups am Strand, da kommt die Sonne hoch. Es sieht aus, als wäre am Horizont eben eine Bombe explodiert.

Ich erschrecke. Schlagartig wird mir bewusst, wie nah Nord- und Südkorea doch sind, es sind nicht ganz dreieinhalbtausend Kilometer, und wie mir Trumps Kriegs- und Macht-Rednergehabe (um nicht das Wort Rhetorik zu benutzen, das mehrheitlich positiv belegt ist) auf den Sack geht.

Nach den Sit-ups - übrigens immer ein Muss! Aber wer Bier trinkt, der muss eben was tun, wenn er nicht allzu bierbauchig die Welt erkunden will – also nach den Sit-ups und nach ein paar Minuten der stillen Einkehr gehe ich Schwimmen.

Das Meer ist wohlig warm, herrlich ruhig, samtig weich. Negative Gedanken, Sorgen und Ängste paddeln einfach davon, entschwinden im weiten, blauen Nichts des Südchinesischen Meeres.

Und was bleibt, wenn ich aus dem Wasser steige? Es ist die Gewissheit, jeden Tag so zu geniessen als wäre es der letzte.

Sep.
05

Hui! Die Geister kommen

Heute gehen die Geister um. Wir sind im siebten Monat des Mondkalenders. Die Vietnamesen feiern das Geisterfest Tet Trung Nguyen.

Sie glauben, dass die Geister der Toten in dieser Zeit aus der Unterwelt aufsteigen, um im Reich der Lebenden nach dem Rechten zu sehen. Um die Geister der Toten gebührend zu empfangen, bereiten die Menschen für ihre Vorfahren rituelle Speisen vor, verbrennen Votivgeld (im Cover Hiep) und zünden Laternen an. Denn sind die Vorfahren nicht zufrieden, können sie der Familie Unglück bringen.

So hat Hiep auch bei uns ein Tisch voller leckerer Sachen (siehe unten) zubereitet. Jetzt können die Geister kommen und sich laben. Man beachte unten rechts: Für meinen verstorbenen Vater haben wir, damit er nicht nur Tee trinken muss, auch ein Glas Wein hingestellt.

Die Verehrung der Toten und die Erinnerung an die Vorfahren ist zentraler Bestandteil der vietnamesischen Kultur.

Und das Beste kommt zum Schluss. Was die Geister übrig lassen wird gegessen.

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Auch mein Buddha kriegte was Feines.

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Sep.
05

Land in Sicht, die Zweite oder: Fremde Kultur, grosse Irrtümer

Hinter mir liegt eine Zeit gefüllt mit Warten, Tee trinken, Unsicherheiten, Missverständnissen und Irrtümern. Mehr als einmal dachte ich, das war’s! Aber es ging weiter. Aus zwei Tagen wurden drei, dann vier, fünf und am Ende waren es sieben! Doch alles der Reihe nach.

Angefangen hat alles mit einem See, dem Ho Krong Buk Ha. Der sechsarmige Stausee in der Provinz Dak Lak umfasst eine Fläche 452 km², sichert die Wasserversorgung für 11'800 ha Anbaufläche und die Brauchwasserversorgung für 72'000 Personen und ist in der Regenzeit Teil des Hochwasserschutzes. Das Ufer ist noch kaum besiedelt.

Hieps Brüder betreiben auf dem See eine schwimmende Fischfarm (https://www.textartelier.ch/index.php/text-artelier-medienbuero/blog_werkstatt-2/entry/970-zum-t%C3%A9t-abschluss-4-tag-familienessen-auf-dem-see). Als ich zu Beginn dieses Jahres den See mit seiner urwüchsigen Landschaft das erste Mal sah, gab’s eigentlich nur einen Gedanken: Hier zu wohnen, an diesem Wasser, in dieser Natur, das muss fantastisch sein.

Dann, vor zwei Monaten, wie aus heiterem Himmel, bekamen wir die Nachricht, dass am See ein Haus mit Land zu kaufen sei. Also nichts wie hin: Gut dreieinhalb Stunden Fahrt, dann eine Motocross ähnliche Piste bis zum Ufer runter, anschliessend mit dem Boot zum Haus.

Doch die Liegenschaft kam für mich nicht infrage. Zu alt das Haus, zu viel Dreck drum rum. Wir hätten alles abreissen und neu aufbauen müssen. Dieser Aufwand schien mir zu gross. Doch nun war ein Gedanke geboren, der mich Tag und Nacht umgarnte: Wieso an diesem See nicht ein Stück Land kaufen und selber ein Haus bauen? Also fragte ich Hieps Bruder. Der lachte freudig und meinte, das sollte möglich sein.

Wieder Zuhause in Nha Trang wurden erste Pläne geschmiedet, Recherchen angestellt, Erkundigungen eingezogen und schon bald kam das Telefon, wir könnten Land, ganz in der Nähe des alten Hauses kaufen. Also wieder dreieinhalbstunden Fahrt, anschliessend Motocrosspiste und da lag es vor uns: Mir blieb die Spucke weg. Dumm nur, dass der Verkäufer des Landes gar nicht belegen konnte, dass das Land auch wirklich ihm gehört. Er hat keinen Grundbucheintrag. So konnten wir nicht kaufen und fuhren enttäuscht zurück.

Kurz darauf wieder ein Angebot. Also wieder dreieinhalb Stunden Fahrt, aber diesmal nur eine ganz kurze Motocrosspiste hin zum Land. Vor uns lagen 1500 Quadratmeter üppig bepflanztes Land mit Seeanstoss, bebaubar, mit Grundbucheintrag. Nach kurzer Überlegung und Rücksprachen mit Hieps Familie, die mich in dieser und anderen Angelegenheiten immer wieder berät, sagten wir zu.

Was nun begann war ein Marathon des Wartens und Redens. Die Verhandlungen mit dem Verkäufer führte Hieps Bruder. Als wir uns nach rund einem Tag endlich über den Preis einig waren, kamen die Vertrags und Übergabemodalitäten auf den Tisch. Immer wieder wurde Tee aufgetragen, die Verhandlung unterbrochen, weil einer der Verhandlungspartner den Raum verliess. Warum? Das konnte mir  so richtig niemand sagen. Ab und an wurde es laut, andere Männer kamen hinzu und mischten sich ein. Auch die Frauen, Hiep und die Mutter des Verkäufers liessen sich nicht lumpen und diskutierten und verhandelten eifrig mit. Ich dachte mehrfach: So wie die miteinander streiten wird das wohl nichts. Aber Hiep beschwichtigte mich immer wieder. Es gäbe keine Probleme. Nun ja, dachte ich. Fremde Kultur eben.

Am zweiten Tag schien alles klar. Anzahlung konnte geleistet werden. Doch als ich am dritten Tag millionenschwer von der Bank kam, winkte Hieps Bruder ab. Wir würden noch nicht bezahlen, zuerst müsse der Verkäufer eine Kopie des Grundbuchauszuges vorlegen. Also warten.

Doch bis am Abend, so wie versprochen, lag diese nicht vor. Ich wechselte das Hotel. Von der einfachen vietnamesischen Unterkunft (Khach San) machten wir einen upgrade, damit ich das Geld in einem Hoteltresor deponieren konnte.  Am nächsten Tag, Tag vier, wieder Warten. Zum Glück hatte das Hotel in Buon Ma Thuot einen Swimmingpool, so war die Warterei erträglicher als in einem dieser simplen vietnamesischen Hotels, die vielfach nicht wirklich sauber sind, nur fensterlose Zimmer haben oder morgens um 5 Uhr der Lautsprecher Frühgymnastikübungen ins Zimmer trällert.

Tag fünf. Warten. Hieps Familie lud zur Party auf der schwimmenden Fischfarm. Dann endlich. Tag sechs. Das Schriftstück liegt vor und so ging’s zum Notar. Dort war vor allem wieder Warten angesagt. Zuerst verspätete sich Hieps Bruder. Als dieser endlich kam war der Verkäufer verschwunden. Wir tranken Tee und warteten. Irgendwie fanden dann doch alle zusammen und die Notariatsangestellte referierte und gestikulierte, so dass ich mich fragte, kann das noch gut kommen?

Ich kam mir vor wie in einem Bauernschwank, bei dem die rundliche Notariatsangestellte den Männern die Leviten liest und zwar richtig. Hiep, die die schwere Aufgabe hatte, mir immer mal wieder zu übersetzen, lachte und meinte, wie auch schon bei den Verhandlungen zuvor: «Kein Problem. Da ist nichts, was uns beunruhigen sollte.»

Angesichts der Tonalität und der Gestik hatte ich aber einen anderen Eindruck. Irgendwo im Raum stand auch noch ein Mann in Uniform. Die ganze Situation machte mich irgendwie nervös. Dann stand der Verkäufer abrupt auf und telefonierte lauthals.

Hiep nutzte die Pause um mich aufzuklären. In Vietnam sei das Recht so, dass wenn ein Landbesitzer volljährige Söhne habe, diese dem Verkauf zustimmen müssten. Dies hätte die Notariatsangestellte dargelegt, jetzt telefoniere der Verkäufer mit seinem Sohn in Saigon. Bis dessen Einverständnis nicht schriftlich und notariell beglaubigt vorliege, sollen wir keine Anzahlung leisten.

Ich war erleichtert und musste einmal mehr feststellen, wie man sich in Gestik, Mimik und Tonfall irren kann, wenn man in einer fremden Kultur lebt.

Anschliessend wurde Geld und Vertrag im Notariat sicher verwahrt – so hoffte ich doch – und mit nur einer Quittung im Sack fuhren wir am Tag sieben wieder dreieinhalb Stunden nach Hause.

Mittlerweile ist alles geklärt und erledigt. Ende Januar 2017 sollte das neue Haus stehen und für unsere Freunde und Gäste planen wir einen kleinen Bungalow mit Bad, und Terrasse zum See hin.

Coverbild: Hiep begutachtet das Land. Im Hintergrund zu sehen: Die Fischfarm und die 2 Kilometer lange Staumauer.

Aug.
22

Schreiben gegen die Aufgeregtheit oder: Wenn der Teufel existiert …..!

Ach! Könnte ich doch nur auch so gelassen sein!

Ich versuche es immer wieder und im vietnamesischen Verkehr schaffe ich Gelassenheit mittlerweile zu sagen wir mal fast 100 Prozent. Aber wenn die Katholiken sonntagmorgens um vier loslegen, dann schwinden meine Gelassenheitsbemühungen, wie das Eis an der Sonne.

Dann muss ich schreiben. Meine Aufregung zu Papier bringen und das klingt dann so:

Wenn der Teufel existiert, was ich als Atheist bezweifle, also wenn der Teufel wirklich existiert, so kann er meines Erachtens nur Katholik sein.

Warum ich auf diese Schlussfolgerung komme?

Sicher nicht, weil die Katholiken den Teufel verteufeln.

Was ich sagen will: Wer anders als der Teufel terrorisiert ein ganzes Quartier morgens um 4 mit geschäppertem Kirchengeläut und billigen Ave-Maria-Gesängen? Alles ab Konserve. Und die lottrigen Grosslautsprecher überschlagen sich in ihrer Lautstärke, wie ein olympischer Bodenturner in seinen besten Jahren.

Das kann nur der Teufel sein! Derart rücksichtslos kann doch der Glaube nicht sein!

Klar, das Missionarische. Aber deswegen muss Katholik ja nicht laut sein.

Also für mich gilt:

  • Erstens: Wenn es einen Teufel gibt, dann ist er Katholik.
  • Und zweitens: Nur der gehende Katholik ist ein guter Katholik. Denn wenn die Katholiken wieder gehen, können wir schlafen.

Die Vietnamesen nehmen diese Störung mit einer Gelassenheit, die wohl in der buddhistischen Erziehung begründet liegt und seinesgleichen sucht.

Wenn ich meine Nachbarn darauf anspreche, zucken sie die Schultern, so als wollten sie sagen: «Ist halt so.»

Dieser Gleichmut geht mir ab, den will ich mir aneignen. Bis es soweit ist, schreibe ich gegen meine Aufgeregtheit an. Und das tut gut! Und stört niemanden beim Schlafen.

Coverbild: Aufgeregtes Gewölk über Nha Trang.

Aug.
17

Was ich vermisse? Ein Rücken!

Immer wieder werde ich gefragt, was ich denn nun als Schweizer in Vietnam vermisse.

Ich sitze dann jeweils da, schaue dumm aus der Wäsche und weiss nicht, was ich antworten soll.

Was vermisse ich denn?

Langes Studieren. Und nichts kommt mir in den Sinn.

Es gibt so viel, was ich in der Schweiz hatte, das ich hier nicht habe. Aber es fehlt nicht. Ich vermisse es nicht.

Ich stelle fest, wie nichtig all dies Materielle und Geordnete geworden ist.

Hier regiert das Lachen, das Chaos, das «Irgendwie geht’s dann schon». Zeit ist vorhanden und eine ganz spezielle Art des gegenseitigen Akzeptierens.

Klingt irgendwie verquer, ist aber so. Und immer noch, weiss ich nicht, was ich vermisse.

Doch dann, so gegen den Herbst hin, kommt es mir in den Sinn: Es ist ein Rücken. Der Rehrücken oder besser: Das alljährliche Wildessen mit Freunden.

Coverbild: Bewegung in der Natur. Draussen sein und und nicht alles so ernst nehmen. Gelassenheit. Viel mehr braucht es nicht!

Aug.
05

So was von peinlich: Total verschwitzt im Flugzeug

Es gibt Menschen, die schwitzen im Flugzeug. Vor Angst. Zu denen gehöre ich nicht. Ich fliege gerne. Trotzdem: Am 4. August sass ich bachnass, nein noch nässer auf dem Economy-Sitz 12D und flog von Saigon (Ho Chi Minh City) nach Nha Trang. Schuld war mein Gepäck. Irgendwie. Oder die Swiss.

Gepäckgeschichten habe ich nun wirklich schon genug erlebt. (siehe «Gepäck und Medikamente seit zwei Tagen verschwunden»)
Aber die nächste Gepäckmisere folgt sogleich. Dabei hatte alles so gut begonnen.

Mein Heimflug von Zürich nach Nha Trang konnte ich als Spätbucher günstig kriegen und so gab’s, wie sonst auch auf Langstrecken, Business-Class. Also einchecken mit Vorteilen.

«Herr Jenni. Wir schicken ihr Gepäck direkt nach Nha Trang. Sie brauchen sich um nichts zu kümmern und können den Koffer in Nha Trang abholen.»

«Sind sie sicher?», fragte ich erstaunt. Bis anhin musste ich, auch als Business-Passagier, mein Gepäck in Saigon selber über den Zoll schaffen und dann nochmals einchecken.

«Klar bin ich sicher. Schauen sie hier.» Sie zeigte mir den Gepäckschein. Darauf vermerkt (siehe Cover): Frankfurt, Saigon, Cam Ranh (das ist unser Flughafen, 40 Kilometer vor Nha Trang).

«Sehen sie. Endstation ist Cam Ranh. Dort können sie ihr Gepäck abholen.»

Klar. Das sah ich. Aber bis anhin war das nicht möglich. Also fragte ich nochmals: «Ist das neu?»

«Weiss ich nicht. Aber hier steht es.»

Schön, dachte ich mir. In Saigon ist es zu dieser Jahreszeit eh drückend heiss. Da bin ich doch dankbar, wenn ich das Gepäck nicht die rund 200 Meter in der glühenden Hitze vom internationalen zum nationalen Terminal schleppen muss.

Mit einem Lächeln gab sie mir die Bordkarten.

«Und das Gepäck kommt wirklich direkt nach Nha Trang?», fragte ich immer noch ungläubig.

Ihr Lächeln verzog sich zu einem genervten Grinsen. «Wenn ich’s doch sage!»

«Vielen Dank», sagte ich, lächelte dankbar zurück und verschwand.

In Saigon hatte ich gut sechs Stunden Aufenthalt. Als Business-Passagier nicht wirklich eine Tortur. Ab in die Lounge. Kaffee, Büffet, Bier und etwas schreiben. So lässt sich im gemütlich weichen Sessel die Zeit vertreiben.

Fast wäre ich kurz vor 14 Uhr eingeschlafen, eingenickt war ich schon, als der Aufruf kam, dass ich mich sofort zum Gate aufmachen sollte. Also nichts wie hin. Der Flug geht in 20 Minuten. Da muss ich mich beeilen. Auch für Business-Reisende wird das Gate 15 Minuten vor Abflug geschlossen.

«Hello Mr. Jenni. Please wait here!», sagte ein netter junger Mann, als ich die Kontrolle vor der Einstieg passieren wollte. Dann telefonierte er. Er telefonierte nochmals. Schaute mich an und telefonierte ein drittes Mal. «Ihr Gepäck steht im internationalen Terminal zum Abholen bereit.»

«Hä! Was? Wieso?» Nervosität stieg auf. Nicht schon wieder. Schnell kam ich mit meinem Englisch an den Anschlag und so blieben Kraftwörter aus.

«Wir dürfen ihr Gepäck nicht über den Zoll bringen. Sie müssen zurück zum internationalen Terminal und ihr Gepäck abholen.»

«Aber .... aber mein Flug? Der geht in …..», ich schaute auf's Handy, «…… in 15 Minuten. Das schaff ich nicht.»

«Wenn sie sich beeilen, kriegen sie den nächsten Flug, 20 Minuten später», sagte er ruhig und meinte dann, er würde mich sofort aus dem Sicherheitsbereich schleusen.»

Jetzt ging das Rennen los. Zurück zur Sicherheits- und Passkontrolle. Nach einigem Palaver liessen sie uns durch. Dann hinunter zu den Schaltern in der heillos überfüllten Abflughalle. Der junge Mann von Vietnam Airlines vorne weg, ich mit Handgepäck und in Badeschlatschen hinterher keuchend.

Wieder Palaver. Endlos quatschte er auf vietnamesisch mit einer Dame am Check-in. «Business gibt es auf diesem Flug nicht mehr. Aber Economy hätte ich och einen Sitz für sie. Ist das OK?»

Klar war das OK. Ich wollte nach fast 24 Stunden in Fluggeräten und Flughäfen einfach nur noch nach Hause. Zudem wartete ein Chauffeur, den ich telefonisch nicht erreichen konnte, am Airport in Nha Trang auf mich.

«Sie müssen sich aber beeilen, damit sie diesen Flug kriegen.»

Also spurte ich los. 30 Grad im Schatten oder etwas mehr. Vor Kurzem ging ein gewaltiger Regenschauer nieder. Luftfeuchtigkeit gefühlte 150 Prozent.

Ich war schon des Öftern im Flughafen Saigon. Kannte mich aus. Deshalb weiss ich auch: Der Inlandterminal ist fast immer überfüllt und die internationale Ankunftshalle, das Ziel meines ersten Sprints, immer verstopft mit auf Ankommende Wartenden.

Es wurden 200 Meter Spiessrutenlaufen im Freien. Mein Handtrolly flog hinter mir her. Slalom. Rennen um Koffer, Kinder und was sonst noch so kreucht und fleucht zwischen zwei Terminals. Dann die Frage: Wie komme ich in vernünftiger Geschwindigigkeit durch das Gedränge vor der Ankunftshalle? Nun, alles hat seine guten Seiten. Dank meiner letzten Gepäckmisere in Saigon kannte ich Weg und Prozedere.

In aller Ruhe notierte der Polizist meine Daten aus Pass und Gepäckschein, dann liess er mich passieren.

Grossen Koffer geschnappt, kurz eine Unterschrift gegeben und nichts wie hinaus in die Hitze. Es lagen noch 200 Sprintmeter vor mir. Bach nass war ich schon, aber nochmals volle Kanne und los. Der Sprint zurück mit zwei Koffern war noch gefährlicher als der erste. Doch glücklicherweise überrannte ich mit meinem Übergewicht (also beim Gepäck) keinen doof in der Welt herumguckenden Flugpassagier.

Zurück im Domestic-Terminal nochmals Gepäck einchecken, Pass- und Sicherheitskontrolle. Business sei Dank, hier gibt es Spezialzugänge, an langen Schlangen von Wartenden vorbei.

Das Gate für meinen Flug war schon geschlossen als ich schweissüberströmt ankam. Zum Glück erkannten mich die Mitarbeiter von Vietnam Airlines und liessen mich noch einsteigen.

Jeans und Hemd völlig nassgeschwitzt. Der Schweiss tropfte von Nase und Ohren. Bachnass. Nein. Noch nässer liess ich mich in den Sitz fallen und fragte mich, was mein Sitznachbar jetzt wohl denkt. Ein mitleidiger Blick war alles, was ich als Antwort auf mein nach Luft ringend, keuchend hingestammeltes «Hello» erhielt. Er wandte sich grusslos ab und rutschte etwas zur Seite. Dann ging’s nach Hause.